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Deutsche Panzer in Kurdenmetropole - Stadt wird geplündert

Auch deutsche Leopard-Panzer rückten in der Kurdenstadt Afrin ein.
Auch deutsche Leopard-Panzer rückten in der Kurdenstadt Afrin ein. ©AP
Wie Aktivisten nach der Einnahme der Stadt Afrin durch die türkische Armee melden, plünderten Rebellen Restaurants, Geschäfte und Häuser. Bei der Eroberung kam indes offenbar auch militärisches Gerät aus Deutschland zum Einsatz.
Kurden-Stadt wird geplündert
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Türkei erobert Afrin

Die türkische Armee will sich aus der gerade erst eingenommenen Region Afrin in Nordsyrien wieder zurückziehen und den überwiegend von Kurden bewohnten Landstrich ihren “wirklichen Besitzern” überlassen. Das kündigte Armee-Sprecher Bekir Bozdag am Montag an. Gleichzeitig drohte der türkische Präsident Recep Tayip Erdogan mit der Ausweitung der Offensive nach Ostsyrien und den Irak.

Erdogan kündigt massive Ausweitung der Offensive an

Man wolle gegen weitere von der Kurdenmiliz YPG kontrollierte Gebiete bis hin nach Qamishli vorrücken, sagte Erdogan in Ankara. Zudem werde man die “Terrorcamps” der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im Nordirak “wenn nötig anhaltend unter Kontrolle bringen”. Ankara sieht die YPG als syrischen Ableger der PKK und betrachtet beide als Terrororganisationen. In Syrien ist die YPG wichtigster Verbündeter der US-geführten Anti-IS-Koalition.

Die PKK hat in den nordirakischen Kandil-Bergen ihr Hauptquartier und auch im nordirakischen Sinjar Stellungen. Erdogan nannte Sinjar das “zweite Kandil” und sagte, Ankara habe die irakische Zentralregierung gesagt, dass sie “die Sache” lösen solle, andernfalls werde die Türkei es tun. “Wir würden sofort eines Nachts urplötzlich in Sinjar einmarschieren und es von der PKK säubern”, sagte Erdogan. Die syrischen Kurden haben im Syrien-Krieg in einer große Region im Norden des Landes eine Selbstverwaltung errichtet. Nach dem Verlust von Afrin beherrschen sie noch Gebiete weiter östlich.

Bozdag, der auch stellvertretender Ministerpräsident ist, ließ indes offen, wer mit den “wirklichen Besitzern” Afrins gemeint und wann mit einem Abzug der türkischen Armee zu rechnen sei. Mit der Einnahme der Stadt Afrin sei auch die Bedrohung der türkischen Grenze signifikant verringert worden.

Erst am Sonntag hatten türkische Verbände zusammen mit verbündeten arabischen Milizen die Hauptstadt Afrin der gleichnamigen Region eingenommen. Mit der im Jänner begonnenen Offensive versucht die Türkei, den Einfluss der YPG zurückzudrängen. Es solle zudem verhindert werden, dass sich ein zusammenhängendes kurdisches Einflussgebiet vom Irak über Syrien bis in die Türkei bildet.

Statue mit Leopard-Panzern eingerissen

Die Lage in Afrin selbst war am Montag angespannt. Mehrere Menschen starben bei einem Bombenanschlag. Aktivisten und Kurden warfen protürkischen Rebellen nach deren Einmarsch Plünderungen vor. Die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete, die Kämpfer hätten in großem Ausmaße Geschäfte, Häuser und Regierungsgebäude ausgeraubt. Der Sprecher der Kurdenmiliz YPG, Brossik al-Hassaka, sagte, die Eroberer hätten wie früher die Terrormiliz “Islamischer Staat” (IS) auch Gebäude angezündet und religiöse Statuen zerstört: Wie “krone.at” berichtet, ist etwa eine kurdische Statue mit Leopard-Panzern aus Deutschland niedergerissen worden.

Plünderungen scharf verurteilt

Die syrische Opposition verurteilte die Plünderungen protürkischer Rebellen in Afrin scharf. “Die Plünderung und der Diebstahl von öffentlichem und privatem Eigentum sind ein Verbrechen”, schrieb Mohammed Allush von der Rebellengruppe Jaish al-Islam am Montag im Kurzmitteilungsdienst Twitter. Die Beteiligten müssten einen “harten Schlag” auf die Hand erhalten. Auch der frühere Vorsitzende der Syrischen Nationalen Koalition (SNC), Khaled Khoja, verurteilte die Plünderungen in Afrin. Die türkische Offensive habe “unsere kurdischen und arabischen Brüder von der autoritären Herrschaft der YPG befreien” sollen, schrieb er auf Twitter. Für “Banditen und Wegelagerer” könne es unter den Rebellen keinen Platz geben.

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Notlage verschärft sich

Die humanitäre Lage Zehntausender Flüchtlinge in der Region verschärfte sich zugleich. Nach Angaben Al-Hassakas sind nun Hunderttausende Menschen in der Region auf der Flucht. Die UNO-Nothilfebüro OCHA hatte am Sonntag erklärt, fast 100.000 Menschen aus Afrin seien in benachbarten Gebieten als Vertriebene registriert worden.

“Zehntausende Menschen leiden in Afrin”, twitterte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK). “Verzweifelt und verängstigt fliehen täglich Tausende Menschen, die keinen Platz zum Übernachten, wenig Essen, Wasser und medizinische Versorgung haben.” Das IKRK arbeitet mit dem Syrischen Roten Halbmond zusammen, um Decken und Mahlzeiten zur Verfügung zu stellen. Das IRK müsse in Afrin arbeiten können, forderte dessen Präsident Peter Maurer in Genf. Es brauche ungehinderten Zugang zu den Hunderttausenden Flüchtlingen in der von der türkischen Armee eingenommenen syrischen Region.

Ghouta: Zivilbevölkerung leidet

Auch im zweiten Brennpunkt des Bürgerkrieges, in der Region Ost-Ghouta im Süden des Landes, litt die Zivilbevölkerung unter den Kämpfen. Am Montagvormittag flohen nach russischen Angaben rund 6.000 Menschen aus dem Gebiet, in dem islamistische Rebellen nach Angriffen der syrischen Armee offenbar kurz vor einer Niederlage stehen. Die syrische Armee hat nach eigenen Angaben rund 70 Prozent der Enklave erobert und sie in drei nicht miteinander verbundene Teile gespalten.

(APA/Red.)

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