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Den Haag: Aufstand im Gefängnis

Nach dem mysteriösen Ableben von Milosevic im Gefängnis des Haager UNO-Kriegsverbrecher-tribunals haben andere Häftlinge mit einem Boykott des Essens aus der Gefängnisküche begonnen.

Dies berichtet das kroatische Internetportal „iskon.hr“ am Donnerstag unter Berufung auf serbische Medien. Die Insassen befürchten offenbar, vergiftet zu werden, nachdem Milosevic wenige Tage vor seinem Tod ähnliche Befürchtungen geäußert haben soll.

Rädelsführer des Aufstands sei der serbische Ultranationalist Vojislav Seselj. „Nach dem Tod von Milosevic habe ich mir in die Hosen gemacht vor lauter Angst, weil ich weiß, dass ich der nächste bin“, wurde Seselj vom Belgrader Boulevardblatt „Nacional“ zitiert. Er und einer Reihe von Mitgefangenen verweigerten daher seit Montag den Konsum des in der Gefängnisküche zubereiteten Essens. Sie deckten sich stattdessen im Gefängnis-Supermarkt mit Nahrungsmitteln ein, die sei dann selbst kochten. Sollte die medizinische Versorgung nicht verbessert werden, sei sogar ein Hungerstreik geplant.

Seselj hat in der Vergangenheit schon einige Sträuße mit der Anklage und Verwaltung des Tribunals ausgefochten. So bemängelte er, dass die Dokumente des Tribunals nicht ins Serbische übersetzt werden, obwohl kein Zweifel daran besteht, dass er die vor dem Gericht verwendete Sprachvariante B-H-S (Bosniakisch-Kroatisch-Serbisch) versteht.

Rückendeckung für sein jetziges Anliegen bekam der serbische Nationalistenführer vom früheren kroatischen Gefängnisinsassen Mirjan Kupreskic. „Die medizinische Versorgung der Insassen ist miserabel und ich weiß, dass sich seit meiner Zeit im Gefängnis daran nichts geändert hat. Es handelt sich um einen Kampf ums Überleben, der keine nationalen Vorzeichen hat“, sagte Kupreskic der Zagreber Tageszeitung „Vecernji list“. So sei sein Landsmann Drago Josipovic einmal trotz einer akuten Erkrankung – eine Eiterbeule auf seiner Wange – nicht behandelt worden. „Der Mann wurde verrückt vor lauter Schmerzen. Die Ärzte wollten aber nicht kommen, weil sie immer nur Mittwochs im Gefängnis sind. Als wir sahen, dass er wegen der Vereiterung nicht einmal mehr das Auge öffnen konnte, begannen wir einen Hungerstreik – und sofort war ein Arzt da.“ Kupreskic und Josipovic waren im Jahr 2000 wegen eines Massakers an Bosniaken zu mehreren Jahren Haft verurteilt worden.

Milosevic war am Samstag im Tribunalsgefängnis einem Herzinfarkt erlegen. Im Jänner waren in seinem Blut Spuren von Medikamenten gefunden, die die Wirkung der ihm verschriebenen Herzmittel aufhoben. Er beteuerte aber, diese Mittel nie eingenommen zu haben.

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