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Eine verwelkte, braune Masse

Höchst - Werner Witzemann presst beide Hände fest an seine Latzhose und beißt sich fast auf die Zunge. "Ich darf ja gar nicht sagen, was in mir vorgeht."

Ein bisschen tut er es dann mitten in seinem zweieinhalb Hektar großen Gut doch. „Es ist ein Wahnsinn, was man mit uns macht. Ich bin so enttäuscht. Von jenen, die das einzig wirksame Mittel verhindert haben. Aber auch von den Politikern. Die haben das Problem nämlich nur hin und hergeschoben.“ Der aus Lauterach stammende Obstbauer, Landwirt in dritter Generation, reißt ein Büschel von einem seiner 6000 Bäume herunter. Eine verwelkte bräunliche Masse. „Ich schneid’ solche Büschel derzeit täglich. Ich weiß nicht, wann das aufhört.“ Betreten steht Dipl.Ing. Ulrich Höfert, Obstbauexperte bei der Vorarlberger Landwirtschaftskammer, daneben.

Viel investiert

Witzemann hat investiert und wollte noch mehr investieren. Teile seiner Obstbaukultur stehen unter einer Hagelschutzverbauung. „Hat mich 77.000 Euro gekostet.“ Der 47-Jährige wollte dazu noch ein Kühlhaus bauen. „Aber das lass ich derzeit. Ich weiß ja nicht, wie es weitergeht.“ Die letzten zwei Jahre fasste der Bauer Mut. Da kam der Feuerbrand vor allem wegen des Streptomycin nicht. Von jenen, die so gegen das Mittel wetterten, sei keiner jemals bei ihm gewesen und habe sich mit ihm unterhalten. „Das sind Fanatiker, die sich nicht um uns scheren“, schäumt der Lauteracher. Und auch wenn er noch einen anderen Job hat, so streitet er nicht ab, dass der Obstbau für ihn eine wichtige Erwerbsquelle ist. „Glauben Sie, ich hätte sonst so viel investiert?“

Freude Obstbau

Wenige Steinwürfe entfernt liegt das Gut von Werner Düringer. Bei ihm schaut die Situation noch schlimmer aus. Deprimiert stapft er durch zwei lange Baumzeilen „Jonathan“ hindurch. „Die kann ich vielleicht komplett roden. Überall ist es braun.“ Auch Düringer ist wütend auf die Strepto-Gegner. „Die können doch nicht einfach gescheit von Alternativ-Mitteln reden und keine haben.“ Der heute 71-jährige Düringer erwarb seine ein Hektar große Kultur vor 25 Jahren. Den Ertrag von durchschnittlich 25 Tonnen Äpfeln verkauft er an eine Handelskette. „Meine Freude“ sei der Obstbau für ihn aber vor allem immer gewesen. Nach mehreren Jahren Feuerbrand wirkt er entnervt. „Es stellt sich nicht mehr die Frage, ob ich aufhören will oder nicht. Wenn sie uns das einzige hilfreiche Mittel nicht genehmigen, dann muss ich aufhören.“

Hefe für die Katz

Ulrich Höfert berichtet von den Produzenten des Hefepräparates, die am Vormittag den Befall am Gut Düringers begutachteten. „Sie waren fassungslos, als sie sahen, wie wenig ihr Produkt gewirkt hat. Viermal wurde es an mehreren Bäumen aufgetragen. Alle sind sie dennoch kaputt.“ Am Zaun lehnen sieben große Plastiksäcke. Voll mit befallenen Ästen. „Zusammengeschnitten in den letzten vier Stunden“, vermerkt Düringer lakonisch. Ulrich Höfert macht ihm Mut. „Wir versuchen alles. Vieles müssen wir herausschneiden. Aber vielleicht können wir wenigstens die meisten Bäume retten.“ Vielleicht . . .


STICHWORT Feuerbrand

Feuerbrand ist eine hochinfektiöse Bakterienerkrankung, die hauptsächlich bestimmte Arten aus der Familie der Rosengewächse bedroht (Apfel, Birne, Quitte, Cotoneaster, Feuerdorn, Weißdorn u. a.). Das Bakterium dringt in der Regel über die Blüte in die Pflanze ein und verbreitet sich dort schnell. Das betroffene Pflanzengewebe stirbt ab. Dabei färbt es sich dunkelbraun bis schwarz, woher der Name Feuerbrand kommt. Näheres unter www.feuerbrand.ch.

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