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Echo Klassik Sonderpreis für musikalisches Sozialprojekt aus Salzburg

Das musikalisch-pädagogische Projekt "ReSonanz & AkzepTanz" ist am 18. Oktober in Dresden mit dem Echo Klassik Sonderpreis der Jury für "Nachwuchsförderung im Bereich der Klassik" ausgezeichnet worden.
“ReSonanz & AkzepTanz” ist eine Kooperation zwischen der Philharmonie Essen, der Herbart-Grundschule Essen und Klaus Feßmann von der Universität Mozarteum Salzburg. Die Deutsche Phono-Akademie vergab diese Auszeichnung zum ersten Mal für ein Spiel- und Lernprojekt zur Förderung von Integration und Toleranz von Kindern mit Migrations-Hintergrund. “ReSonanz & AkzepTanz” läuft seit Schulbeginn auch an einer Halleiner Volksschule.

“Ich habe dieses Projekt entwickelt für eine Volksschule in Katernberg nahe einer stillgelegten Zeche in Essen”, erläuterte Feßmann, Kompositionslehrer am Orff-Institut in Salzburg, im APA-Gespräch. “In dieser Schule sprechen bis zu 90 Prozent der Kinder nicht richtig Deutsch, kommen ohne Frühstück in die Schule, sind dennoch überwiegend übergewichtig, können nicht einmal rückwärts laufen und sind derart oft gewalttätig, dass die Polizei einen Bogen macht um die Schule und sich immer mehr Eltern weigern, ihre Kinder überhaupt hinzuschicken”, so Feßmann, der von Michael Kaufmann, dem Gründer und Manager der Philharmonie Essen, für dieses musikalische Sozialprojekt im Ruhrpott engagiert wurde.

Seit 2005 arbeiten Studenten des Orff-Institutes aus Salzburg in Essen zweimal zwei Stunden pro Woche mit den Problemkindern. Jetzt habe eine Studie der Schulleitung bestätigt, dass die Sprachfähigkeiten der Kinder um 40 Prozent und die Rechen-Leistungen um 30 Prozent gestiegen sind, “nur weil wir Dinge gemacht haben wie das Einmaleins mit musikalischem Rhythmus zu pauken”, sagte Feßmann. “Außerdem reichen jetzt zwei Lehrer für die Nachmittagsbetreuung. Vor dieser Projektarbeit sich sechs Betreuer mit den Kindern kaum fertig geworden.”

Die didaktische Idee besteht darin, alle emotionalen Regungen der Kinder, egal ob gewalttätig, aggressiv, ängstlich, eingeschüchtert, lethargisch oder einfach desinteressiert, im Kollektiv an rhythmische Bewegung zu koppeln. Daraus werden gemeinsam Stücke erarbeitet, die – um den Ehrgeiz zu entfachen – auch aufgeführt werden. “Wenn es gelingt, die Energie eines Faustschlages in einen wiederholbaren Rhythmus zu gliedern, dann geht der Feind verloren und der Gegenüber wird musikalisch notwendigerweise zum Partner. Oder man baut eine Melodie mit dem Namen des Gegners. Wenn diese Melodie dann in einem Rapp gemeinsam gesungen wird, dann löst sich der Hass auf”, argumentiert der Komponist und Projektleiter, der in dieser Form von Musik mehr Arbeitsplätze für die Musiker der Zukunft sieht als im Konzertsaal.

“ReSonanz & AkzepTanz” ist bereits mit mehreren deutschen Kunst- und Sozialpreisen (darunter: Preis für Demokratie und Toleranz des deutschen Justizministeriums, Preis der Jeunesse Musical Deutschland) ausgezeichnet worden. “Anfragen vieler anderer Schulen mit ähnlichen Problemen könnten aus organisatorischen Gründen kaum befriedigt werden”, sagte Feßmann. Auch das Land Baden-Württemberg verhandle mit dem “ReSonanz”-Team, um dieses Musikförderungsmodell flächendeckend einzuführen.”

Studenten und Lehrer des Orff-Institutes “versorgen” seit Schulbeginn auch eine vierte Klasse in der Volksschule in Hallein bei Salzburg. Dort ist zwar das Gewaltproblem nicht so virulent wie in Essen. Aber die Sprachprobleme der “Multikulti-Klassen” behindern den Lernerfolg nicht weniger. Auch in Hallen sollen lebenstaugliche Verhaltensmuster mit Musik gefördert und schulische Inhalte quasi als Nebeneffekt deutlich effizienter vermittelt werden.

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