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Deutsche Grünen-Politiker erhielten Neonazi-Morddrohungen

Özdemir wurde mitgeteilt, sein Name stehe ganz oben auf der Todesliste
Özdemir wurde mitgeteilt, sein Name stehe ganz oben auf der Todesliste ©APA (AFP/Archiv)
Die beiden Grünen deutschen Politiker Cem Özdemir und Claudia Roth haben Morddrohungen von einem als gefährlich eingestuften Rechtsextremisten-Netzwerk erhalten.

Die Zeitungen der Funke Mediengruppe zitierten am Samstag aus Droh-Mails der Gruppierung "Atomwaffen Division Deutschland (AWD)" an die beiden Politiker.

Özdemir wurde mitgeteilt, sein Name stehe ganz oben auf der Todesliste. An Roth schrieb die Gruppe demnach: "Sie sind zurzeit Platz zwei auf unserer Abschussliste."

Die beiden E-Mails gingen demnach am 27. Oktober ein und nahmen Bezug aufeinander. Eine rechtsextremistische Gruppe "Atomwaffen Division" (AWD) ist in den USA bekannt. Dort gilt sie als extrem gewaltbereit. Seit einigen Monaten häufen sich die Hinweise auf einen deutschen Ableger der Organisation.

Drohungen werden ernst genommen

Die Funke-Medien zitierte aus dem Drohschreiben an Özdemir: "Zurzeit sind wir am Planen wie und wann wir Sie hinrichten werden, bei der nächsten öffentlichen Kundgebung? Oder werden sie von uns vor ihrem Wohnort abfangen?"

Özdemir gab die Mail nach eigenen Angaben unmittelbar an das Bundeskriminalamt (BKA) und die Polizei im Bundestag weiter. Anders als andere Drohungen nehme der frühere Grünen-Chef diese Drohung wegen der Wortwahl sehr ernst, heißt es in dem Funke-Bericht. Özdemir, der in der Vergangenheit wegen seiner scharfen Kritik am türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan von türkischen Nationalisten massiv bedroht wurde, erhält seit längerem Personenschutz durch das BKA.

Politiker wollen sich nicht einschüchtern lassen

In dem Schreiben an Roth fordern die Absender die Bundestagsvizepräsidentin demnach auf, sich bis Ende dieser Woche mit einer schriftlichen Erklärung in den Sozialen Medien "klar von den Grünen zu distanzieren".

Roth und Özdemir wollen sich durch die Drohungen nicht einschüchtern lassen. "Wer glaubt, uns mit seinem dumpfen Hass und seiner geschichtsblinden Hetze vom Einsatz für eine vielfältige und weltoffene Gesellschaft abbringen zu können, den muss ich bitter enttäuschen", sagte Roth den Funke-Zeitungen.

Özdemir sagte den Zeitungen, er könne sich "auf den Begleitschutz durch das BKA verlassen". "Doch was ist mit all den Kommunalpolitikerinnen und den ehrenamtlich Engagierten, die angefeindet werden und keinen Personenschutz haben?", gab der Grünen-Politiker zu bedenken. Es müsse möglich sein, am Spielfeldrand, im Bus und auf der Betriebsfeier für eine offene Gesellschaft einzutreten, ohne danach Hasskommentare in Online-Netzwerken zu ernten.

Es müsse aber auch dafür gesorgt werden, "dass Hasskriminalität konsequenter ermittelt und zur Anklage gebracht wird", forderte Özdemir. Dafür seien "Schwerpunktstaatsanwaltschaften gegen Hasskriminalität und eine bessere Ausstattung und Ausbildung der Polizei, Strafverfolgungsbehörden und Gerichte zum Thema digitale Gewalt" notwendig.

Gefährdung auf "hohem Niveau"

Das BKA wollte sich nicht im Einzelnen zu der Bedrohungslage äußern. Auf Anfrage von Funke verwies es allgemein auf eine Stellungnahme der Sicherheitsbehörden vom Juli 2018: "Die Gefährdung durch extrem rechte und rechtsterroristische Gewalttaten in der Bundesrepublik Deutschland bleibt, auch nach der Ankündigung der Existenz eines deutschen Ablegers der AWD, unverändert auf einem abstrakt hohen Niveau."

Erst vor wenigen Tagen hatte die Bundesregierung ein Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus beschlossen. Außer Özdemir bekamen zuletzt einige Bundes-, Landes- und Kommunalpolitiker Morddrohungen aus der rechtsextremen Szene, darunter der Thüringer CDU-Spitzenkandidat Mike Mohring.

(APA/ag.)

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