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Die Flut sprengt alle Dimensionen

Die zerstörerische Kraft der Jahrhundertflut in Europa sprengt alle Dimensionen: Mehr als 100.000 Menschen waren allein in Ostdeutschland auf der Flucht vor den Wassermassen.

Nach einem Dammbruch drohte Bitterfeld in Sachsen-Anhalt die vollständige Evakuierung. Auch Dresden rüstete sich in einem verzweifelten Wettlauf mit der Zeit für die riesige Flutwelle aus Tschechien, die bis Freitagmorgen erwartet wurde. In Brandenburg sind 35.000 Menschen von Evakuierungen betroffen. Vorerst starben in Deutschland neun Menschen in den Fluten.

Bundeskanzler Gerhard Schröder sprach von einer nationalen Katastrophe. Der Wiederaufbau der betroffenen Gebiete werde Milliarden kosten. Nach Angaben des Krisenstabs im deutschen Innenministerium sind 4,2 Millionen Menschen von der Flutkatastrophe betroffen. Das von Schröder eingesetzte Gremium beschloss, die erste Tranche der 100 Millionen Euro Soforthilfe sofort anzuweisen.

In zahlreichen ostdeutschen Landkreisen und Städten wurde Katastrophenalarm ausgerufen. Nahe Bitterfeld brach am Mittag auf einer Breite von 500 Metern ein Damm unter dem Druck des Hochwassers der Mulde. In Dresden erreichte die Elbe am Nachmittag einen historischen Pegel von 8,25 Metern. Bis Freitag wurde mit 8,70 Metern der höchste Stand seit 1845 erwartet. Pausenlos evakuierten die 3.000 Rettungskräfte Gebäude in den gefährdeten Gebieten. Zunächst mussten weit mehr als 20.000 Menschen in Sachsen ihre Häuser verlassen.

Als besonders gefährdet galt außerdem Magdeburg, wo bis Samstag 20.000 Menschen ihre Wohnungen in den Stadtteilen östlich der Elbe verlassen müssen. Wie Bürgermeister Lutz Trümper mitteilte, wurde die riesige Flutwelle aus Tschechien am Sonntagabend in der Landeshauptstadt erwartet. Nach Angaben des Politikers sind von den insgesamt 40 Kilometer langen Deichanlagen Magdeburgs zwölf Kilometer von Überflutung bedroht. Auch auf Dessau, wo die Mulde in die Elbe mündet, rollt die Flutwelle zu. Zehntausende Sandsäcke wurden auf den Elbwall gestapelt.

Auch in Brandenburg begannen am Donnerstag die ersten Massenevakuierungen. In der kommenden Woche wird die Flutwelle voraussichtlich 46 Orte in der Prignitz flussabwärts im Nordwesten des Landes erreichen. Hamburg erwartet für Mitte kommender Woche eine Flutwelle auf der Elbe. Für die Bevölkerung besteht nach Angaben des Katastrophenschutzstabes jedoch keine Gefahr. Allerdings wird im niedersächsischen Regierungsbezirk Lüneburg eine Flutwelle in bislang nicht gekanntem Ausmaß erwartet.

In Ostbayern konnten die Menschen dagegen aufatmen. In Regensburg sanken die Pegelstände, auch in Straubing hielten die Dämme stand. In Passau waren die Straßen schon wieder frei. Entwarnung gab Umweltminister Jürgen Trittin nach Berichten über eine mögliche Verseuchung der Elbe mit Chemikalien aus einer tschechischen Fabrik. Es seien keine Quecksilberverbindungen in das Hochwasser gelangt, hieß es.

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