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Der GAU in Wiens Gesundheitswesen

Harte Kritik am Wiener Gesundheitswesen.
Harte Kritik am Wiener Gesundheitswesen. ©APA/Sujet
Noch immer hört man nichts von einem Rücktritt. Kein Spitalsleiter, kein KAV-Chef, keine Gesundheitsstadträtin, kein Bürgermeister hat sich verantwortlich gefühlt, oder gar die Konsequenzen gezogen. Nichts. Dabei ist im Wiener Krankenwesen in den letzten Wochen der GAU, der größte anzunehmende Unfall, passiert.
Volksanwaltschaft prüft bei KAV

Ausgelöst wurde er durch das – nicht gerade unvorhersehbar gewesene – Zusammenfallen von fünf Faktoren:

  • die Weihnachtsferien,
  • eine größere Grippewelle,
  • das rapide Ansteigen der Wiener Bevölkerung durch die (von der Stadtregierung massiv geförderte) Zuwanderung,
  • die wachsende Ärzteknappheit,
  • und die politischen Fehler einer verbissen-linken (und nicht pragmatisch-lösungsorientierten) Stadtführung, die das immer knapper werdende Geld unvermindert für ideologische und parteipolitische Zwecke statt für ihre eigentlichen Aufgaben ausgibt.

So werden die Wiener Steuerzahler also (heuer wieder) einen Life Ball finanzieren, ein Donauinselfest, die üppigsten Pensionen aller österreichischen Beamten (obwohl die ja auch anderswo nicht gerade darben müssen), die weitaus größten Zeitungsbestechungen, Hunderte rotgrüne Privatvereine, die höchste Parteiensubventionierung aller Bundesländer. Nur für ein funktionierendes Gesundheitssystem ist zu wenig Geld da.

Nachdem die „Presse“ einen einsamen Anfang gemacht hat, haben auch die Boulevardzeitungen mit Berichten über den weihnachtlichen Spitalsskandal nachziehen müssen, während bis zuletzt im ORF kein Beitrag zu entdecken war. Aber die meisten Wiener haben ohnedies auch ohne den Staatsfunk auf direktem oder indirektem Weg den Kollaps des Gesundheitssystems mitbekommen.

Die Bilanz: stundenlange Wartezeiten in den Ambulatorien, gesperrte Ordination von Kassenärzten, und vor allem absolut skandalöse Gangbetten in fast allen Gemeindespitälern (während andere Abteilungen urlaubsgesperrt waren!), die mehr an die dritte Welt erinnern als an die – einstige – mitteleuropäische Metropole. Wer glaubt, dass ein Krankenbett auf einem Spitalsgang, wo ständig Licht brennt und Menschen vorbeigehen, gut für die Genesung ist, möge sich doch selbst hineinlegen: Das haben jedenfalls viele Wiener in den letzten Tagen den politisch Verantwortlichen an den Hals gewünscht.

Aber niemand von diesen Verantwortlichen war zwei Wochen lang zu sehen, obwohl sich der Bürgermeister sonst bei jedem Anrudern auf der Alten Donau, bei jeder Christkindlmarkteröffnung und bei jeder Weinernte in die Medien drängt, war diesmal von ihm nichts zu sehen. Jedoch: Die Zeiten sind längst vorbei, wo sich Politiker nur mit Wohlfühlterminen begnügen könnten. Oder wo sie sich – wie derzeit die Wiener SPÖ – komplett in parteiinternen Grabenkriegen verausgaben dürften.

Niemand im Rathaus möge sich jedenfalls auf Höhere Gewalt ausreden. Denn winterliche Grippewellen kommen alljährlich mit größerer Sicherheit als Schneefall in der Großstadt. Und auch niemand möge bitte scheinheilig fragen: Was soll man denn tun?

Denn das Wiener Rathaus und die Wiener Gebietskrankenkassa wüssten das sehr genau. Sie:

  1. führen jedoch seit Jahr und Tag vor den Augen der ganzen Öffentlichkeit einen Atomkrieg gegen die wichtigsten Akteure im Gesundheitswesen, also die Ärzte. Sie glauben, mit Appellen an den Neidkomplex punkten zu können, weil Ärzte halt mehr verdienen als die (gewerkschaftlich straff organisierten) Pfleger;
  2. hätten die Aufgabe gehabt, bei den Spitalsärzten ebenso wie bei den Kassenärzten einen krisensicheren Urlaubsplan durchzusetzen (wenn sie beide besser behandelt hätten);
  3. holen zwar alljährlich aus ideologischer Begeisterung Zehntausende Asylwerber nach Wien (samt Familienzusammenführung usw.), haben aber nicht bedacht, dass man für diese – neben vielem anderen – auch eine massive Ausdehnung des Gesundheitssystems zur Verfügung stellen muss (vor allem wenn dieses für all diese Gruppen völlig gratis konsumierbar ist);
  4. hätten begreifen müssen, dass viele dieser Migranten im Krankheitsfall für das System belastender und zeitraubender sind als andere Patienten, weil sie meist keine hierzulande verständliche Sprache beherrschen, weil sie keine Ahnung vom Benehmen in Spitälern oder Wartezimmern haben, weil sie das Klima schlecht vertragen, weil in ihnen durch die Flüchtlings-Industrie ein absurdes und aggressives Anspruchsdenken an den scheinbar grenzenlosen Wohlfahrtsstaat entstanden ist;
  5. hätten insbesondere den Kassenärzten (im Gegenzug für Präsenzpflichten an bestimmten Wochenenden und Feiertagen) deutlich bessere finanzielle Bedingungen als die gegenwärtigen eher symbolischen Tarife anbieten müssen, sodass in Wien dem Bevölkerungswachstum entsprechend auch deutlich mehr Kassenstellen vorhanden sind;
  6. hätten beim Bau des Nordspitals eine professionelle (parteiexterne) Bauführung anstelle des geldverschlingenden Chaos sicherstellen müssen;
  7. hätten Kritiker nicht bestrafen, sondern in die Lösung von Problemen einbinden müssen;
  8. hätten private Gesundheitsanbieter – so wie es in Schweden die Sozialdemokraten(!) getan haben – massiv verstärkt ins Gesundheitsangebot hereinholen müssen;
  9. hätten für ausreichende geriatrische und Pflegeheime sorgen müssen, damit alte Menschen ohne akute Probleme keine teuren Spitalsbetten belegen;
  10. hätten endlich über ihren ideologischen Schatten springen und für alle Leistungen des Gesundheitssystems eine kleine Kostenbeteiligung verlangen müssen, damit dieses System immer nur bei wirklichem Bedarf und nicht bei jedem leichten Kopfweh oder gar als billigste Therapie gegen Einsamkeit genutzt wird.

Vieles müssten sie tun. Tun es aber nicht. Ein – immer wahrscheinlicher werdender – Austausch der Gesundheitsstadträtin ist daher ein zwar notwendiger, aber längst nicht mehr hinreichender erster Schritt zur Gesundung des Wiener Gesundheitssystems.

Der Autor war 14 Jahre Chefredakteur von „Presse“ bzw. „Wiener Zeitung“. Er schreibt unter www.andreas-unterberger.at sein „nicht ganz unpolitisches Tagebuch“, das heute Österreichs meistgelesener Internet-Blog ist

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