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„Einsätze im absoluten Grenzbereich“

©VN/Steurer
Die Crew der Flugpolizei Vorarlberg begibt sich in Extremsituationen, um Menschen aus Notlagen zu befreien.
Flugpolizei feiert Jubiläum

Von Martin Begle/WANN & WO

Heute wird in Hohenems das 50-jährige Bestehen der Vorarlberger Flugrettung gefeiert. WANN & WO traf Stützpunkt-Leiter und Libelle-Pilot Jürgen Albrecht am Flugplatz Hohenems und sprach mit ihm über die einprägsamsten Einsätze der vergangenen Jahre.

„Emotionen gehen hoch“

„Am besten in Erinnerung geblieben ist mir ein Einsatz, den wir vor rund zehn Jahren im Bereich des Rotschrofen in Lech hatten“, erzählt der erfahrene Pilot. „Am Nachmittag wurden wir wegen einer Lawine im Kleinwalsertal alarmiert, wo es aber keine Verschütteten gab. Wir flogen von dort aus Richtung Warth, als uns ein weiterer Notruf erreichte. Am Rotschrofen sei eine weitere Lawine abgegangen und habe vier Menschen unter sich begraben. In zwei Minuten waren wir am Einsatzort und brachten innerhalb von zehn Minuten eine große Suchmannschaft samt Lawinenhund auf den Berg. So wurden die Verschütteten rasch lokalisiert, obwohl sie nicht mit LVS (Lawinenverschüttetensuchgerät) ausgerüstet waren. Trotzdem kam leider jede Hilfe zu spät und alle vier konnten nur noch tot geborgen werden. Solche Situationen sind sehr belastend für alle Beteiligten. Die Emotionen gehen hoch, wenn, wie bei diesem Einsatz, auch noch Angehörige vor Ort sind“, erklärt Albrecht.

Wunder am Berg

Bei manchen erfolgreichen Rettungen könne hingegen fast schon von einem Wunder die Rede sein: „Vergangenen Winter haben wir eine Skitouristin, die zwei Meter tief verschüttet war, erst nach 40 Minuten gefunden. Wir dachten, hier kommt jede Hilfe zu spät, aber als ihr Kopf frei war, hat sie geatmet. Solche Erfolgserlebnisse sind sehr wichtig für die Flugretter, denn oft ist die emotionale Belastung sehr hoch“, sagt der Pilot.

„Eine andere Situation, an die ich mich noch gut erinnern kann, ist die Rettung von 13 Personen aus der Frutz. Wir haben zwei Erwachsene und elf Kinder aus einem engen Tal bergen können, nur ganz kurz bevor die Lage bei Wind und Regenwetter lebensgefährlich geworden wäre.“

Spektakuläre Manöver

Die Flugretter in Vorarlberg fliegen Einsätze im absoluten Grenzbereich. So sei es schon öfter vorgekommen, dass bei kritischem Wetter spektakuläre Manöver geflogen werden müssen, um Leben zu retten: „Bei einer Bergung im Gipfelbereich der Schesaplana gab es keine andere Möglichkeit, als mit nur einer Kufe aufzusetzen und die zwei Personen in Notlage halb schwebend, in wenigen Sekunden in den Helikopter zu ziehen, da keine Seilbergung möglich war. Über solche Situationen reden wir auch daheim mit unseren Angehörigen. Die Arbeitsbelastung ist nicht ohne, aber die Crew passt gut auf einander auf. Trotzdem bewegen wir uns immer auf der Grenze, Leben zu retten, aber dabei das eigene nicht in Gefahr zu bringen.“

Tragisches Unglück

An Jürgen Albrechts 32. Geburtstag geriet ein Pilotenkollege in eine Extremsituation: „Durch einen technischen Defekt blieb der Gashebel bei Vollgas stecken, während ein Flugretter unten angehängt war. Die einzige Möglichkeit einen Absturz zu vermeiden, war es, den Retter über dem Harder Binnenbecken auszuklinken – bei voller Geschwindigkeit von rund 170 km/h! Der Pilot schaffte es anschließend, in Hohenems notzulanden. Sein Kollege hat die Wucht des Aufpralls auf dem Wasser jedoch leider nicht überlebt“, erzählt Albrecht, den der Vorfall heute noch sichtlich mitnimmt.

Seit 50 Jahren trotzen die Helden der Flugrettung Vorarlberg Wind und Wetter, wenn andere in Not sind und setzen dabei auch regelmäßig ihre eigene Gesundheit aufs Spiel. Um dieses Jubiläum und die mutigen Menschen gebührend zu feiern, gibt es heute beim Flugtag in Hohenems eine große Sonderschau der Flugpolizei. Besucher erhalten so hautnah einen Einblick in deren tägliche Arbeit.

(WANN & WO)

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