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Bagdad: Häftlinge berichten von Misshandlungen

Nach ihrer Entlassung aus dem berüchtigten Abu-Ghraib-Gefängnis bei Bagdad haben Freigelassene schwere Vorwürfe gegen ihre US-Bewacher erhoben.

Folter und Misshandlungen seien keine Einzelfälle, sagten mehrere der 315 Entlassenen am Freitag vor Journalisten in Bagdad.

Der aus der Haft in Abu Gharib entlassene Iraker Abu Mustafa warf US-Soldaten vor, ihn fünf Stunden lang an den Händen aufgehängt zu haben. An einem anderen Tag habe ihn ein US-Soldat gefragt, ob er Moslem sei. Nachdem er dies bejahte, habe der Soldat mit einer Soldatin vor seinen Augen Geschlechtsverkehr gehabt.

Der Entlassene Mohammed Sadian berichtete, er habe mit ansehen müssen, wie Soldaten an der Zunge und den Genitalien seines Cousins Drähte befestigten. Eine unabhängige Bestätigung der Berichte lag zunächst nicht vor.

Der wegen der Misshandlung irakischer Gefangener vor einem Militärgericht angeklagte US-Soldat Javal Davis wies die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen zum Teil zurück. Er habe irakische Gefangene zwar ein wenig „geschubst“, sei jedoch nicht an den auf Fotos zu sehenden Demütigungen und Misshandlungen beteiligt gewesen, sagte der Obergefreite am Freitag dem US-Fernsehsender ABC. Das US-Militär in Bagdad kündigte unterdessen an, einen vierten Soldaten wegen der Foltervorwürfe vor ein Kriegsgericht zu bringen.

Der US-Botschafter in Deutschland, Daniel Coats, hat sich zwar entsetzt über die Misshandlung irakischer Gefangener geäußert, zugleich aber die Vorwürfe gegen die beteiligten US-Soldaten relativiert. „In Kriegssituationen werden bestimmte Methoden angewandt, um an Informationen zu gelangen, die möglicherweise andere Leben retten können“, sagte Coats der „Stuttgarter Zeitung“ (Samstagsausgabe) mit Blick auf harte Verhörpraktiken. Auch hätten die USA „immer weit weniger unangenehme Praktiken verwendet als die meisten anderen Länder“.

Die nun bekannt gewordenen Misshandlungen seien nicht repräsentativ für das Verhalten und die Normen der USA, betonte Coats aber weiter. „Wir sind über die jüngsten Vorgänge genauso enttäuscht und schockiert wie die Deutschen“, sagte der Botschafter. Die Geschehnisse würden gründlich untersucht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen. Vorwürfe, die USA stellten sich durch die Folter auf eine Stufe mit Terroristen, wies der Botschafter zurück.

Coats verteidigte auch grundsätzlich das Engagement der USA im Irak. Die Misshandlungen bedeuteten nicht, „dass alles, was Amerika im Irak unternommen hat, eine einzige Schande und nur ein Fehlschlag ist“, sagte der Botschafter. Coats erinnerte auch daran, dass US-Soldaten viele Menschen aus den Gefängnissen Saddam Husseins befreit hätten.

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