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Der Morgen in einem Paradies

Höchst - Die Natur im Erwachen. Ewig faszinierend für jene, die das hautnah miterleben. Der Reif verliert gegen neun Uhr Früh erst allmählich sein verräterisches Weiß und hinterlässt nasse Spuren. 

Das Grün der weiten Flächen auf dem Weg Richtung Rohrspitz wird satter. Dieter Schneider, Jagdaufseher im Naturschutzgebiet Rheindelta, bricht zu seinem Routinerundgang auf durch sein 1400 Hektar großes Naturjuwel.

Bast weggefegt

„Es ist alles im Aufbruch. Wie jedes Jahr um diese Zeit“, erzählt Schneider. „Das Wild hat sich seines Geweihs entledigt und den feuchten Bast schon weggefegt. Bald wächst ein neues Geweih nach. Brachvögel und Kiebitze sind schon da, fangen an ihre Brutgebiete zu besetzen.“ Wie zur Bestätigung stehen plötzlich ein paar Rehe unweit von Schneiders Jeep, präsentieren dem Fotografen ihr – noch – leichtes Haupt. „Mit den Vögeln“, so der Jagdaufseher, „haben wir schon Probleme. Beutegreifer wie Krähen und Elstern vernichten einen Großteil der Brut. Immer weniger der Jungvögel kommen durch.“

Die Schwäne

Nicht gefährdet sind die Schwäne, die sich auf der Feuchtwiese vor dem Ufer zusammenrotten. Eine Armada in weißer Uniform. Plötzlich, wie auf Kommando, fliegen sie weg, zischen mäjestätisch über unsere Köpfe hinweg. Weiter am Horizont ziehen Rehe vorbei. Schneider zählt sie ab. „Es sind acht. Wie gehabt.“ SprichtÑs und macht einen Haken in seine Mappe. Schneider kennt die Stückzahlen der Tierarten zum Teil haargenau. So kann er auch sagen, dass sich exakt sechs Kiebitze in einem bestimmten Gebietsstreifen befinden.

Sichere Brut

Am Unteren Lochsee, einem verträumten Weiher mit wild verwachsenem Unterholz, zeigt Schneider auf Pfähle im Wasser. Kleine Holzhäuschen befinden sich auf ihrer Oberfläche. „Da drinnen sind Entenbruten. Sicher. Keine Elster, keine Krähe, keine Ratte kommt da heran“, freut sich der Jagdaufseher. Schneider hat die Pfähle samt Hüttchen selber ins Wasser gesetzt. Von seinem museumsverdächtigen Ruderboot aus, das jetzt wie ein Teil des Unterholzes am Ufer liegt.

Fischer klagt

Wenige hundert Meter weg am Trakenloch-Hafen schwimmt ein Bläßhuhn flink durchs Wasser, sucht nach Futter. „Schön, dass auch die Population der Kolbente sich wieder erholt hat“, bemerkt Schneider. Weniger gut gelaunt ist Berufsfischer Karlheinz Helbock, der gerade mit geringem Fang seinem Boot entsteigt. „Der See ist zu sauber, dazu fressen die Kormorane uns alles weg. Hier werden noch die letzten Berufsfischer verschwinden. Das sollte jenen einmal klar sein, die sich jeder Populationsregelung dieser Räuber kategorisch verweigern“, schimpft Helbock. Schneider signalisiert stille Zustimmung. Jedes noch so kleine Ungleichgewicht stört den Aufseher. Wer den Zauber eines Morgens in diesem intakten Stück Natur erlebt hat, kannÑs nachvollziehen.

Ästheten auch in der Luft. Schwäne fliegen kraftvoll durch das Naturschutzgebiet am Rohrspitz.

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