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Droht Österreich jetzt Verdoppelung des EU-Beitrages?

Österreich kündigt Widerstand an.
Österreich kündigt Widerstand an. ©AP
Der aktuelle Vorschlag der EU-Kommission für das EU-Budget ist für den österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) noch inakzeptabel. Laut Medienberichten könnte Österreichs Beitrag verdoppelt werden.

Positiv sei der Schwerpunkt für den Außengrenzschutz, erklärte er am Mittwoch gegenüber Journalisten. Darauf soll sich auch der EU-Gipfel am 20. September konzentrieren, kündigte Kurz an. Er rechnet insgesamt mit “harten und langen” Verhandlungen.

Man habe den Vorschlag aus Brüssel sehr genau geprüft und dieser sei von einer “für uns akzeptablen Lösung noch weit weg”, stellte der Bundeskanzler fest. Positiv werte Österreich den Schwerpunkt auf den Außengrenzschutz sowie die Bereiche Innovation und Digitalisierung: “Das sind Schritte in die richtige Richtung.” Die EU werde aber durch den Austritt Großbritanniens kleiner: “Man muss das zum Anlass nehmen, um auch bei den Strukturen schlanker zu werden.”

“Stellen uns auf harte und lange Verhandlungen ein”

Jetzt liege einmal ein Vorschlag auf dem Tisch und dieser werde ausführlich verhandelt: “Wir stellen uns auf harte und lange Verhandlungen ein.” Österreich sei dabei mit den anderen Nettozahler-Ländern wie den Niederlanden und Dänemark gut abgestimmt: “Es kann nicht zu einseitigen Mehrbelastungen der Nettozahler kommen.” Der Ausfall aufgrund des Brexits könne nicht allein von ihnen aufgefangen werden.

Kurz kritisierte, dass der derzeitige Vorschlag eine starke Belastung für die Nettozahler vorsieht, weshalb Österreich den Vorschlag in der jetzigen Form auch ablehnt. Der Brexit soll viel eher zum Anlass genommen werden, um sparsamer und effizienter zu werden. So soll man etwa hinterfragen, wo bis jetzt viel Geld hingeflossen ist, wo man sparsamer sein kann und welche neuen Schwerpunkte gesetzt werden, verwies Kurz etwa auf den Außengrenzschutz.

“Wollen keine Kürzungen für Österreichs Bauern”

Auf die Frage, ob bei den Agrarausgaben gespart werden soll, betonte Kurz: “Wir wollen keine Kürzungen für die österreichischen Bauern.” Es brauche eine neue Schwerpunktsetzung: “Qualität muss vor Quantität stehen.” So brauche es keine Förderung von industrialisierten Landwirtschaftsbetrieben, viel eher soll man auf kleine und mittlere Betriebe setzen.

Schlanker werden könnte die Verwaltung und Bürokratie in Brüssel, findet Kurz. Auch soll man sich auf die Subsidiarität konzentrieren. Kritisch hinterfragen will der Kanzler die Regionalförderprogramme in Osteuropa, denn hier habe es Programme gegeben, die nicht gewirkt hätten. Vorstellen kann sich der ÖVP-Obmann auch eine Konditionalität zu Rechtsstaatlichkeit und Demokratie: Werden Grundwerte verletzt, sollen Zahlungen gekürzt werden.

Auch Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) hatte zuvor im Pressefoyer erklärt, der Vorschlag von EU-Budgetkommissar Günther Oettinger sei “nicht akzeptabel”. Sie betonte, dass die EU schlanker werde, dies müsse auch für das Budget gelten. Positiv hingegen sieht sie die Vorschläge zum Außengrenzschutz oder zum Thema Digitalisierung.

Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) hob im Foyer die Betrugsbekämpfung hervor, denn in der Vergangenheit seien hohe Beträge oft nicht dort angekommen, wo sie eingesetzt werden hätten sollen. Die Betrugsbekämpfung sei daher eine wichtige Maßnahme, um das Budget in den Griff zu kriegen, so Hofer.

17 Milliarden Euro oder fünf Prozent weniger für Bauern

EU-Agrarkommissar Phil Hogan hat die Einsparungen im Landwirtschaftsbereich für den neuen mehrjährigen Finanzrahmen mit minus 17 Milliarden Euro oder fünf Prozent weniger bezeichnet. Hogan erklärte am Mittwochnachmittag in Brüssel, bei den Direktzahlungen gebe es für 16 Staaten Einbußen von 3,9 Prozent.

In weiteren sechs EU-Staaten werde es geringere Streichungen geben, in fünf Ländern sogar mehr. Keine Kürzungen gibt es laut Hogan in Rumänien, Slowenien, Slowakei und Portugal. Bulgarien müsse eine “ganz kleine Kürzung” hinnehmen.

Auf der anderen Seite werde es auch Einsparungen bei der ländlichen Entwicklung geben. Dabei, so Hogan, könnten aber die Nationalstaaten diese Einbußen ausgleichen. “Die Länder können die Lücken bei der ländlichen Entwicklung füllen. Aber bei den Direktzahlungen geht das nicht”.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker betonte, “das ist kein Massaker, weder bei der Kohäsion noch bei der Gemeinsamen Agrarpolitik”. Budgetkommissar Günther Oettinger sagte, die Einsparungen seien nicht ungerechtfertigt. Im Agrarbereich seien es fünf Prozent, in der Kohäsion sogar minus sieben Prozent.

Angesprochen auf Gelder im Rahmen der Vorbeitrittshilfen für die Westbalkan-Länder im nächsten siebenjährigen EU-Budget 2021-2027 sagte Oettinger, man werde Hilfestellung geben, “aber in dem Haushaltsrahmen ist noch kein Euro für ein mögliches neues EU-Mitglied vorgesehen”. Jedenfalls “sind wir keine Sadisten. Wir sollen nicht das Spiel spielen, wer verliert. Wir wollen 27 Gewinner, nicht einen Verlierer.”

Österreich erwarten Agrareinbußen von sechs Prozent

Im Bereich der Landwirtschaft dürfte Österreich mit Einbußen im neuen mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 von sechs Prozent rechnen. Dies verlautete in EU-Ratskreisen am Mittwoch. Zuvor hatte EU-Agrarkommissar Phil Hogan davon gesprochen, dass 16 EU-Länder 3,9 Prozent weniger im Bereich der Direktzahlungen zu erwarten hätten. Derzeit fließen aus Brüssel rund 1,36 Milliarden Euro in die heimische Landwirtschaft. Für den 29. Mai kündigte Hogan konkrete Zahlen an.

Droht Österreich Verdoppelung des Netto-Beitrages?

Wie der “Standard” in seiner Online-Ausgabe vorrechnet, droht Österreich eine Verdoppelung des EU-Nettobeitrages. Dieser Betrug im Jahre 2016 970 Millionen Euro, ab 2021 könnte er das doppelte betragen, wenn man den EU-Budgetrahmen so umsetzen würde, wie er auf dem Tisch liege. Österreich stünde allerdings nicht alleine da: Sämtlichen Nettozahlern stünden laut Plan empfindliche Steigerungen ins Haus. Der Grund ist der Wegfall der Zahlungen Großbritanniens einerseits, andrerseits aber die angepeilte Erhöhung des Budgetrahmens um 1,11 Prozent des BIP.

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(APA/Red.)

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