Gerhard Mayer-Vorfelder hat gerne polarisiert. “Ich bin fast täglich im Schützengraben gestanden, um mich herum sind die Giftpfeile geschwirrt”, sagte der Machtmensch und Multifunktionär einmal über seine tagtäglichen Kämpfe.
Reizfigur mit ausgeprägtem Machtinstinkt
Egal ob als Präsident des Bundesligisten VfB Stuttgart und des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) oder als CDU-Minister im Ländle – Mayer-Vorfelder kannte sich mit extremem Gegenwind aus. Und der Jongleur der Macht verstand es blendend, sich jahrelang in den diversen Spitzenpositionen zu halten. Taktisches Gespür, glänzende Vernetzung, immenses Stehvermögen – das waren nur drei Zutaten, die der knallharte und auch kompromisslose Konservative einsetzte.
“Ich war immer der, der ich war – mit allen guten und weniger guten Seiten”, beschrieb der Mann mit dem knackigen Markenkürzel “MV” sich selbst. “Ich bin ein Stück stolz darauf, dass ich mich in all den Jahren nicht habe verbiegen lassen.”
Aufsteigerwillen zeigte er schon früh. Mayer-Vorfelder wurde am 3. März 1933 in Mannheim geboren. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Freiburg und Heidelberg verschlug es den Badener beruflich nach Württemberg, zunächst 1959 als Regierungsrat nach Nürtingen. Nach seinem Wechsel ins Innenministerium startete der ehrgeizige Jurist als persönlicher Referent des damaligen Ressortchefs und späteren Ministerpräsidenten Hans Filbinger seine politische Laufbahn.
“Geschäfte in Gutsherrenmanier”
Mehrere Spitzenpositionen folgten. Nicht selten musste sich “MV” mit dem Vorwurf auseinandersetzen, seine Geschäfte nach Gutsherrenart zu führen. 1975 putschte sich der frühere Mittelläufer des SV Waldshut an die Spitze des VfB Stuttgart – und blieb ein Vierteljahrhundert ein schillernder und bisweilen auch selbstverliebter Boss.
“Ohne ihn würde es den Verein gar nicht mehr geben”, sagte der ehemalige VfB-Trainer Jürgen Sundermann einmal über den Workaholic, der sich in den vergangenen Jahren jedoch merklich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte.
Bei seinem Abgang vom VfB 2000 hinterließ Mayer-Vorfelder einen Schuldenberg in Millionenhöhe. “Man konnte bei allen Ämtern, die er ausgefüllt hat, immer spüren, dass sein Herz für den VfB schlägt”, bescheinigte ihm der aktuelle DFB-Chef Wolfgang Niersbach. “MV” sei ein Mann von Welt gewesen, der “immer Stuttgarter geblieben ist”.
Und ein Genussmensch. Ein feines Essen, ein edler Tropfen – dem Gaumenkitzel war der langjährige DFB-Boss nie abgeneigt. “Von ‘MV’ kann man einiges lernen”, erzählte Bundestrainer Joachim Löw dem “kicker” einmal. “Er hat alles aus Überzeugung getan und konsequent danach gehandelt.” Mayer-Vorfelder war für Löw eine entscheidende Person, schließlich verschaffte der Mannheimer dem Freiburger beim VfB 1996 den ersten Posten als Chefcoach – die spätere Entlassung war inklusive.
Sein “Lebensziel” hatte der Vater von vier Kindern nach eigenen Angaben mit der Ausrichtung der WM 2006 im eigenen Land erreicht. Das Spiel um Platz drei gewann die DFB-Auswahl damals gegen Portugal ausgerechnet in Stuttgart. “Das war das Highlight in meinem Leben”, erinnerte sich “MV” an dieses deutsche WM-Sommermärchen. (red/Martin Moravec, dpa)
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