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Ergebnisloser Corona-Gipfel Blamage für Anschober

Die NEOS hätten sich mehr Durchsetzungsvermögen von Anschober erhofft.
Die NEOS hätten sich mehr Durchsetzungsvermögen von Anschober erhofft. ©APA/HELMUT FOHRINGER
Die NEOS kritisieren die Tatenlosigkeit der Regierung nach dem Corona-Gipfel. Besonders der Gesundheitsminister habe sich blamiert, da er sich nicht gegen die "Landesfürsten" durchsetzen konnte.
Corona-Gipfel ohne Ergebnisse
Maßnahmen für Ostregion geplant

Der "Wiederauferstehung der alten Landesfürsten" seien Kanzler und Gesundheitsminister "relativ machtlos" gegenüber gestanden, meinte NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker in einer Pressekonferenz. Freilich tritt auch er gegen Verschärfungen ein und will stattdessen mehr Eintrittstests.

NEOS sehen Wiederauferstehung der "alten Landesfürsten"

Dass am Dienstagabend beim nächsten Gipfel, diesmal zwischen Gesundheitsministerium und Ost-Region mehr herauskommt, als am Vortag, glaubt Loacker nicht. Er wüsste nicht, wieso die Landeshauptleute ihre Position ändern sollten. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sieht Loacker ohnehin schon blamiert, habe er es doch trotz Weisungsrecht nicht geschafft, seine Pläne durchzusetzen.

Der NEOS-Gesundheitssprecher forderte die Regierung auf, mit der Bevölkerung auf Augenhöhe zu kommunizieren. Von Babyelefanten spreche man mit Dreijährigen. Es gehöre einfach auf "erwachsene Art" erklärt, dass Maßnahmen wie Abstandhalten und Testen Infektionen verhinderten.

Loacker für mehr Eintrittstests

Um die Bevölkerung zu motivieren, sollten die Testungen verstärkt als Eintrittskarten verwendet werden. Die Gültigkeit sollte den Testtag selbst und den darauf folgenden umfassen. Damit könnte man dann beispielsweise an Uni-Terminen oder Sportveranstaltungen teilnehmen. Ihm sei es lieber, wenn Menschen getestet mit Maske im Kino sitzen als ungetestet ohne Maske daheim Filmabende veranstalten.

"Unglaublicher Corona-Kuddelmuddel"

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl ortete in dem gestrigen Corona-Gipfel "einmal mehr einen Beweis dafür, dass die Bundesregierung unter völliger Plan- und Konzeptlosigkeit leidet". Seit Wochen seinen "entsprechende Lockerungsschritte angeteasert worden", passiert sei nichts. Übrig bleibe, ein "unglaublicher regionaler Corona-Kuddelmuddel", so Kickl: "Das, was nächste Woche gilt, kann übernächste Woche schon wieder nicht mehr gelten." Mit effektivem Corona-Management habe das jedenfalls "nichts zu tun".

Gestern habe man einen " innerösterreichischen Basar" erlebt, bei dem sich die Regierung gegenüber den Ländern nicht durchgesetzt habe, bemängelte Kickl. Das sei nicht der "Befreiungsschlag" gewesen, "den wir dringend bräuchten", sondern nichts anderes als die Fortsetzung der "Hinhaltetaktik".

Und wenn die Bundesregierung die Zahl der Intensivbetten als "entscheidende Steuerungsgröße" bezeichne, handle es sich dabei um eine "einzige Selbstanklage der Bundesregierung", so der freiheitliche Klubobmann. Die FPÖ habe bereits im Spätsommer den dringenden Appell gerichtet, die Kapazität der Intensivbetten zu erhöhen und eine "gesundheitspolitische Mobilmachung" gefordert. Passiert sei aber nichts. Wäre die Bundesregierung nicht so "sturköpfig" gewesen, hätten wir jetzt zusätzlichen Kapazitäten - und dies wäre günstiger als die wiederholten Lockdowns.

