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"Druck auf Opfer ist enorm"

Schwarzach - Immer mehr Opfer wenden sich wegen beharrlichen Psychoterrors aus verschmähter Liebe an die Behörden und Opferschutzorganisationen.  | Opferschutz

Seit der Einführung des sogenannten Anti-Stalking-Gesetzes im Juli vergangenen Jahres wurden österreichweit bereits 138 einstweilige Verfügungen gegen die Täter ausgesprochen, so die jetzt veröffentlichte Bilanz des Justizministeriums.

“Das Bewusstsein der Opfer, sich gegen den Psychoterror zu Wehr zu setzen steigt. Heuer haben wir in drei Monaten bereits sieben Fälle betreut, im letzten Halbjahr 2006 waren es insgesamt acht”, schildert Elisabeth Kiesenebner Bauer, Leiterin der IfS-Interventionsstelle in Feldkirch. “Manche Opfer verlieren wegen des psychischen Drucks sogar ihre Arbeit, haben Panikattacken und schwere Depressionen”, beschreibt Kiesenebner Bauer das Schicksal von Stalking-Opfern. Die Palette der Belästigungen reiche von 50 Anrufen am Tag bis zum Auflauern vor der Haustür und angedrohten Übergriffen auf das Leben des Opfers.

Vor Einführung des neuen Gesetzes klaffte eine rechtliche Lücke. Weder Polizei noch IfS konnten den Opfern von Stalkern weiterhelfen. “Wir mussten diese Menschen leider oft wegschicken”. Jetzt haben die unter dem Psychoterror leidenden Personen eine rechtliche Handhabe, können zum Beispiel eine einstweilige Verfügung gegen den Stalker erwirken.

Justizministerin Maria Berger kündigte an, das Anti-Stalking-Gesetz auf Verbesserungsmöglichkeiten überprüfen zu lassen. Opferbetreuungen wie das IfS Vorarlberg wünschen sich zum Beispiel eine bessere Vernetzung von Polizei, Gericht und Betreuern und eine schnellere Bearbeitung der Fälle bei Gericht.

Weißer Ring hilft

Zwischen einer 29-Jährigen Bregenzerin und ihrem Ex-Ehemann eskaliert ein Streit. Die Polizei weist den Mann aus der Wohnung. Schon mehrmals in den letzten Jahren wurde der Mann wegen Körperverletzung an seiner Noch-Ehefrau angezeigt. Wenige Tage später gelangt er mit Hilfe seines Schlüssels in die Wohnung zurück. Die Bregenzerin ist nicht zu Hause. Er nutzt die Gelegenheit, zerstört den Fernseher und dreht die Herdplatten auf die höchste Stufe. Als die 29-Jährige nach Hause kommt, kann sie gerade noch schlimmeres verhindern. Sie hat Angst. Die Kriminalitätsopferhilfe “Weißer Ring” hilft. Um der verängstigten Frau Sicherheit zu bieten, wurde ihr ein neues Türschloss im Wert von 197,82 Euro bezahlt.

“Unser Vorteil ist, dass wir sehr flexibel sind”, so der Leiter des Weißen Ring Vorarlbergs, Gerhard Salzinger. Gerichtsurteile, Gutachten oder ähnliches muss von der Organisation nicht abgewartet werden, bevor geholfen werden kann. “Jeder Fall wird individuell behandelt”, so Salzinger. In einem ersten Gespräch wird die Situation des Verbrechensopfers geklärt. “Es werden keine Schritte eingeleitet, die das Opfer nicht möchte”, so der Kriminalbeamte. Der Weiße Ring berät über staatliche Unterstützung, vermittelt psychologische Betreuung und begleitet die Betroffenen zu Gerichtsterminen. Ist eine finanzielle Unterstützung seitens der Organisation von Nöten, legt der Landesleiter den Fall einer Kommission vor. Stimmen mindestens fünf Vertreter aus den verschiedenen Bundesländern dafür, kann der Betroffene schnell und unbürokratisch unterstützt werden.

So auch im Fall einer 63-Jährigen Vorarlbergerin. Die Frau zeigte ihren Mann wegen gefährlicher Drohung an. Das Verfahren wurde jedoch von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Auf staatliche Hilfe hat die Frau keinen Anspruch. Doch die Angstzustände bleiben. Auch in diesem Fall konnte der Weiße Ring helfen. “Wir haben den Teil der Therapiekosten, der nicht von der Krankenkasse übernommen wurden beglichen”, so Salzinger.

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