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Die Alp als Biotop für Körper und Seele

Irak-Turbulenzen, Steuerreform-Hickhack, Polit-Streitereien. Was kümmert all diesen Käse jemanden auf der Alp. Ohne Zeitung, Radio, Fernsehen, geschweige denn Laptop.

Heinz Grabher produziert seinen eigenen Käse. Und der ist gut.
Im Leben von Heinz Grabher, 43, hat sich schon viel Wandlung zugetragen. Von Mathematik über Geografie bis Betriebswirtschaft studierte er quer durch den akademischen Gemüsegarten. Er spielte auch halbprofessionell Schach, erwarb sich die Qualifikation eines diplomierten Schachtrainers. Doch so richtig fix ist für ihn seit dem 24. Lebensjahr nur eines wirklich: der sommerliche Aufenthalt auf einer Alp. Selbst als man ihm den Posten eines Geschäftsführers der KOPRA (Konsumenten-Produzenten-Arbeitsgemeinschaft) anbot, knüpfte er daran die sakrosankte Bedingungen: „Nur wenn ich im Sommer auf die Alp kann.“ KOPRA akzeptierte.

Schöne alte Werkzeuge

Die Alp hat Grabher schon längst als Biotop für Körper und Seele entdeckt. „Den Tagesrhythmus bestimmen die Kühe. Ich muss sie morgens raus lassen, zurückholen und melken. Am fixen Zeitplan dieser Tätigkeiten komme ich nicht vorbei.“ Natürlich liegt der 43-Jährige auch sonst nicht auf der faulen Haut. Denn die Herstellung von Käse nach traditioneller Methode ist ja schließlich seine Haupttätigkeit. „Doch jeden Tag nehme ich mir trotzdem zwei Stunden Zeit, um einfach nur in Ruhe dazusitzen. Das brauche ich.“ Er erklärt dem unwissenden Besucher die Werkzeuge: Den Käsereif, der zum pressen verwendet wird, die Milchgebse, den Holzflügel zum Rühren, die Käseharfe, mit welcher die werdende Köstlichkeit geschnitten wird. Zwischendurch verscheucht er Henne „Batman“, die sich im schlicht ausgestatteten Wohnzimmer des Älplers umsehen will.

Das Meer als Belohnung

„Käse“, bedauert Grabher, „produziert man heutzutage ja nur mehr in sterilen Räumen. Da schaut es aus wie in einem Spital, wenn man durch geschlossene Fensterscheiben hineinschaut.“ Grabhers uralte Form der Käseherstellung ohne künstliche Reifebakterien und ohne Kraftfutter für die Kühe bringt ihm den Respekt der Bauern in der Umgebung. „Unlängst tat einer bei mir einen tiefen Seufzer. Was du hier machst, ist noch echtes Handwerk, hat er mir gesagt.“

Noch bis Mitte September wird Grabher auf der Fuchswaldalp oberhalb von Marul zubringen. Bis dahin sollte er, seit kurzem mit Knecht Joachim an seiner Seite, zirka 2.500 Kilogramm Bergkäse produziert haben. Danach will er ein paar Tage nach Cinque Terre fahren. „Weil das Auge dann keinen Berg als Grenze mehr will, sondern als Horizont zur Abwechslung die unendliche Weite des offenen Meeres.“

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