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Der Blick sollte wieder nach vorne gerichtet werden

Eric Thiel, Geschäftsführer der Bregenz Tourismus & Stadtmarketing GmbH.
Eric Thiel, Geschäftsführer der Bregenz Tourismus & Stadtmarketing GmbH. ©BT&StM

Bregenz. VOL-Live sprache mit Eric Thiel, dem Geschäftsführer der Bregenz Tourismus & Stadtmarketing GmbH, über das aus Baden-Württemberg nach Bregenz geflossene Geld, die Konsequenzen aus dem Rechnungshofbericht und die Erwartungen in die heutige Sitzung der Stadtvertretung.

In der Begründung des hohen Stadtmarketing-Defizits wird u.a. immer angeführt, diese hingen mit den hohen Kosten im Zusammenhang mit der Fußball-EM zusammen. Hier flossen allerdings allein vom Land Baden-Württemberg rd. 600.000 an Marketingmaßnahmen direkt in den Standort Bregenz. Was war denn nun für Bregenz so kostenintensiv?

Eric Thiel: Das Land Baden-Württemberg erhielt für diesen Betrag vereinbarte Leistungen vom Festspielhaus Bregenz. Da es eine eigenständige GmbH ist, stand das Geld dem Bregenzer Festspiel- und Kongresshaus zu. Zudem wurde viel vom Land Baden-Württemberg in die überregionale Bewerbung investiert.
Das Bregenzer Stadtmarketing war nach Aussage des ehemaligen Geschäftsführers hingegen für die Abwicklung des gesamten Ticketgeschäftes sowie die Planung und die kostenintensiven Umsetzung des drei Wochen dauernden EM-Rahmenprogramms – insbesondere in den Seeanlagen mit Robo-Keeper, Human-Table-Soccer-Station, Tischkicker-Station, Torschuss-Geschwindigkeitsmessungen, Nike-Freestyler-Team, Showbühne, Aktionskünstler über 3 Wochen, EM-Strandbar, EM-Info-Point, EM-Branding der EM-Hütten und des EM-Personals etc. sowie die Bewerbung vor Ort (Inserate, Plakate, EM-Flyer etc.) – zuständig. Das Stadtmarketing sollte seine Kosten durch die Provisionserlöse beim EM-Ticketgeschäft decken. Allein aus diesen Erlösen war ursprünglich sogar ein Plus von 30.000,– Euro für das Stadtmarketing eingeplant. Diese Kalkulation des ehemaligen Geschäftsführers ging jedoch nicht auf.

In welcher Form reagiert nun die BT&StM-Gesellschaft auf den RH-Bericht. Welche Konsequenzen werden daraus gezogen?

Thiel: Sofort nach dem Bekanntwerden des Defizits wurden viele der nun vom Rechnungshof geforderten Maßnahmen bereits durch den Ausschuss und den neuen Geschäftsführer eingeleitet:
Im März 2009 wurde mit dem Aufbau eines Controlling-Systems begonnen, das seit dem 2. Quartal 2009 regelmäßig aktuelle Hochrechnungen – bezogen auf den 31. Dezember des laufenden Budgetjahres – liefert. Diese Quartalsberichte werden in den Ausschuss-Sitzungen intensiv behandelt und gezielt hinterfragt.
Vor Auftragsvergabe werden nun regelmäßig Angebote eingeholt, um leistungsgerechte Preise zu erhalten. Die gesellschaftsrechtlichen Terminvorgaben über die Einberufung der Generalversammlung (Genehmigung Rechnungsabschluss 2009) werden nun strikt eingehalten. Und die Jahresabschlüsse werden regelmäßig vom neuen Prüfungsausschuss geprüft. Unser Ziel ist es, Schritt für Schritt die Empfehlungen des Rechnungshofes umzusetzen.

Laut RH-Bericht wurde die Kontrolle durch den Ausschuss unzureichend wahrgenommen. Wie wird das nun in Zukunft geregelt?

Thiel: Mit der Überarbeitung des Internen Kontrollsystems, der zusätzlichen Einrichtung des neuen Prüfungsausschusses (gemäß § 30g Abs4a GmbH Gesetz), der die Gebarung der Gesellschaft gesondert prüft und regelmäßig überwacht und zusätzlichen Sitzungen des Ausschusses wurden seit 2009 zusätzliche Schritte gesetzt, um die Kontrolle noch weiter zu verbessern. Zuvor hatte es übrigens – bis auf das Jahr 2008 – aufgrund der dem Ausschuss vorgelegten Informationen keinen Grund zu einer Beanstandung am ehemaligen Geschäftsführer gegeben, wodurch über die Jahre ein großes Vertrauensverhältnis entstanden war.

Heute kommt der RH-Bericht in die Stadtvertretung. Was setzen Sie hier für Erwartungen?

Thiel: Ich hoffe, dass trotz der zu erwartenden Diskussionen von allen Beteiligten das Wohl von Bregenz im Auge behalten wird. Ein ausufernder Streit würde das Image von Bregenz nachhaltig schädigen und viel Arbeit zunichte machen. Und eines sollten wir nicht vergessen: Bregenz hat nachweislich stark von den beiden Großevents profitiert. So haben wir bei den Nächtigungen im Krisenjahr 2009 das hohe Niveau gehalten und werden für 2010 voraussichtlich einen neuen Nächtigungsrekord erreichen. Diese positiven Effekte gehen derzeit leider unter. Wichtig ist, aus den Fehlern zu lernen. Baldmöglichst sollte der Blick wieder nach vorne gerichtet werden.
HAPF

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