SPÖ-Chefin drängt auf "Trendumkehr"

SPÖ-Chefin Rendi-Wagner hält angesichts der steigenden Infektionszahlen und der "besorgniserregenden Lage" auf den Intensivstationen eine "Trendumkehr" für dringen notwendig. Die Regierung habe am Montag de facto kein Entscheidung getroffen. Im Krisenmanagement sei aber keine Entscheidung noch schlimmer als eine falsche. Für die SPÖ-Vorsitzende ist die Nicht-Entscheidung "Ausdruck von Plan- und Hilflosigkeit" sowie ein Zeichen des "Autoritätsverlustes" der Regierung. "Das Virus ist keine heiße Kartoffel, die man am Verhandlungstisch hin und her schieben kann."

Die Regierung habe das Ruder aus der Hand gegeben und hoffe "den Eisberg nicht zu rammen". Die Politik könne gemeinsam mit der Bevölkerung den Kampf gegen das Virus führen. Dazu brauche es aber Entschlossenheit, Mut und Ehrlichkeit, forderte Rendi-Wagner von der Regierung. Man dürfe sich nicht wundern, dass die Bevölkerung nicht mehr mitgehe, weil sie wisse nicht wohin. Die Regierung habe keinen Plan und kein Ziel.

Rücknahme der Öffnungsschritte empfohlen

Zentrale Aussage des gestrigen Gipfels war für Rendi-Wagner jene des Intensivmediziners Klaus Markstaller, wonach in zwei bis drei Wochen der kritische Punkt erreicht sei und eine Minderversorgung für alle Patienten drohe, wenn man nicht "jetzt" Maßnahmen setze. Eine vorausschauende Planung sei notwendig, weil es 14 Tage dauere, bis die Maßnahmen wirken.

Die Empfehlung der Medizinerin Rendi-Wagner wäre es, eine Rücknahme der Öffnungsschritte vom Februar zu überlegen. Auf die Frage, ob dies nur in der derzeit besonders betroffenen Ostregion geschehen solle, meinte sie, regionale Maßnahmen seien wichtig, effektiver wäre aber ein bundesweites Vorgehen. Zusätzlich hält die SPÖ-Vorsitzende noch mehr Testen, mehr Tempo beim Impfen und ein verbessertes Contact-Tracing für nötig. Zum Einwand, dass mehrere SPÖ-Politiker vor allem in den Ländern im Gegensatz zu ihr Öffnungsschritte befürworten sagte Rendi-Wagner: "Die Bundesregierung hat die zentrale Verantwortung." Eine Öffnung etwa der Schanigärten sei keine Frage des Wollens sondern was notwendig sei.

Kritik an Vertagung dringender Entscheidungen

Auch die Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker übt nach dem gestrigen Corona-Gipfel zwischen Bund und Ländern Kritik an der Vertagung "dringend notwendiger Entscheidungen". "Die Einbindung und Abstimmung des Bundes mit den Ländern sind sehr wichtig, dennoch dürfen sie nicht zur gegenseitigen Blockade verkommen", sagte Kraker am Dienstag zur APA. Derzeit tue man sich offensichtlich leichter, nicht zu entscheiden als eine klare Linie vorzugeben.

Die gesundheitspolitische Verantwortung trage der Gesundheitsminister, so die RH-Präsidentin. "Die Länder sind dazu aufgerufen, seine als notwendig erkannten Forderungen und Maßnahmen umzusetzen und nicht zu relativieren."

Die Menschen im Land würden klare Entscheidungsparameter und Sicherheit verlangen, betonte Kraker. "Ein politisches System, das im Krisenfall nicht in der Lage ist, sich rasch zu klaren Entscheidungen durchzuringen, lässt die Dinge treiben. Damit breitet sich die ohnehin schon vorhandene Unsicherheit noch weiter aus." Nach der Corona-Krise werde daher darüber zu reden sein, welche Lehren man daraus für die Zusammenarbeit im Staat ziehen müsse: "Ohne Tabus."

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(APA/Red)

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