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Del Ponte dementiert Festnahme Mladics

Der als Kriegsverbrecher gesuchte Militärführer der bosnischen Serben, Ratko Mladic, ist noch immer auf freiem Fuß. Das teilte die Chefanklägerin des UNO-Kriegsverbrechertribunals mit.

Der mutmaßliche bosnisch-serbische Kriegsverbrecher Ratko Mladic ist nach Angaben der Chefanklägerin des UNO-Tribunals für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) nach wie vor auf der Flucht. Der Ex-General befinde sich aber „ohne jeden Zweifel in Serbien“, erklärte Carla Del Ponte am Mittwoch in Den Haag. Es gebe „keine Hinweise auf Verhandlungen zur Aufgabe“. Bei einer Pressekonferenz dementierte Del Ponte damit Berichte serbischer und bosnischer Medien, wonach Mladic bereits festgenommen worden sei bzw. wonach Verhandlungen mit den serbischen Behörden im Gange seien, damit er sich ergebe.

Zuvor war aus Sicherheitskreisen in Belgrad verlautet, die Regierung führe Gespräche mit dem Militärführer der bosnischen Serben im Bosnien-Krieg (1992-95), die auf dessen Aufgabe abzielten. Unter anderem hatte die amtliche Nachrichtenagentur Tanjug am Dienstagabend die Festnahme Mladics gemeldet. Schon am Dienstag dementierten die serbische Regierung und sowohl die Tribunalssprecherin als auch die Sprecherin von Carla del Ponte die angebliche Verhaftung des Gesuchten.

Del Ponte erklärte am Mittwoch, die „falschen Gerüchte“ aus Belgrad entbehrten jeglicher Grundlage. „Ratko Mladic ist in Serbien, daran besteht kein Zweifel“, betonte sie. Er habe sich schon seit 1998 dort aufgehalten und hätte jederzeit gestellt werden können; er befinde sich in Reichweite der Behörden. Die Chefanklägerin forderte erneut die sofortige Festnahme sowohl dieses Angeklagten als auch jene des einstigen politischen Führers der bosnischen Serben, Radovan Karadzic. Er ist wie Mladic seit Jahren untergetaucht.

Del Ponte rief die Europäische Union auf, den Druck auf die Regierung in Belgrad zu erhöhen, Ultimaten zu stellen und mit Sanktionen zu drohen, falls Mladic nicht ausgeliefert werde. Die Regierung wisse, dass die Annäherungsgespräche zwischen der EU und Serbien ausgesetzt werden könnten, falls Belgrad nicht mit dem Haager Tribunal zusammenarbeite, meinte sie. Die Pressekonferenz wurde in Belgrader Medien live übertragen. Die EU hat Belgrad mit dem Abbruch der Gespräche über engere Beziehungen gedroht, sollte der Flüchtige nicht bis Ende dieses Monats gefasst sein.

Unterdessen halten sich Spekulationen über Verhandlungen mit Mladic: Die private Nachrichtenagentur Fonet meldete, dass solche Gespräche seit Dienstag in Belgrad liefen. Unter Berufung auf einen Spitzenfunktionär des bosnisch-serbischen Innenministeriums hieß es, der bosnisch-serbische Polizei-Generaldirektor Dragomir Adnan halte sich aus diesem Grund in der serbischen Hauptstadt auf. Adnan sei dazu bereit, Mladic nach Bosnien-Herzegowina zu bringen, und sich von dort aus mit ihm nach Den Haag zum ICTY zu begeben. Der Sprecher Adnans, Radovan Pejic, wollte die Angaben aus den Sicherheitskreisen nicht bestätigen. Adnan befinde sich auf einer Geschäftsreise, er wisse allerdings nicht wo, sagte Pejic.

Das ICTY hat Mladic wegen Völkermordes, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in insgesamt 15 Fällen angeklagt. Der Ex-General wird unter anderem für das Massaker von Srebrenica verantwortlich gemacht. In dieser UNO-Schutzzone wurden im Juli 1995 rund 8.000 moslemische Buben und Männer von bosnisch-serbischen Truppen getötet.

In Medienberichten hatte es geheißen, Mladic sei im Cer-Gebirge rund 100 Kilometer westlich von Belgrad, entdeckt worden. In anderen war von einem Versteck in Belgrad die Rede. „Sollte Mladic irgendwo in Belgrad aufgespürt werden, dann wäre dies äußerst peinlich für die Regierung“, sagte der Militärexperte Aleksandar Radic zu den Vermutungen. „Es würde nämlich bedeuten, dass Teile des staatlichen Sicherheitsapparats die ganze Zeit von seinem Aufenthaltsort gewusst haben.“ Die serbische Regierung hat stets betont, sie wisse nicht, wo Mladic untergetaucht sei.

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