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Der Weg vom Dunkel ins Licht

Organist Rudolf Berchtel.
Organist Rudolf Berchtel. ©VMH
Dornbirn. Rudolf Berchtel und Christine Schneider ließen St. Martin mit Klängen „erzittern“.

Auf dem Marktplatz wogt eine Mischung aus Christkindle- und Klosamarkt, eine stattliche Anzahl von Zuhörern hat am Sonntag dennoch die musikalische Besinnung in St. Martin dem lauten Treiben vorgezogen. Im letzten Konzert der Saison ist Rudolf Berchtel selbst am Werk, der seit Jahren in diesem mit viel Liebe und Sachverstand programmierten Festival symphonischer Orgelkunst das Kulturleben aufmischt. Das Programm besteht aus drei gewichtigen, meist choralgebundenen Werken der Romantik, dramaturgisch so klug aufgebaut, dass das volle Werk der im Land einzigartigen Monumentalorgel von Josef Behmann (1927) erst zum Finale erstrahlt und Mauern und Zuhörer erzittern lässt. Man könnte diese Werke thematisch unter das Motto „Von der Dunkelheit ins Licht“ stellen. Auf dem Weg dorthin demonstriert Berchtel an seiner „Hausorgel“ viele reizende, sorgfältig ausgewählte Klangfarben aus dem reichlichen Angebot an 67 Registern, Klänge bei geschlossenem Schweller wie aus ganz weiter Ferne, verschleierte, schwebende Töne, auch die markanten Hochdruck-Register für den Cantus firmus und das lustige Glockenspiel. Er zeigt aber auch, wie sehr sich dieses Instrument speziell für die Darstellung auch komplexester Kompositionen eignet.

Die „Postchristel“

Wie etwa in der ersten der sechs Orgelsonaten von Mendelssohn, deren Klarheit der Linienführung mit Deutlichkeit in Phrasierung und Ausdruck unterstrichen wird. Der symphonische Choral „Nun ruhen alle Wälder“ von Sigfried Karg-Elert, Berchtels Lieblingskomponisten, ist ein in sich ruhendes Tongemälde großen Zuschnitts, dem der Komponist als besonderen Effekt die Stimmen von Sopran und Violine beigemischt hat. Damit ist die vielseitige Feldkircherin Christine Schneider, die man eben noch als quirlige „Postchristel“ im Ludescher „Vogelhändler“ erlebt hat, nach diesem Ausflug ins leichte Fach zu ihrer angestammten Profession zurückgekehrt, überstrahlt mit ihrer hell timbrierten Stimme sicher und spielend die mächtige Orgel, wenn auch die großräumige Akustik ihren Text verwischt.

Vertrackte Fuge

Die Dornbirner Geigerin Marika Hodász verleiht ihrem Instrument in ausdrucksvollen Tönen Gestalt. Nicht ganz überzeugen kann Berchtel mit der höchst anspruchsvollen Choralfantasie „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ von Max Reger. Zwar schwingt sich hier die Orgel in grandioser Apotheose zu einer Klangpracht von unglaublichen Dimensionen auf, im Gestalterischen bleibt der Interpret jedoch vor allem in der vertrackten Fuge den ganz großen Atem, die mentale Überlegenheit noch schuldig und kann das auch durch beherzten Zugriff nicht wettmachen. Der Beifall ist lange und herzlich.

Quelle: VN/Jurmann

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