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Den Demos folgte die Schlammschlacht

Das Hohe Haus debattierte auf tiefem Niveau. Die Koalition ritt schwere Attacken gegen die Grünen und Edlinger empörte mit einem "Sieg Heil" - Ausruf.

Eine auf äußerst tiefem Niveau geführte Debatte hatte am Mittwoch der Nationalrat zu bieten. Eigentlich sollte nur eine Rechtsschutzversicherung für Exekutivbeamte sowie die Abschaffung des unbefristeten Sonderurlaubs diskutiert werden. Es kam aber – wie fast erwartet – ganz anders. Regierung und Opposition sprachen munter am Thema vorbei und führten einen heftigen Disput über die Ausschreitungen bei den Pro- und Contra-Demonstrationen rund um die Wehrmachtsausstellung vom vergangenen Samstag.

Begonnen hatte der Plenartag wenn schon nicht friedlich, so doch routiniert. In einer Aktuellen Stunde beklagten die Grünen die „verhunzte Uni-Reform“, was Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V) ihre Vorlage prompt zum „Meilenstein“ erklären ließ. Doch dann gab nur noch knapp zwölf Minuten Durchatmen, nämlich als die SP-Abgeordnete Ilse Mertel am Beginn der Beamten-Debatte tatsächlich zum Thema sprach.

Mit Sachlichkeit war es dann aber so gut wie vorbei. Der VP-Mandatar Werner Miedl sprach als erster die Demos an, und der Startschuss zu einer Orgie an teils schwer zumutbaren Untergriffen war gegeben. Ein Vorwurf jagte den anderen, tatsächliche Berichtigung folgte auf tatsächliche Berichtung, und die Lautstärke und die durch den Raum fliegenden Untergriffe zwangen die Nationalratspräsidenten Heinz Fischer (S) und Thomas Prinzhorn (F) jeweils einmal zu einer Sitzungsunterbrechung.

Einen besonderen Tiefpunkt setzte SP-Finanzsprecher Rudolf Edlinger, der am Ende der wenngleich äußerst polemischen Rede der freiheitlichen Sicherheitssprecherin Helene Partik-Pable (je nach Darstellung) „Sieg Heil“ oder „Jetzt fehlt nur noch Sieg Heil“ sagte. Während Edlinger anschließend von einem „nicht ganz passenden“ Zwischenruf sprach, entschuldigte sich der geschäftsführende Klubchef Josef Cap im Namen seiner Fraktion, was eine Weiterführung der Sitzung möglich machte.

Aber auch die Koalition ließ sich nicht lumpen, wenn es um rhetorische Tiefschläge ging. So meinte etwa VP-Sicherheitssprecher Paul Kiss zu den Grünen: „In Wirklichkeit sind sie eine Partei, die für Gewalt in diesem Land steht“. Den Grün-Abgeordneten Karl Öllinger, gegen den im Zusammenhang mit der Demo eine Sachverhaltsdarstellung vorliegt, bezeichnete er als „Rädelsführer“ der Demonstranten. Der Grüne Bundessprecher Alexander Van der Bellen fand nur mit Mühe Worte angesichts der heftigen Polemik: „Das was Sie gesagt haben, das ist letzte Klasse“.

Die Freiheitlichen konzentrierten sich bei ihren Redebeiträgen in erster Linie auf ein Foto, auf dem Öllinger unmittelbar vor Polizei-Schutzschildern zu sehen ist. Immer wieder wurde das Bild hochgehalten, um eine Beteiligung des Grün-Mandatars an Ausschreitungen darzustellen. Ebenfalls in die Mangel nahmen die Freiheitlichen den Wiener Polizei-Generalinspektor Franz Schnabl, der Öllinger zur Demo gerufen haben soll. Für Generalsekretär Karl Schweitzer steht Schnabl „als Verbindungsmann auf der Seite der Täter“.

Grüne und SPÖ empörten sich heftig über die Zulassung der rechtsgerichteten Kundgebung auf dem Heldenplatz. Cap sprach von einem „politischen Skandal“, dass die Demonstration überhaupt genehmigt worden sei. Der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz betonte, dass die mitveranstaltende Verbindung „Germania“ als neo-nazistische Organisation bekannt sei. Die Gewalttaten bei der Gegen-Demonstration verurteilten beide Parteien entschieden.

Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer (F) bemühte sich im Vergleich zu ihren Fraktionskollegen um etwas Zurückhaltung. Sie freute sich über den Beschluss der Dienstrechtsreformen, fand dann aber doch noch etwas Zeit, um die Grünen zu attackieren. Dass Öllinger zur Demo gerufen werde, weil er offenbar „so gute“ Beziehungen zum „Schwarzen Block“ habe – „das ist schon bezeichnend“. Innenminister Ernst Strasser (V) verteidigte sowohl die Zulassung der rechtsgerichteten Kundgebung als auch das Vorgehen der Polizei. Insgesamt versuchte er als einer von wenigen zu kalmieren: „Nach diesem Wochenende brauchen wir eine Demonstration der Vernunft“.

Aus dem Nationalrat mitbekommen hat Strasser zwei Wünsche der Regierungsparteien. Geprüft werden soll ein Vermummungsverbot bei Demonstrationen sowie eine Nichtzulassung politischer Kundgebungen auf dem historisch belasteten Heldenplatz.

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