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Ein Fels unter Beobachtung

Der Breitenberg unter Beobachtung
Der Breitenberg unter Beobachtung ©Stadt Dornbirn
Breiterberg in Dornbirn ist ruhig – seit 10 Jahren wird gemessen.

Der gelbe Felspfeiler beim Breitenberg in Dornbirn steht nun schon seit zehn Jahren unter Dauerbeobachtung. Neben einem Auffangbecken, das im Falle eines Felssturzes die Gesteinsmassen auffangen soll, wurden zahlreiche Messeinrichtungen angebracht, mit welchen die Bewegungen des Felsens kontrolliert werden. Das Fazit nach nun zehn Jahren des Beobachtens ist eindeutig: der Felspfeiler steht derzeit fest und sicher und es besteht keine akute Absturzgefahr. Dies zeigt auch ein aktueller Bericht, der kürzlich im Rathaus vorgestellt wurde.

Viel wurde in den vergangenen Jahren über einen möglichen Felssturz im Bereichen Wallenmahd in Dornbirn diskutiert und geschrieben. Anlass ist ein Felspfeiler in der Wand des Breitenberges, der sich von der dahinter liegenden Felswand gelöst hatte. Sich teilweise widersprechende Geologen zeichneten verschiedene Szenarien auf. Es wurde sogar über eine Sprengung des Felspfeilers nachgedacht. Detaillierte Untersuchungen haben schließlich ergeben, dass die Felswand stabil steht ist und ein Absturz nicht akut zu erwarten ist.

Um völlig sicher zu gehen, wurde am Bergfuß von der Wildbach- und Lawinenverbauung ein großes Auffangbecken errichtet, das sowohl die Gesteinsmassen als auch die frei werdende Energie großteils auffangen soll. Der Felspfeiler wurde zudem unter Dauerbeobachtung gestellt. Ein ausgeklügeltes Messsystem wurde zur Kontrolle der Bewegungen sowie als mögliches Frühwarnsystem eingerichtet und liefert nun schon seit 10 Jahren Daten. Eine aktuelle Auswertung ergibt das folgende Bild:

• Die Messdaten, zusammen mit den Kontrollbegehungen am Breitenberg, belegen die derzeit völlige Stabilität des Großkluftkörpers der Gelben Wand. Sowohl beim Vergleich im Gelände, als auch beim Detailvergleich der aufgenommenen Fotos, ergeben sich keinerlei grundsätzliche Änderungen an der Kluft- und Schichtfugensituation.
• Keiner der Einzelteile der Messanlage hat irgendein Anzeichen für eine bedeutsame Änderung der Stabilitätssituation bzw. von Spannungsumlagerungen oder bedeutungsvoller Klufterweiterungen registriert. Der in der Langzeitbetrachtung unverkennbare Änderungstrend einzelner Fissuro¬meter und –messtrecken ist jedoch Anlass, nach der nächsten oder übernächsten Mess¬periode eine Detailanalyse dieser Bewegungen in Bezug auf die Gesamtwand durchzu¬führen.
• Die registrierten, im Jahresgang kompensierten Messstreckenänderungen und Vorspannungs-änderungen sind dem Jahres- und Temperaturgang zuordenbar und liegen unter 5 % der Aus-gangsdaten.
• Der Zustand des Pfeilers der Gelben Wand am Breitenberg ist für den gesamten Zeitraum der Messungen als unverändert stabil zu beurteilen.
• Durch die wiederum besonderen Witterungsbedingungen des Winters 2010/2011 mit minimalen Schneefällen aber lang andauernder ausgeprägter Kälte hat die Kluftgefüge-auflockerung durch Frostsprengen wie in ganz Vorarlberg so auch an der Gelben Wand des Breitenberges wiederum überproportional zugenommen. Im Gegensatz zur Vorberichts¬periode hat diese Auflockerung im gegenständlichen Bereich jedoch nicht zum Absturz größerer Kluftkörper bzw Wandscheiben geführt.

