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Das Leben geht weiter

Lotte Dietrich, Erna Feiner (vl). Ohne die ehrenamtlich arbeitenden Frauen und Männer geht bei „Tischlein deck dich“ nichts.
Lotte Dietrich, Erna Feiner (vl). Ohne die ehrenamtlich arbeitenden Frauen und Männer geht bei „Tischlein deck dich“ nichts. ©Edith Rhomberg
Elmar Stüttler verhindert das Wegwerfen von Nahrungsmitteln. „Tischlein deck dich“ verteilt sie an Bedürftige. 
Tischlein deck dich in Dornbirn

Dornbirn. Ein Berg Wassermelonen, kistenweise gelbe Paprika, viele Packungen Toastbrot und Fruchtsäfte eines namhaften Herstellers sind im Angebot. Vieles davon ist aus den Regalen der Konsumtempel geflogen, manches schaffte es gar nicht bis dort hin. In der Tiefgarage des Kolpinghauses spielen sich wöchentlich die gleichen Szenen ab, nach dem Drehbuch von Franz Wölfler (geb. 1949), der seit neun Jahren als Ausgabeleiter bei „Tischlein-deck-dich“ ganz schön hart arbeitet, ehrenamtlich. Gemeinsam mit den fleißigen Händen des ganzen Teams verwandelt er den unterirdischen Ort für wenige Stunden in einen Supermarkt.

Obwohl auf 40 Tischen fast alles zu bekommen ist, was man so zum Leben braucht, wählt man hier nicht unter 50 Sorten sein Lieblingsjoghurt aus. Die Frauen und Männer sind nicht wählerisch. „Wichtig ist, dass sie und ihre Kinder gutes Essen haben, das sie sich sonst nicht leisten könnten“, sagt Wölfler. Dazu gehört Abdulhalim, 45, aus Syrien, der für seine Frau und die vier Kinder in der Reihe steht. „Noch ein Monat, dann habe ich B 2 in Deutsch und finde hoffentlich eine Arbeit“, sagt der Mann. Er und Menschen aus 20 Nationen sind dankbar für die Lebensmittel, die ohne die karitative Institution von Toni-Russ-Preisträger Elmar Stüttler auf dem Müll gelandet wären. Etwa 30 Tonnen intakte Waren, die vom aufgedruckten Datum zu Abfall gestempelt werden, bekommen so ein zweites Leben. Jede Woche wird diese Menge mit elf eigenen Fahrzeugen im Land verteilt und an Bedürftige ausgegeben.

Viele Helfer im Einsatz

Mit der Anlieferung und dem Entladen der Lieferautos geht es los. Jeder Handgriff sitzt. Zu dem eingespielten Team gehören allein in Dornbirn 40 ehrenamtlich arbeitende Frauen und Männer, so auch Robert Pechlaner. „Robert steht seit Jahren jeden Donnerstag um halb zwei parat und ist mit mir meistens der letzte, der die Tiefgarage nach dem Aufräumen verlässt“, sagt Franz Wölfler. „Dass man hilft, ist sehr wichtig“, meint daraufhin der 50-Jährige fröhlich und wendet sich rasch wieder seiner Arbeit zu.

Nach und nach finden sich die Menschen ein, die Zugang zum unentgeltlichen Bezug der Lebensmittel haben. Es gibt kein Drängen, alles läuft geregelt ab. Jeder weiß, wann er dran ist, wird namentlich aufgerufen und um die Vorlage der Berechtigungskarte gebeten. Nach der Entrichtung eines symbolischen Beitrages von je einem Euro pro Erwachsenem und 50 Cent pro Kind geht es weiter zu den Tischen. Ein dankbares Strahlen erhellt gerade das Gesicht einer Frau, die eine große Packung Scheibenkäse entgegennimmt. „Wir begegnen den Warenempfängern auf Augenhöhe, mit Empathie und Respekt“, betont Franz Wölfler. „Vorarlbergweit sind es etwa 3000 Personen – hochgerechnet auf die Familienmitglieder der Bezieher – die durch diese Privatinitiative versorgt werden“ weiß er. Bei der Administration unterstützt ihn heute Valentin aus Schruns, der vor kurzem maturiert hat.

Ein paar Männer warten indessen draußen. So auch Filipo, der Italiener sei. „Es ist nicht einfach“, sagt der 54-Jährige, „aber Dank dieser Hilfe geht das Leben weiter“. Er ist seit sechs Jahren im Trubel, wie er seine Situation beschreibt. Als „beste Sache, die es gibt“, bezeichnet Richard, 48, „Tischlein deck dich“. Mit einem Lächeln verlässt er später das Areal und begleitet seine Bekannte samt voller Tasche nach Hause.

 

 

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