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Der heikle Fall Soner Ö.

Ab 20. Jänner 2020 muss sich Soner Ö. vor Gericht verantworten.
Ab 20. Jänner 2020 muss sich Soner Ö. vor Gericht verantworten. ©VOL.AT/Pletsch
Bluttat an der BH Dornbirn: Die NEUE am Sonntag, der die Anklageschrift vorliegt, hat mit Prozessbeteiligten gesprochen. Einblicke in ein brisantes Verfahren.

Die Bluttat an der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn schockte im Februar ganz Österreich und hat tiefe Spuren bei Hinterbliebenen und Behördenmitarbeitern hinterlassen. Schleusen, Metalldetektoren und Wachpersonal in Amtsgebäuden zeugen von einem veränderten Sicherheitsverständnis und erinnern täglich an den tragischen Vorfall vom 6. Februar 2019. Mit entsprechender Spannung wird die juristische Aufarbeitung der Causa erwartet. Ankläger, Verteidiger und Opfervertreter bringen sich bereits in Stellung.

"Kaltblütiger Mord ohne Reue"

Die möglichen Hintergründe der Bluttat kamen im Februar rasch ans Licht, schnell war die Rede von „kaltblütigem Mord ohne Reue“. Auch ein Racheakt wird vermutet, weil das Opfer Alexander A. (49)– damals noch in der Fremdenabteilung – im Jahr 2009 ein Aufenthaltsverbot gegen den 15-fach vorbestraften Türken Soner Ö. (34) verhängt hatte, das nach wie vor strittig ist. Als sich die beiden zehn Jahre später zum ersten Mal wieder gegenüberstehen, geht es um die Grundversorgung. Die Bearbeitung dauert Soner Ö. zu lange, er fühlt sich von Alexander A. „verarscht“, weil „er ihn nicht richtig informiert bzw. zu falschen Stellen geschickt habe“, heißt es in der Anklageschrift, die der NEUE am Sonntag vorliegt. Am 6. Dezember spricht er erneut bei seinem späteren Opfer vor, eine verbale Auseinandersetzung folgt. Etwa eine Stunde später kommt Soner Ö. wieder, Diesmal hat er ein 33 Zentimeter langes Küchenmesser dabei, versteckt in seinen Unterlagen. Schon der erste von insgesamt sechs Messerstichen ist tödlich, laut Obduktionsgutachten dringt das Messer durch das Brustbein 16 Zentimeter tief in den Körper ein und durchtrennt die Aorta. Die Gerichtsmediziner sprechen von einer „sehr hohen Stichenergie“.

Prozessstart am 20. Jänner

Soner Ö. bestreitet den Tatvorsatz, sagt, er habe Alexander A. „nur verletzen, aber nicht töten“ wollen. Für die Staatsanwaltschaft gibt es jedoch keinen Zweifel daran, dass Soner Ö. sein Opfer umbringen wollte. „Wer eigens ein Messer holt, sich direkt zum Opfer begibt und mehrere dermaßen wuchtige Messerstiche gegen dessen Brust, (...) führt, dem kommt es gerade darauf an, das Opfer dadurch zu töten“, begründet die Anklagebehörde den Tatvorsatz. Ob Soner Ö. des Mordes schuldig ist, werden acht Laienrichter, sprich Geschworene, beurteilen. Die Hauptverhandlung am Landesgericht Feldkirch startet wie berichtet am 20. Jänner und ist für drei Tage anberaumt.

Verteidiger Stefan Harg übt Kritik am Vorgehen der Polizei und Justiz, spricht von einem „auf Mord getrimmten Ermittlungsverfahren“. Besonders der Umstand, dass die Polizei bereits kurz nach dem Vorfall öffentlich erklärte, dass der Tatverdächtige „keinerlei Reue“ zeigt, stößt dem Anwalt sauer auf. 

"Höflich und unauffällig"

Wie berichtet, befindet sich Soner Ö. seit Februar in der Justizanstalt Innsbruck, weil er sich zuvor in Feldkirch äußerst aggressiv Verhalten haben soll und in Innsbruck bessere Voraussetzung für seine Unterbringung herrschen. Soner Ö. sitzt dort derzeit in einer videoüberwachten Einzelzelle. Mittlerweile soll sich Soner Ö. gut führen. „Er ist höflich und unauffällig“, heißt es in einem mit 14. Oktober datierten Führungsbericht.

Die Verteidigung bemüht sich – bislang vergeblich –  um eine Rückverlegung nach Feldkirch. Denn eine ordentliche Prozessvorbereitung sei unter diesen Umständen kaum möglich. „Wenn man in einem der sensibelsten Verfahren, das Österreich in den letzten Jahren gesehen hat, nicht in der Lage ist, einen Untersuchungshäftling in Feldkirch unterzubringen, sagt das eigentlich alles“, so Harg.  Dass die Zustände in der Justizanstalt Feldkirch nicht die besten sind, zeigt ein Blick in eine Bericht, den Anstaltsleiterin Cornelia Leitner im Zuge eines Antrags auf Haftortänderung verfasst hat. Demnach haben in den letzten Monaten drei Justizwachebeamten und eine Psychologin ihren Dienst quittiert. Leitner kommt zu dem Schluss, dass in Feldkirch „die Mannstärke im Nachtdienst nicht ausreicht, um adäquate Sicherheitsmaßnahmen bei Ausführungen zu gewährleisten.“  Die Anstaltsleiterin befürwortet die Haftortänderung nicht, die Prozessvorbereitung sei auch in Innsbruck möglich.

Ganz andere Sorgen hat Opfervertreter Stefan Denifl, der als Landesleiter des Vereins „Weißer Ring“ die Hinterbliebenen auf diesem schweren Weg begleitet und Schadensersatz geltend macht. Er hofft, dass das Verfahren objektiv und professionell abgewickelt wird und die Opferrechte ausreichend gewahrt werden. Denifl geht von einer Verurteilung wegen Mordes aus. Für die Hinterbliebenen ist der juristische Abschluss zweifelsohne ein wichtiger Schritt, um mit dem Unfassbaren fertig zu werden. Mehr allerdings nicht, denn die Trauer bleibt ein Leben lang.

Lesen Sie den ganzen Artikel in der heutigen Ausgabe der NEUE am Sonntag.

(NEUE am Sonntag)

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