Die mehrjährigen Messdaten und die Geländebeobachtungen erlauben den Schluss, dass ein Absturz größerer Felsmassen im Bereich des Gelben Felsens nicht ohne eine mindestens einige Wochen, wahrscheinlich aber mehrere Monate betragende Vorwarnphase mit Registrierung von Messstrecken und Vorspannungsänderungen an der Messeinrichtung erfolgen wird. Durch diese Vorwarnzeit besteht die Möglichkeit einer Trendanalyse und zweckentsprechender verstärkter Kontroll- bzw. Räum- und Schutzmaßnahmen.

Bis zum Eintritt geotechnisch relevanter Stabilitätsuntersuchungen bleibt eine permanente Datenauf-zeichnung und Abrufbereitschaft werktags während der Normalarbeitszeit und eine monatliche Aus-lesung und Bewertung sowie die jährliche Anlagen- und Geländekontrolle mit Beurteilung aufrecht. Im Bedarfsfall kann auf eine permanente 24-stündige Abrufbereitschaft und kurzfristige Datenablesung und Bewertung umgestellt werden.

Kosten

Die Baukosten für Errichtung des Schutzdammes und der Einbau des Kontrollsystems samt aller Warneinrichtungen und Nebenkosten betrugen ca. € 850.000,00. Dazu hatte die Stadt Dornbirn einen Interessentenanteil von 31 % bzw. rund € 275.000,00 beigetragen. Die laufenden Kosten für die derzeitige geotechnische Betreuung und Berichterstattung sowie die messtechnische Wartung und Instandhaltung der Messeinrichtungen betragen ca. € 17.500,00 pro Jahr und sind von der Stadt Dornbirn zur Gänze zu tragen.

Zur Geologie
Die Nordwand und der Fuß des Breitenberges wurden vom Rheintalgletscher erodiert und versteilt. Es ist anzunehmen, dass seit dem Abschmelzen des Gletschers schon mehrere unterschiedlich große Felsstürze stattgefunden haben. Das meiste Sturzmaterial häufte sich am Hangfuß und teils auf dem Boden des damaligen Bodensees an. Das Gesamtvolumen früherer Felsstürze dürfte bei ca. 1.000.000 m³ liegen. Grobes Blockwerk von den historischen Großfelsstürzen, die sich in den Jahren 1654 und 1760 ereignet haben, ist am Hangfuß in die Sedimente des verlandeten Rheintales eingeschlagen und größtenteils versunken. Anhand von geophysikalischen Untersuchungen, Ramm-sondierungen, Kernbohrungen und Tiefbaumaßnahmen konnte aber auch festgestellt werden, dass Blöcke bis in eine Entfernung von über 600 m vom Hangfuß weggeschleudert wurden. In der Rheintalebene sind heute noch Druckwellen historischer Felsstürze zu beobachten, die auf Grundbrucherscheinungen zurückzuführen sind.

Die „Gelbe Wand“ bildet die östliche Begrenzung des absturzgefährdeten Felskörpers, der aus Schrattenkalk besteht, reicht bis in eine Seehöhe von etwa 1.080 m und liegt somit durchschnittlich rund 600 m über dem Talboden. Dieser Felskörper ist rückseitig von einer offenen Spalte vom Breitenberg getrennt. Der sogenannte „Satz“ ist eine mit Grobschutt bedeckte Basisfläche der Ausbruchsnische historischer Großfelsstürze. Unter diesem „Satz“ stehen Drusbergmergel an. Die hangauswärts fallenden Schichtflächen der Mergel bilden die Gleitfläche der historischen Felsstürze. Die Drusbergschichten ziehen auch unter dem absturzgefährdeten Felskörper durch und biegen im Fußbereich der Gelben Wand in eine horizontale Lagerung um. Westlich vom „Satz“ fallen die Schichten allgemein bergwärts ein. Dadurch ist die Nordwand relativ stabil.

Das Gesamtvolumen der möglichen Sturzmasse wird mit etwa 200.000 m³ angeschätzt. Der absturz-gefährdete Felskörper wird an der Ostseite durch die Gelbe Wand und an der Westseite von einer Nische begrenzt. Die oberen Kalksteinformationen mit einer Gesamtmächtigkeit von über 100 m sind in Folge der Verklüftung und Verkarstung gut wasserdurchlässig. Sie sind untergelagert von einer Drusbergformation aus gering durchlässigen Mergelschichten.

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