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Erstmals "Auszeit" für die Alleinerzieher

Ein Pilotprojekt der AK Vorarlberg und der Vorarlberger Gebietskrankenkasse (VGKK) ermöglicht allein erziehenden Elternteilen eine Auszeit von Beruf, Haushalt und Familie.

Die ganze Familie kann sich erholen, denn auch für die Kinder wird während dieser Zeit gesorgt.

Der verzweifelte Ruf „Hilfe, ich kann nicht mehr!“ soll damit nicht länger ungehört verhallen. AK-Präsident Hubert Hämmerle: „Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher sollen eine Woche wieder einmal ,durchatmen’ können.“ Die neue Aktion wird bereits im kommenden Sommer mit dem ersten Turnus gestartet, der zweite folgt im Herbst. „Bei entsprechendem Bedarf werden wir für 2008 dieses Angebot ausbauen“, verspricht Hämmerle.

Für ihn bedeutet die rasche Umsetzung dieses Projektes ein weiteres wichtiges Signal, Beruf und Familie besser vereinbaren zu können. Gerade für allein erziehende Frauen stellt es eine große Herausforderung dar, beides unter einen Hut zu bringen. Zahlen untermauern dies: Sie sind zu einem höheren Prozentsatz (+25 Prozent) ganztägig berufstätig als verheiratete bzw. in Lebensgemeinschaft lebende Frauen mit Kindern, da sie allein für die Sicherung des Familieneinkommens verantwortlich sind. Aus einer Studie der Uni Graz geht weiters hervor, dass etwa die Hälfte der Befragten angab, dass am Arbeitsplatz kaum oder gar nicht Rücksicht auf ihre Alleinerziehersituation genommen wird bzw. wurde. Nur elf Prozent erlebten eine solche Rücksichtnahme. Zurückführen kann man dieses Ergebnis auf die Tatsache, dass vielleicht nicht alle Arbeitgeber und Arbeitskollegen über die Familiensituation informiert sind.

„Jeder von uns kennt in seinem Umfeld einen Elternteil, der für sich und seine Kinder allein die Verantwortung trägt. Alleinerzieher – Frauen wie Männer – sind wahre Krisenmanager“, sagt AK-Präsident Hämmerle, „denn sie müssen im Alltag mit vielen Schwierigkeiten und Problemen zurechtkommen. Eigene Bedürfnisse und Freizeit kommen dann nicht selten zu kurz.“Dieses Ungleichgewicht will die AK Vorarlberg gemeinsam mit der VGKK zumindest ein wenig beheben. Die Leistungen der einwöchigen Erholungsaktion umfassen den Aufenthalt im Kurhotel Rossbad in Krumbach auf Basis Vollpension (Doppel- bzw. Einzelzimmer je nach Verfügbarkeit) und Anwendungen nach freier Wahl im Kneippkurhaus bis max. 100 Euro.

Gesundheitlicher Aspekt

Eine deutsche Untersuchung von allein Erziehenden und ihren Kindern im Rems-Murr-Kreis (Baden-Württemberg) bestätigt leider die Vermutung, dass allein Erziehende verstärkt unter gesundheitlichen Beschwerden leiden. Vor allem psychosomatische Symptome und negative Gefühle werden beschrieben. Andererseits gibt es bei den Befragten eine hohe Motivation, sich für die eigene Gesundheit einzusetzen. Gesundheitsfördernd wirken sich in erster Linie das Maßnahmenbündel Ruhe/Entspannung/ Urlaub/Erholung aus. Danach folgen Hobbys und körperlich aktive Betätigungen.

„Soziale Belastungen und insbesondere die oft auch schwierige finanzielle Situation können die Gesundheit negativ beeinflussen“, weiß VGKKObmann Manfred Brunner. Er hat die Idee zu diesem Projekt deshalb von Beginn an unterstützt: „Haushalt, Job und Kind – das ist eine mehrfache Herausforderung. Die Verringerung dieser spezifischen Belastungen kann einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der gesundheitlichen Lage allein erziehender Mütter und Väter leisten. Sie verfügen über ein unterschiedliches Maß an Ressourcen. Entsprechende gesundheitsfördernde Maßnahmen verringern zumindest im Ansatz lange und daher auch kostspielige Behandlungen.“ Die VGKK ist in Österreich ein Vorreiter prophylaktischer Maßnahmen. Nach der Unterstützung der AK-Aktion „Hilfe für die Helfenden“ sei es ein logischer Schritt gewesen, eine vergleichbare Erholungsmöglichkeit auch für Alleinerzieher zu fördern.

