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Dostojewski mit viel Willkür

Das gute Schauspieler-Trio (Seidenberg, Steudler, Konarek, von links) in einem schwachen Stück.
Das gute Schauspieler-Trio (Seidenberg, Steudler, Konarek, von links) in einem schwachen Stück. ©Wolfgang Hoffmann/Veranstalter Theater Wahlverwandte
Russische Erzählung oberflächlich dramatisiert.


Götzis. (sch) In der „Applaus“-Reihe auf der Kulturbühne AMBACH gastierte kürzlich das Theater Wahlverwandte in Kooperation mit Theaterhaus Stuttgart mit der dramatisierten Erzählung „Der ewige Gatte“ des russischen literarischen Großmeisters Fjodor M. Dostojewski (1821-1881). Der Hauptdarsteller des nunmehrigen Theaterstücks, Wolfgang Seidenberg, und die Regisseurin Silvia Armbruster haben die 1870 erschienene Novelle dramatisiert, konnten aber der geistig-künstlerischen Essenz des großen Russen nicht adäquat gerecht werden. Zuviel belanglose Oberfläche verwässerte die tiefenpsychologisch faszinierend von Dostojewski angelegte Story zweier Männer und einer Frau in einer düsteren Dreiecksgeschichte.

Dramatisierter Dostojewski ?

Fast logisch, der berühmte russische Romancier hat sich schon längst in diversen Dramatisierungen auch die Bühnen erobert. Im „Ewigen Gatten“ – der Titel ist irreführend, es geht vielmehr um ein weibliches „Kuckucksei“ – ist die Handlung ziemlich linear: Der alternde Lebemann Weltschaninow wird durch den Besuch eines ehemaligen Bekannten, des Provinzbeamten Trussozki, an die Vergangenheit erinnert. Der Besucher trägt Trauer, denn er hat gerade seine Frau Natalja begraben. Hinterlassen hat diese ihre gemeinsame (?) Tochter, die Trussozki liebt, aber auch hasst, denn es gibt inzwischen Beweise, dass nicht er, sondern der windige Weltschaninow Lisas Vater ist. Und jetzt will der Besucher Rache am einstigen Geliebten seiner Frau nehmen. Zweifellos ein Dostojewski-Stoff; Schuld, Lüge, Sühne, Hass, Sex, Suff, Verbrechen … Das Autoren-Duo („nach“ Dostojewski) vermag prinzipiell nicht, die Seelenstrukturen zweier Leidender mit unterdrückten Gefühlen, Gewissensbissen, Rachegelüsten differenziert darzustellen. Sie bedienen sich oft deplatziert eines Theaters à la Ionesco oder Beckett, und humorige Effekte (etwa ewiges Wodka-Saufen) sind oberflächliches Klischee. Der Schluss bleibt offen, denn Trussozky will am Ende wieder heiraten, eine junge Frau, die zuvor ein Jugendlicher geschwängert hat … ?
Vorzüge der Aufführung: drei markante Schauspieler, die man sich in einem besseren Stück gewünscht hätte. Wolfgang Seidenberg (kürzlich mit „Frau Müller muss weg“ in Götzis) als selbstbewusster, aber letztlich armer Schwächling; der österreichische, aus TV-Produktionen bekannte Charakterdarsteller Ernst Konarek als kauzig-gefährlicher „Rächer“ seiner angepatzten „Vater-Ehre“, und die junge Corinne Steudler als hochbegabte Mehrfachdarstellerin von Mädchen, Frauen und einem Burschen. Regisseurin Armbruster beschäftigte sich vor allem mit der Choreographie von schwankenden Wodka-Säufern.

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