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Der Kino-Teddy Oscar zieht um

Und plötzlich ist es ganz still im Saal. Man kann sogar, wenn auch nur ganz leise, das zufriedene Schnurren der alten Vorführmaschinen hören.

„Die haben schon mehr als vierzig Jahre auf dem Buckel“, erzählt Walter Wieser und wirft einen liebevoll verträumten Blick auf die Mechanik. Und plötzlich bebt der bis auf den letzten Platz gefüllte Saal. Tosender Applaus reißt ihn zurück in die kleine Vorführkammer im Dornbirner Innenstadt-Kino. Auch wenn die Weltlichtspiele nicht geschlossen werden, geht doch eine Ära zu Ende. Nämlich die von Michael Wieser und seinem Team.

Am 1. Jänner 1998 übernahm Michael Wieser gemeinsam mit Adrian Juriatti, Norbert Seebacher und Walter Wieser die Führung. Und obgleich sie es weder renovieren noch modernisieren durften, schrieb die Weltlichtspiele-Crew Kinogeschichte. Denn wer konnte schon ahnen, dass gerade das alte Traditions-Kino im Zeitalter des Kinosterbens und trotz moderner Konkurrenz wie Cineplexx boomte. „Aus dem maroden Baby wurde ein gesunder junger Mann“, erklärt Michael Wieser. In seinen Augen blitzt es stolz. Doch nun, nach gut fünfeinhalb Jahren, wurde der Pachtvertrag zum 31. Juli 2003 gekündigt. Der Steinhauser-Gastronom und Besitzer Klaus Spiegel will ab 14. August 2003 selbst die Vorführmaschine bedienen. „Das Programm bleibt wie bisher, zumindest bis das neue Kino kommt“, erklärt Spiegel. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis die Weltlichtspiele abgerissen werden. „Doch da ist noch nichts fix“, verrät der Gastronom. Seine Vision von einem kleinen Stadtkino mit drei Sälen wird derzeit noch von den Nachbarn und der Stadt Dornbirn gestoppt.


Filmriss unter Tränen

Für die Abschlussvorstellung vergangenen Mittwoch wählte Michael Wieser, dessen geschickte Programmpolitik sicherlich ein Geheimnis des Erfolges war, Giuseppe Tornatores „Cinema Paradiso“ aus. Gefühlvoll erzählt Tornatore nicht nur von der Freundschaft des alten, etwas eigenbrötlerischen Filmvorführers Alfredo mit dem Lausbuben Salvatore, sondern auch die Geschichte des Dorfkinos. Und indem er Alfredo die vom Pfarrer zensierten Kussszenen zu einem eigenen Film zusammenkleben lässt, wird „Cinema Paradiso“ zu einem Liebesfilm der etwas anderen Art. Zu einer Liebeserklärung ans Kino.


„Cinema Paradiso“ – da bleibt kein Auge trocken

Zum letzten Mal spult Walter Wieser die Filmrolle zurück. Steigt die schmale Wendeltreppe vom Vorführ- in den Kassenraum hinab. Löscht das Licht. „Traurig, wirklich traurig“, flüstert er wehmütig und blickt in die Runde. Plötzlich huscht ein Lächeln über seine Lippen. Neben ihm stehen die Stammkunden Barbara Schröder und Reinhardt Schmid. Im Arm Kinobär Oscar. Bei den beiden hat er nun ein neues Plätzchen gefunden. Dort muss er sich aber einstweilen mit Fernsehen begnügen Doch eines steht außer Frage: „Oscar kommt immer mit“, erklären die beiden unisono.

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