Kinder werden professionell betreut

Auch für Alleinerzieher, die sich während des Erholungsurlaubes keine Kinderbetreuung organisieren können, haben AK Vorarlberg und VGKK eine Lösung: Ein Turnus ist so konzipiert, dass die Kinder gleichzeitig vom Kinderdorf Vorarlberg professionell betreut werden. Der Nachwuchs ist dabei nicht nur in guten Händen, sondern genießt mit Gleichaltrigen ebenfalls eine Woche Ferien. Dr. Christoph Hackspiel, Leiter des Kinderdorfs Vorarlberg: „Wir waren von der Idee sofort begeistert und stellen uns gerne in den Dienst dieses Projekts!“

Der Erholungsaufenthalt im Kurhotel Rossbad in Krumbach ist bis auf einen geringen Selbstbehalt von 50 Euro kostenlos. Ein Turnus dauert eine Woche. Die Inanspruchnahme dieses neuen Angebots der AK Vorarlberg ist an bestimmte Kriterien geknüpft (siehe Factbox).

Factbox: Zahl der Ein-Eltern-Familien steigt

  • Waren 1971 (so weit reicht die Statistik zurück) noch 9,39 % aller Mütter allein erziehend, stieg der Anteil bis 2001 (Daten der letzten Volkszählung) auf 11,1 %
  • 13,1 % der Familien sind Ein-Eltern-Familien. Diese teilen sich auf 11,1 % Mütter und 2,0 % Väter als Alleinerzieher auf
  • 2005 gab es in Vorarlberg 13.100 Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher, 2030 werden es rund 20.000 sein

Factbox: Voraussetzungen für die Erholungsaktion der AK Vorarlberg

  • Sie sind seit mindestens einem Jahr allein erziehend
  • Sie leben mit zumindest einem Kind im Alter unter 16 Jahren im gemeinsamen Haushalt (ohne Partner) zusammen
  • Sie beziehen für dieses Kind/diese Kinder Familienbeihilfe
  • Sie sind im Ausmaß von mindestens 20 Stunden pro Woche berufstätig
  • Sie sind AK-Mitglied und bei der VGKK versichert
  • Ihr monatliches Einkommen übersteigt nicht 1200 Euro netto plus 200 Euro pro Kind. Dieser Richtwert beinhaltet das Erwerbseinkommen und Unterhaltszahlungen, nicht aber die Familienbeihilfe.
  • Sie sind bereit, einen Selbstkostenbeitrag von 50 Euro für Ihren Erholungsurlaub bzw. 25 Euro für den Erholungsurlaub pro Kind zu leisten.

    Information und Anmeldung

    AK Vorarlberg, Brunhilde Jenny, Tel. 05522/306-4216, E-Mail brunhilde. jenny@ak-vorarlberg.at Ein Prospekt der Erholungsaktion für Alleinerzieher/innen liegt in allen Geschäftsstellen der AK Vorarlberg und der VGKK auf.

Factbox: Lebenssituation von allein Erziehenden

  • schlechte Vereinbarkeit von Kindererziehung und Erwerbstätigkeit
  • unterdurchschnittliches Einkommen
  • hohes Armutsrisiko – oft auf Sozialhilfeleistungen angewiesen
  • materielle Randstellung grenzt die Familien aus vielen Lebensbereichen aus
  • Bezug von Sozialhilfe und unsere Berufsperspektiven als belastende Faktoren
  • allein Erziehende leiden häufig an Ängsten, Depressionen und dem Gefühl der ständigen Überforderung
  • Wohnsituation ist oft beengt – allein Erziehende sind im sozialen Wohnungsbau und in sozialen Brennpunkten überrepräsentiert
  • hohe Belastung durch physische und psychische Mehrfachbelastung – große Bedeutung des sozialen Umfeldes
  • Bewältigung der Situation funktioniert trotz erheblicher Belastungen im Lebensalltag oft erstaunlich gut

(Quelle: AK Vorarlberg)

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