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Dutzende Tote bei israelischer Bodenoffensive im Gazastreifen

Anzahl der Todesopfer auf 25.
Anzahl der Todesopfer auf 25. ©EPA
Nach andauerndem Beschuss aus dem Gazastreifen und einer vereitelten Kommandoaktion der radikal-islamischen Hamas hat Israel eine Bodenoffensive im Gazastreifen gestartet. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu drohte, den Einsatz in dem palästinensischen Gebiet am Mittelmeer erheblich auszuweiten. Seit Beginn der Offensive am späten Donnerstagabend starben mindestens 25 Menschen.

Ministerpräsident Netanyahu drohte am Freitagvormittag mit einer erheblichen Ausweitung der Offensive. “Wir haben die israelischen Streitkräfte angewiesen, sich auf die Möglichkeit einer ernsthaften Ausweitung der Bodenaktivitäten einzustellen”, sagte Netanyahu vor einer Sitzung des Sicherheitskabinetts. Rund 70.000 Soldaten standen bereit.

“Wir setzen auf sehr viel Feuerkraft”

Die Armee vermeldete am Freitagnachmittag erste Ergebnisse der Bodenoffensive. Es seien in der Nacht etwa hundert und seit Tagesanbruch weitere 50 zuvor definierte Ziele angegriffen worden. Zu diesen 50 zählten 21 verborgene Raketenwerfer, eine Waffenfabrik und vier Tunnel, teilte die Armee per Kurzmitteilungsdienst SMS mit. In der Früh hatte sie gemeldet, in der Nacht seien bereits 20 Raketenwerfer zerstört und neun Tunnel angegriffen worden.

In der Nacht auf Freitag wurde der Gazastreifen immer wieder von Lichtblitzen erleuchtet. Die israelischen Einheiten feuerten vom Mittelmeer aus Leuchtspurmunition ab, Hubschrauber schossen über die Grenze hinweg in das dicht besiedelte Gebiet, in dem 1,8 Millionen Menschen leben. Neben Panzern, Artillerie und Infanterie-Einheiten wurde der Küstenstreifen auch erneut von Schiffen der Marine unter Beschuss genommen. “Wir setzen auf sehr viel Feuerkraft und Artillerie”, sagte ein Armeesprecher.

Auch Tunnel im Visier

Neben der Zerstörung der Raketen der Hamas “und anderer terroristischer Gruppen im Gazastreifen” habe die Armee den Auftrag, “die Terrortunnel zu zerstören, die aus dem Gazastreifen nach Israel gegraben wurden”, erklärte Netanyahu weiter. Damit bezog sich der Regierungschef auf einen in der Nacht zum Donnerstag vereitelten Anschlag von 13 schwerbewaffneten Angreifern auf den nahe dem Gazastreifen gelegenen Kibbuz Sufa.

Durch einige der mehreren Hundert Tunnel sollen zudem Waffen und Munition aus Ägypten in den Gazastreifen geschmuggelt werden. Die palästinensischen Kämpfer suchen in dem Tunnelsystem Schutz vor israelischen Luftangriffen. Die gesamte Führung der Hamas versteckt sich nach israelischen Informationen seit Beginn der Offensive am 8. Juli in unterirdischen Betonbunkern.

Türkei will Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats

Es ist die vierte Bodenoffensive seit Juni und November 2006 sowie Jänner 2009. Seit Beginn des Bodeneinsatzes am späten Donnerstagabend starben mindestens 25 Menschen, darunter erstmals in dem Konflikt auch ein israelischer Soldat. Mindestens 200 Menschen wurden verletzt. Unter den Opfern sind auch Kinder. Zuvor waren während elftägiger Luftgefechte bereits mehr als 260 Palästinenser getötet und weitere 2.000 verletzt worden. Auch ein israelischer Zivilist kam ums Leben.

Die Türkei forderte unterdessen eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats. Er habe dazu mit UN-Generalsekretär Ban Ki-moon gesprochen, teilte der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu auf Twitter mit. In einem weiteren Telefonat mit US-Außenminister John Kerry habe er die türkische Forderung nach einem “sofortigen Ende der israelischen Angriffe” bekräftigt. Zudem rief die Türkei zu einem Dringlichkeitstreffen des UN-Menschenrechtsrats und der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) auf, teilte Davutoglu weiter mit.

Am Nachmittag wurde Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas in Istanbul erwartet. Er wollte dort mit Staatspräsident Abdullah Gül und Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan zusammenkommen. Abbas äußerte sich zutiefst besorgt über die Entwicklung. Die Bodenoffensive werde die Bemühungen um eine Waffenruhe weiter erschweren, sagte er.

EU verurteilt Tötung von Kindern

Israel zog unterdessen wegen Ausschreitungen vor seinen diplomatischen Vertretungen in der Türkei Botschaftspersonal ab. Die Vertretungen würden nur noch mit dem absolut notwendigen Personal besetzt, erklärte das israelische Außenministerium am Freitag. Demonstranten hatten gegen die israelische Bodenoffensive im Gazastreifen protestiert und das Konsulat in Istanbul und die Botschaft in Ankara mit Steinen angegriffen.

Die EU verurteilte unterdessen die Tötung von vier palästinensischen Kindern an einem Strand des Gazastreifens durch das israelische Militär. “Wir sind der Ansicht, solche Vorfälle sind inakzeptabel und müssen untersucht werden”, sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton am Freitag in Brüssel.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel zeigte sich besorgt über die neue Dimension der Bewaffnung der Hamas. Gleichzeitig betonte sie, Israel habe ein Recht auf Selbstverteidigung. “Das muss natürlich angemessen durchgeführt werden”, sagte Merkel in Berlin. Deutschland stehe in dieser Frage an der Seite Israels.

(APA)

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