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Die Malediven gehen unter

Noch sind die Malediven ein Urlaubsparadies. Kaum ein anderes Land dürfte der Klimawandel in den kommenden Jahrzehnten härter treffen. Die Inselkette mit ihren derzeit knapp 300.000 Einwohnern ist vom Untergang bedroht.

Fast flehentlich bittet die Regierung in Male die Welt um einen besseren Klimaschutz – das am 16. Februar in Kraft getretene Kyoto-Protoll geht ihr längst nicht weit genug. Doch ihre Bitten scheinen ungehört zu bleiben.

Die Flutwellen Ende Dezember haben den Inselbewohnern eindringlich bewiesen, wie verwundbar ihr Land ist: 69 der 199 bewohnten Inseln wurden vollständig überflutet. Anders als in den anderen von der Katastrophe betroffenen Staaten gab es für die Malediver kein sicheres Hinterland, in das sie hätten fliehen können – viele klammerten sich an Palmen oder retteten sich schwimmend. Der Klimawandel kommt viel langsamer als der Tsunami, aber die Vernichtung dürfte umso gründlicher sein.

Auf ein Ende der wissenschaftlichen Debatte, ob der Klimawandel tatsächlich stattfindet, will die Regierung nicht warten. „Viele sagen, es fehlt noch der endgültige Beweis, ob der Meeresspiegel wirklich steigt“, sagt Majeed. „Aber wir haben keine Zeit, 20, 30 oder 50 Jahre auf diesen Beweis zu warten.“

Um bis zu 88 Zentimeter, so prognostiziert das UNO-Gremium für Klimaveränderung (IPCC), wird der Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 steigen. „Dann wären fast alle unsere Inseln weg“, sagt Vize-Umweltminister Abdullahi Majeed. „Schon ein Anstieg um die Hälfte davon hätte dramatische Auswirkungen für uns.“ 80 Prozent der maledivischen Landmasse liegt weniger als einen Meter über dem Meeresspiegel. Die höchste Erhebung ist nur 2,4 Meter.

„Wir haben keine Möglichkeit, die Menschen zu schützen“, sagt Majeed. Er rechnet mit dramatischen Folgen für sein Volk: „Manche werden versuchen, sich von kleineren auf größere Inseln zu retten. Andere werden zu Umweltflüchtlingen werden.“ Sie werden im Ausland um Asyl bitten müssen, wenn ihre Heimat langsam versinkt.

Schon jetzt kämpfen die Menschen auf jeder zweiten bewohnten Inseln dagegen, dass das Meer ihre Strände abträgt. „Der Klimawandel und der vorhergesagte Anstieg des Meeresspiegels werden die Erosion der Strände noch verstärken“, warnt der erste Klimawandel-Bericht der maledivischen Regierung.

Als besonders ungerecht dürften viele Malediver empfinden, dass sie zum Treibhauseffekt praktisch nichts beitragen – ihr kleines Land ist nach Regierungsangaben für 0,0012 Prozent des globalen Kohlendioxid-Ausstoßes verantwortlich. 54 Prozent der CO2-Emissionen kommen dagegen aus OECD-Industriestaaten. Das Kyoto-Protokoll sieht vor, den Ausstoß von sechs Treibhausgasen bis 2012 um mindestens fünf Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken.

Als erstes Land haben die Malediven das Protokoll unterzeichnet – sie und andere kleine Inselstaaten hätten die Ziele gerne viel höher gesteckt, konnten sich aber gegen die mächtigen Delegationen der Industriestaaten nicht durchsetzen. „Kyoto ist gut, aber viel zu wenig“, sagt der Vize-Umweltminister. Traurig findet Majeed, dass Staaten wie die USA dem Protokoll nicht beigetreten sind – und dass sich kaum jemand für das Schicksal seines kleinen Landes interessiert. „Es ist sehr frustrierend“, sagt er, „dass wir ignoriert werden.“

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