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"Eine derartige Verdichtung hatten wir lange nicht"

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Gerold Riedmann spricht mit Johannes Rauch.
Gerold Riedmann spricht mit Johannes Rauch. ©VOL.AT
Vor allem die kleinen Pensionen könnten stärker als um 5,8 Prozent steigen, lässt Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) bei Vorarlberg LIVE durchblicken. Antiquierte Projekte wie die S18 gehörten abgesagt. Beim Klimaschutzgesetz müsse die ÖVP ihre Blockade aufgeben.

Sie kommen gerade aus Verhandlungen mit Seniorenvertretern zur Pensionsanpassung an die Teuerung. Was können Sie davon berichten?

Es ist unbestritten, dass die Teuerung bei kleineren Pensionen, bei Mindestpensionen besonders zuschlägt. Das ist auch der Grund, warum die Bundesregierung jetzt schon Maßnahmen auf den Weg gebracht hat. Der gesetzliche Anpassungsfaktor von 5,8 Prozent, der jetzt einmal ausgerechnet wurde, ist die die Verhandlungsbasis, bei der wir einsteigen. Es gibt ein Einvernehmen darüber, dass jedenfalls Mindestpensionisten, die besonders von der Teuerung betroffen sind, sicher so abgegolten werden, dass sie gut über die Runden kommen. Weitere Gespräche sind geplant. Zielsetzung ist, im September die Erhöhung zu fixieren.

Kommt eine Erhöhung des Pensionsantrittsalters wieder ins Spiel?

Aktuell nicht. Ich bin dagegen, jetzt eine Pensionsantrittsalterdiskussion zu führen.

Im Herbst geht es um viele Fragen: Bleiben die Wohnungen kalt? Gibt es genug Energie für die Unternehmen? Wie geht es mit dem Wohlstand weiter? Was erwarten Sie sich?

Eine derartige Verdichtung von wirklich schwierigen Situationen hatten wir lange nicht: Krieg in der Ukraine, Teuerung, Frage der Energieversorgung und Preisgestaltung, Mietpreise, die durch die Decke gehen und die Klimakrise. Da den Überblick zu bewahren und zu tun, was notwendig ist, ist eine ordentliche Herausforderung. Mir ist ein besonderes Anliegen, dass der soziale Zusammenhalt nicht verloren geht. Der Sozialstaat ist eine Garantie dafür, dass unsere Gesellschaft funktioniert.

Wie viele Sorgen bereitet Ihnen eine drohende Corona-Herbstwelle?

Wir sind derzeit stabil bis leicht sinkend unterwegs. Natürlich gehen wir davon aus, dass wir im Herbst steigende Zahlen haben, aber wenn es bei der Omikron-Variante bleibt, gehe ich auch davon aus, dass es mit den Maßnahmen, die wir haben, beherrschbar ist. Dass die Maskenpflicht möglicherweise in Innenräumen und öffentlichen Verkehrsmitteln zurückkommt, habe ich nicht ausgeschlossen. Das hängt davon ab, wie sich die Lage entwickelt.

Sind Lockdowns überholt?

Wenn die Lage so bleibt wie sie ist, ist ein Lockdown wenig wahrscheinlich. Aber man sollte nichts ausschließen, weil wir nicht wissen, ob nicht eine vollkommen andere Virusvariante auftaucht.

Vorarlberg hatte bei dem Hochwasserereignis vergangene Woche extremes Glück. Wie ist Ihr Blick auf die Katastrophe?

Mich hat die Situation nachdenklich gemacht. Es ist vielleicht ein bisschen unbotmäßig, sich von Wien aus einzumischen, aber da spreche ich auch als Vater, Großvater und Bürger dieses Landes. Es ist an der Zeit, dass wir als Regierende begreifen, was es geschlagen hat. Das heißt auch, Projekte in Frage zu stellen oder Geld umzuwidmen. Es kann nicht sein, dass man an antiquierten Vorhaben wie der S18 oder dem Stadttunnel festhält. Das Geld wäre deutlich besser in Klimaschutzmaßnahmen angelegt, etwa in der Sanierung von Schutzwäldern oder im Ausbau der Wasserkraft und Photovoltaik. Der Stadttunnel kostet mindestens 300 Millionen Euro. Das ist in etwa die Größenordnung eines Pumpspeicherkraftwerks der Illwerke Vkw. Das Kraftwerk bringt einen Nutzen für die Zukunft. Der Stadttunnel ist vergrabenes, verlochtes Geld.

Einen Richtungswechsel wird es in Vorarlberg nur mit Landeshauptmann geben. Hoffen Sie also auf die Rückkehr von Markus Wallner?

Ich hoffe auf eine gute Besserung und wünsche dem Landeshauptmann alles Gute. Meiner Wahrnehmung nach ist die Landesregierung stabil. Es gibt ein Regierungsprogramm, das wird abgearbeitet. Da sind Ziele zum Klimaschutz klar verankert. Im Bund wird’s drauf ankommen, ob wir endlich ein Klimaschutzgesetz auf die Reihe bekommen. Das liegt nicht an den Grünen, sondern an der ÖVP. Und dass diejenigen, die jahrzehntelang blockiert haben, ihre Blockadehaltung aufgeben.

Innenminister Karner hat diese Woche für Kritik gesorgt. Wie sehen Sie seine jüngsten Aussagen?

Man kann nicht ankündigen, einfach weitere Entscheidungen zu treffen, wenn sie vom Höchstgericht (Anm.: zur Abschiebung der zwölfjährigen Tina) aufgehoben wurden. Gleichzeitig werden wir in den nächsten Jahren massiv Zuwanderung brauchen, weil wir in Österreich einen eklatanten Arbeitskräftemangel haben. Das heißt nicht unkontrolliert, nicht Tür und Tor öffnen. Es braucht Spielregeln. Uns abzuschotten, bringt uns aber nicht weiter.

Die ganze Sendung zum Nachsehen:

(VN/VOL.AT)

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