Wenn die EU bis Ende Mai 300.000 Euro lockermacht, legen die Anrainerstaaten noch einmal so viel drauf: Dafür erhalten sie innerhalb von zwei Jahren die spektakulärste Ansicht des Bodenseegrunds, die je gezeichnet wurde. Unterwassertäler und Bergrücken werden sichtbar, Schiffswracks und die Überreste abgestürzter Flugzeuge kommen ans Licht. Als hätte ein vorwitziger Geselle der großen Badewanne Bodensee den Stöpsel gezogen. Martin Wessels schreibt an den letzten Zeilen der Projektskizze für Brüssel. Im Langenargener Institut für Seenforschung, das sich seit beinah 100 Jahren mit dem flächenmäßig drittgrößten See Mitteleuropas befasst, wartet auch die „Kormoran“ auf ihren Einsatz. Auf diesem 75-Tonner kann das Team rund um Wessels bequem ein Fächerecholot und zwei Rechner mitführen, um im Spätwinter 2013 die tiefen Stellen des Sees auszumessen. Ein Flugzeug soll im Spätwinter 2014 dann mit einem Laser die flachen Wasserzonen abtasten. In dieser Jahreszeit findet Wessels zwei entscheidende Vorteile: „Das Wasser ist gleichförmig kalt.“ Damit pflanzt sich der Schall des Echolots mit beständiger Geschwindigkeit fort. „Und im Spätwinter trüben keine Algen das Wasser.“ Der Laser dringt ungehindert in die Tiefe.
Die dritte Vermessung
Bedrohungen abwehren
Fuhrmann zeichnet Bedrohungsszenarien. 400 Millionen Liter Heizöl wollten die Eidgenossen 1981 in Felskavernen im Calanda-Massiv bei Chur einlagern. Menschen rund um den See befürchteten eine Umweltkatastrophe, sollte Öl über den Alpenrhein in den Bodensee getragen werden. Der Kavernenspeicher Haldenstein kam zwar nie zustande. Doch „mit der neuen Vermessung können wir präzise vorhersagen, wie sich Schadstoffeinträge im See verteilen“. Das erleichtert Gegenmaßnahmen. Die neuen Daten würden exakte Unterwasserprofile der Flussmündungen liefern. Die sind für Kraftwerkspläne im Unterlauf der Bregenzerach genauso von Belang wie angesichts der regelmäßigen Niedrigwasserstände. Wenn die weiße Flotte nicht mehr überall anlegen kann, wachsen die Begehrlichkeiten nach Ausbaggerungen. „Die Echolotdaten werden uns deutlich sagen, was wirklich nötig ist.“ Denkmalschützer hoffen auf bislang unbekannte Überreste von Pfahlbauten. Eine Liste antiker Schiffswracks hat Martin Wessels mittels Sidescan-Sonar für das deutsche Seeufer bereits estellt. Baden-Württemberg hält sie jedoch unter Verschluss, um Abenteurer nicht auf dumme Gedanken zu bringen. Wessels kann den Reiz der geplanten lückenlosen Vermessung des Bodensees sogar beziffern: 1000 Mal genauer werden die Daten sein. In den 1980er-Jahren sind sie mit dem Echolot in 200-Meter-Abständen über den See getuckert. Jetzt soll alles perfekt werden. Sofern die EU die Hälfte der Kosten trägt. „Die Entscheidung fällt Ende Mai.“
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