Clemens Hagen ist erst seit Anfang dieser Woche wieder in Vorarlberg. Wann er mit seiner Familie nach Japan zurückkehrt, ist nicht sicher. Der Rückflug ist für 2. April gebucht. Aber solange wir nicht wissen, was überhaupt passiert, möchte ich nichts riskieren. Es könnte auch länger werden, sagt er. Dabei wollten sie auf halber Strecke schon fast umkehren. Als wir in Seoul zwischengelandet sind, hörten wir gute Nachrichten: Die Reaktoren können wieder gekühlt werden. Als wir in Vorarlberg ankamen, sah die Lage schon wieder ganz anders aus, ist er froh über den Entschluss, auszureisen.
Haus eingeschifft
Hagen besuchte in den 90er- Jahren erst einen Bekannten, später fand der Orthopädieschuhtechniker einen Job in Tokio. Mittlerweile ist er dort sesshaft geworden: Er ist selbstständig, mit einer Japanerin verheiratet, hat drei Kinder und lebt in Nagano. Erst wollte er ein altes japanisches Haus renovieren, wurde allerdings nicht fündig. Wir haben ein Dutzend angesehen, auch in Fukushima, erzählt er. Schlussendlich hat er sich dazu entschieden, selbst ein Haus zu bauen. Weil er in Japan nicht die gewünschten Energiestandards fand, ließ er sich ein Haus aus der Heimat einschiffen. In Holzbauweise, aus Fertigelementen, von einem Feldkircher Unternehmen.
Ein Niedrigenergiehaus steht nun seit einigen Jahren auf dem Grundstück der Hagens. Gut isoliert, mit Doppelglasfenstern, was in Japan keine Selbstverständlichkeit ist. Geheizt wird mit Solarstrom. Wir können sogar mehr ins Netz einspeisen, als wir verbrauchen, erzählt er nicht ohne Stolz. Wieso er das gemacht hat? Ich wollte einfach ein energieeffizientes Haus. Weil ich gesehen habe, wieviel Potential man mit verhältnismäßig wenig Aufwand erreichen kann.
Andere sind extremer
Ob er als Ausländer mit seiner Einstellung in Japan noch exotischer wirkt? Es ist nicht so, dass ich der einzige bin. Da gibt es auch in meinem Freundeskreis Japaner, die viel extremer sind, erzählt er. Aber insgesamt setze man zu wenig auf alternative Energien. Die ganze Energie wird importiert. Öl, Gas, Uran. Es ist mir unverständlich, wieso es bis jetzt keine andere Politik gibt, schüttelt er den Kopf. Denn die Sonnenenergie ließe sich viel besser nutzen. Ob sich in Japan jetzt etwas ändert? Wirklich optimistisch ist er da nicht. Aber dass das Thema in den Köpfen der Menschen eine größere Rolle spielt, merkt er auch in seiner direkten Umgebung. Mein Nachbar hat 40 Jahre lang als Elektriker in einem Atomkraftwerk gearbeitet. Letzte Woche hat er mich um Rat gefragt. Er würde gerne eine Solaranlage auf sein Dach bauen. (VN)
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