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Neues Erbrecht: die wichtigsten Änderungen

Der Gang zum Notar ist nötig wenn es sich um eine Schenkung handelt.
Der Gang zum Notar ist nötig wenn es sich um eine Schenkung handelt. ©APA
Erben betrifft irgendwann fast jeden. Mit 1. Jänner 2017 treten die Änderungen des Erbrechts aufgrund der Erbrechtsreform in Kraft. Die wichtigsten Änderungen im Erbrecht kurz und übersichtlich zusammengefasst. Lebenspartner und pflegende Angehörige werden deutlich gestärkt.

1. Gesetzliches Erbrecht

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Erbunwürdigkeit

Erbunwürdigkeitsgründe sind allgemein besonders schwere Verfehlungen gegen den Verstorbenen und Angriffe gegen seinen letzten Willen. Dazu zählen auch strafbare Handlungen gegen nahe Angehörige.

Berücksichtigung von Pflegeleistungen – Pflegevermächtnis

Das Verlassenschaftsverfahren soll als Gelegenheit genützt werden können, Pflegeleistungen, die von nahen Angehörigen für den Verstorbenen erbracht wurden, zu berücksichtigen. Dem nahen Angehörigen soll ein Pflegevermächtnis zugesprochen werden. Davon betroffen sind nur Pflegeleistungen, die während der letzten drei Jahre vor dem Tod des Verstorbenen erbracht wurden. Die Pflegeleistungen müssen mindestens sechs Monate in nicht nur geringfügigem Ausmaß (im Schnitt mehr als 20 Stunden pro Monat) erbracht worden sein. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Pflege unentgeltlich durchgeführt wurde. Ansprüche die über die Pflegeleistung hinausgehen können, wie bisher auch, als „normaler“ Verlassenschaftsgläubiger und nicht als Vermächtnisnehmer geltend gemacht werden.

Erbrecht des Ehegatten und eingetragenen Partners

Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten und eingetragenen Partners wird gestärkt. Der Ehegatte oder der eingetragene Partner, soll neben den Großeltern und Geschwistern erben. Es entfällt der Pflichtteilsanspruch der Eltern.

Außerordentliches Erbrecht des Lebensgefährten

Für den Lebensgefährten besteht nun ein außerordentliches Erbrecht, noch vor dem außerordentlichen Erbrecht der Vermächtnisnehmer und der Aneignung durch den Bund (früher: Heimfall des Staates). Meist ist es unsicher ob der Verstorbene den Lebensgefährten, den er nicht letztwillig im Testament bedacht hat, vollkommen aus der Verlassenschaftsaufteilung ausschließen wollte. Auf jeden Fall wird der Lebensgefährte dann zum Zug kommen, wenn weder Ehegatte oder eingetragener Partner, noch Kinder vorhanden sind und daher die Verlassenschaft den Vermächtnisnehmern oder dem Staat zufallen würde. Voraussetzung für das Erbrecht ist die aufrechte Lebensgemeinschaft mit dem Verstorbenen zum Todeszeitpunkt. Die Lebensgemeinschaft muss zumindest die letzten drei Jahre vor dessen Tod bestanden haben.

Gesetzliches Vermächtnis des Lebensgefährten

Dem Lebensgefährten, ähnlich wie bisher dem Ehegatten oder dem eingetragenen Partner, steht ein gesetzliches, allerdings befristetes, Vermächtnis zu. Der Lebensgefährte erhält damit das Recht ein Jahr weiter in der gemeinsamen Wohnung zu leben und auch den Hausrat zu nutzen.

Scheidung und Erbrecht

Wenn die Ehe oder Lebensgemeinschaft aufgelöst wurde, gelten Testamente zu Gunsten des früheren Ehegatten, des eingetragenen Partners oder des Lebensgefährten als aufgehoben. Selbiges gilt bei Änderungen der Abstammung oder Adoption.

2. Testamentsrecht, Schenkungen

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Formen des Testaments und Zeugen

Zur Sicherstellung des rechtsgültigen Testaments werden Änderungen bei den Testamentsformen und bei der Befangenheit von Testamentszeugen vorgenommen. Eine letztwillige Verfügung gilt wie bisher auch ohne Beisein von Zeugen, wenn der Verstorbene diese eigenhändig geschrieben und unterschrieben hat. Bei einem “fremdhändig” geschriebenen Testament gelten jedoch strengere Formvorschriften. Es müssen drei gleichzeitig anwesende Zeugen vor Ort sein und der Erblasser muss den nicht selbst verfassten Text im Beisein dieser unterschreiben. Weiters muss er einen eigenhändig verfassten Zusatz zum Testament schreiben. Dieser kann beispielsweise lauten “Diese Urkunde enthält meinen letzten Willen.” Ort, Datum und die Identität der Zeugen müssen schriftlich festgehalten werden. Die Personen müssen volljährig sein.

Schenkung auf den Todesfall

“Die Schenkung auf den Todesfall” wird auch nach dem Tod des Verstorbenen, wie ein Vertrag unter Lebenden behandelt. Die Formerfordernisse sind wie bisher, ein notariell beglaubigter Vertrag mit einem Widerrufsverzicht. Der Geschenknehmer kann seine Forderung sofort geltend machen (nicht erst nach einem Jahr wie unter Umständen der Vermächtnisnehmer) und ist nicht verpflichtet anteilig beizutragen, falls die Verlassenschaft verschuldet ist.

3. Pflichtteilsrecht

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Berechtigten Personen auf den gesetzlichen Pflichtteil des Erbes

Durch die Reform sind nun nur noch die Nachkommen, der Ehegatte oder eingetragene Partner pflichtteilsberechtigt. Nicht mehr die Eltern oder andere Vorfahren (Großeltern, Urgroßeltern). Der Pflichtteil wird unabhängig vom Willen (also dem Testament) des Erblassers gewährt.

Deckung, Fälligkeit und Stundung des Pflichtteils

Ist es nicht möglich, den gesetzlichen Pflichtteil auszuzahlen oder zu decken, so steht dem Pflichtteilsberechtigten ein Geldpflichtteilsanspruch zu. Dessen Erfüllung kann er zwar nicht sofort mit dem Tod des Verstorbenen einfordern aber ein Jahr danach. Der Pflichtteil kann auf Anordnung des Verstorbenen oder auf Verlangen des belasteten Erben für die Dauer von fünf bis maximal zehn Jahren gestundet werden.

Gründe für Enterbung

Die Enterbungsgründe werden erweitert und damit das Bestimmungsrecht des letztwillig Verfügenden gestärkt. Es sind nun (mit zumindest einjähriger Freiheitsstrafe bedrohte) Straftaten gegen nahe Angehörige erfasst. Grobe Verletzungen der Pflichten aus dem Eltern-Kind-Verhältnis und das Zufügen schweren seelischen Leids stellen einen Enterbungsgrund dar. Der unzeitgemäße Enterbungsgrund der „beharrlichen Führung einer gegen die öffentliche Sittlichkeit anstößigen Lebensart“ entfällt durch die Erbrechtsreform.

Minderung des Pflichtteils

Die Möglichkeiten, den Pflichtteil zu mindern, werden ausgebaut. Bislang konnte der Pflichtteil auf die Hälfte reduziert werden, wenn kein Kontakt zwischen dem Erblasser und dem Pflichtteilsberechtigten bestanden hat. Nun genügt es fehlenden Kontakt zu haben, wie er in der Familie zwischen Angehörigen für gewöhnlich besteht. Dies muss jedoch über einen längeren Zeitraum (mindestens 20 Jahre) der Fall sein. (red)

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