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Debatte in der Schweiz über internationale Rassismusvorwürfe

US-Talkmasterin Oprah Winfrey soll in einer Zürcher Edelboutique schlecht behandelt worden sein, und das Kleinstädtchen Bremgarten im Kanton Aargau sorgte für Aufsehen
US-Talkmasterin Oprah Winfrey soll in einer Zürcher Edelboutique schlecht behandelt worden sein, und das Kleinstädtchen Bremgarten im Kanton Aargau sorgte für Aufsehen ©EPA
Zwei Vorfälle in der Schweiz, die inhaltlich nichts miteinander zu tun haben, sorgen international für einen medialen Sturm. Wie rassistisch ist die Schweiz, lässt sich dieser zusammenfassen.

Zum einen soll US-Talkmasterin Oprah Winfrey in einer Zürcher Edelboutique schlecht behandelt worden sein, und zum andern sorgte das Kleinstädtchen Bremgarten im Kanton Aargau für Aufsehen.

Beim Einkaufsbummel in Zürich habe eine Verkäuferin Oprah Winfrey eine Handtasche nicht zeigen wollen, klagte Winfrey jüngst ihrem Kollegen Larry King im Sender Ora.tv ihr Leid. “Ich habe der Frau gesagt: ‘Ich würde gerne die Tasche aus der Vitrine sehen’. Und sie antwortete: ‘Nein, die ist zu teuer’.” Mit einem geschätzten Vermögen von 2,8 Milliarden Dollar ist Winfrey eine der reichsten Frauen der Welt.

Und im Bremgarten versuchten Behörden Asylwerbern den Zugang zu öffentlichen Plätzen wie dem Freibad zu erschweren. Internationale Medien wie “Der Spiegel”, die ARD oder “The Independent” kannten laut der Schweizer Sonntagspresse in ihrer Berichterstattung keinen Grund zur Zurückhaltung und sprachen von Rassismus und gar Apartheid.

Die Rassismusvorwürfe gehen jedoch selbst den kritischsten Menschenrechtsexperten in der Schweiz zu weit. Georg Kreis, früherer Präsident der Rassismuskommission (EKR), sieht im Fall Bremgarten zwar Diskriminierung von Flüchtlingen. Von Rassismus zu sprechen, hält er aber für überzogen.

Schweiz provoziert selbst

Dennoch provoziert die Schweiz laut der “SonntagsZeitung” die Anschuldigungen offensichtlich selbst. Die aktuelle EKR-Präsidentin Maya Brunschwig Graf hält fest, es lasse sich nicht wegdiskutieren, “dass es in der Schweiz eine schlechte Stimmung gegenüber Asylsuchenden und insbesondere Roma gibt”. Sie sieht auch in der Politik ein Motiv für vorschnelle und teilweise ungerechtfertigte Vorwürfe aus dem Ausland: Schutz von Steuerflüchtigen, Abseitsstehen bei politischen und militärischen Bündnissen. Für Brunschwig Graf scheint es, dass die Eidgenossenschaft “weniger politischen Schutz und Goodwill genießt” als andere Staaten.

Im Inland selbst wird die reale politische Debatte laut Kritikern seit vielen Jahren von der nationalkonservativen Volkspartei (SVP) angetrieben. Ausgrenzungen und ausländerfeindliche Parolen gehörten immer öfter zu ihren Instrumenten, argumentieren sie.

An die Grenze gegangen

Andy Tschümperlin, Fraktionschef der Sozialdemokraten (SP), fasst dies so zusammen: Man müsse nur auf die letzten Abstimmungen schauen, zum Beispiel die Ausschaffungsinitiative und die Anti-Minarett-Initiative, “und schon weiß man, warum wir verdächtigt werden, fremdenfeindlich zu sein”.

Selbst SVP-Nationalrat Roland Büchel, der gegenüber der BBC zu den Fällen Winfrey und Bremgarten Auskunft gegeben hat, räumt laut dem Blatt ein: “Wir sind mit manchem Plakat an die Grenze gegangen.” Anders sieht es SVP-Chef Toni Brunner. Die Vorwürfe aus dem Ausland seien nicht ernst zu nehmen. “Hier spricht nur Neid und Missgunst wegen unseres wirtschaftlichen Erfolgs.”

Der EKR sind rassistische Tendenzen in der Schweizer Politik allerdings schon länger ein Dorn im Auge. Man beobachte vor allem auf lokaler Ebene, dass sich Politiker ihrer Vorbildfunktion nicht immer bewusst seien und mit diskriminierenden Aussagen eine rassistische Stimmung verbreiteten.

23 Prozent Ausländeranteil

Unbeeindruckt von der medialen Berichterstattung gibt sich unterdessen das Schweizer Außenministerium (EDA). Auf Anfrage der “SonntagsZeitung” heißt es, die beiden Ereignisse um Winfrey und Bremgarten würden im Ausland nur punktuell von Online-Medien thematisiert. “Von einem eigentlichen Image-Problem kann zurzeit nicht ausgegangen werden.”

Die Zeitung “Schweiz am Sonntag” schreibt, dass der “Hort der Rassisten” rekordverdächtig viele Asylsuchende aufnehme. Österreich, Deutschland, Frankreich oder Großbritannien würden im Verhältnis zur Bevölkerungszahl viel weniger Asylsuchenden Schutz bieten, nur Schweden liege vor der Schweiz. Mit einem Ausländeranteil von 23 Prozent belege die Eidgenossenschaft in Europa gar den Spitzenplatz.

Auch Fall in Vorarlberg thematisiert

Das Blatt macht auch auf Vorfälle in Nachbarstaaten der Schweiz aufmerksam: So hätten etwa im Juli zwei Soldaten der Bundeswehr ein Asylwerberheim in Thüringen mit Feuerwerkskörpern beschossen und den Hitlergruß gemacht. In den Medien sei der Vorfall kaum aufgenommen worden.

International auch kaum thematisiert worden sei ein Fall in Vorarlberg vom Jänner, als ein Flüchtlingsheim mit einem Molotow-Cocktail in Brand gesteckt wurde. Gegen die zwischenzeitlich ausgeforschten mutmaßlichen Täter wurde Anklage erhoben. Bei dem Brandanschlag wurde niemand verletzt.

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