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Deutscher Kapitalismus-Streit hält an

Die Fronten im deutschen Kapitalismusstreit verlaufen quer durch die Parteien. Am Dienstag wurden sowohl innerhalb der Grünen wie auch in SPD und CDU unterschiedliche Positionen deutlich.

Zugleich mehrte sich die Kritik an der Wortwahl von SPD-Chef Franz Müntefering, der Finanzinvestoren mit der biblischen Heuschreckenplage verglichen hatte. Mehrere Grünen-Politiker hatten am Vortag den Vorstoß Münteferings unterstützt, sich aber vom „Heuschrecken“-Vergleich distanziert. Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hatte lobende Worte für Unternehmen gefunden, die ihre Sozialverpflichtung vielfach wahrnähmen.

Ihr Parteifreund Umweltminister Jürgen Trittin unterstützte in der „tageszeitung“ (taz) den SPD-Chef. „Es kann nicht sein, dass Unternehmen die hervorragende Infrastruktur Deutschlands nutzen, um sie auf der anderen Seite durch fortwährenden Konkurrenzdruck zu untergraben“, sagte der Minister. Trittin betonte, Müntefering habe die richtigen Fragen aufgeworfen. Es sei ein großer Fortschritt, dass nun über das Verhalten der Konzerne diskutiert werde.

Reaktion in der eigenen Partei

In der SPD unterstützten zwar Linke wie Rechte ihren Chef. Während der Chef der saarländischen Sozialdemokraten, Heiko Maas, in der „Leipziger Volkszeitung“ jedoch die Rücknahme der Steuerfreiheit für Veräußerungen bei Unternehmensgewinnen forderte, dämpfte Fraktions-Vize Ludwig Stiegler in der „Netzeitung“ Erwartungen, dass schon bei dem geplanten SPD-Kongress Mitte Juni mit Gesetzentwürfen auf die Kritik reagiert werde. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) zeigte Verständnis für die Kapitalismus-Kritik der SPD. Er warf Müntefering in der „Mitteldeutschen Zeitung“ allerdings vor, die falschen Methoden anzuwenden.

„Unsere nationalen Steuerungsmechanismen zur Sozialpflichtigkeit der Marktwirtschaft erreichen nur noch die kleinen Betriebe, nicht mehr die großen Konzerne“, sagte der CDU-Politiker. „Plumpe Beschimpfungen helfen da nicht.“ Der Historiker Michael Wolffsohn warf Müntefering vor, mit seiner Kapitalismuskritik gegen Unternehmer so zu hetzen wie einst Nazis gegen Juden. Wolffsohn schrieb in der „Rheinischen Post“, Müntefering benutze „Worte aus dem Wörterbuch des Unmenschen“, weil „Menschen das Menschsein“ abgesprochen werde. 60 Jahre nach der Nazi-Herrschaft würden wieder Menschen mit Tieren gleichgesetzt, die gleichsam als Plage vernichtet werden müssten.

Müntefering als deutscher McCarthy

Nach Ansicht des stellvertretende FDP-Vorsitzenden Rainer Brüderle läuft Müntefering Gefahr, „zum McCarthy Deutschlands zu werden“. Der Name des US-Senators Joseph McCarthy steht symbolisch für die Arbeit eines Senats-Ausschusses „für unamerikanische Umtriebe“ in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. McCarthy war ein fanatischer Kommunistenjäger.

Spiegel nimmt Müntefering in Schutz

Stichwort: Heuschrecke

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