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"Das Ländle ist viel offener geworden"

Johannes Gasser will nicht "demonstrativ der schwule Landtagsabgeordnete" sein.
Johannes Gasser will nicht "demonstrativ der schwule Landtagsabgeordnete" sein. ©Sams
Der 28-jährige Johannes Gasser könnte im Herbst für die NEOS als Vorarl­bergs erster geouteter Homosexueller in den Landtag einziehen. Mit W&W sprach der Mellauer über sein Outing, Vorarlberg im Wandel und eine offene Gesellschaft im Ländle.

Von: Harald Küng (WANN & WO)

Schon als Gymnasiast am BORG Egg war sich Johannes Gasser seiner Homosexualität bewusst. Gleichzeitig war er damals aber überzeugt, dass Vorarlberg für ihn nicht der richtige Ort sei, um sich entfalten und so leben zu können, wie er möchte. Nach der Matura „flüchtete“ Gasser mit 18 Jahren nach Wien, um zu studieren – sein Coming-out in seiner Familie und seinem Freundeskreis ging zeitgleich mit seinem Umzug einher. „Als ich das Ländle verließ, vertraute ich mich meinen Eltern an – sie nahmen es aber sehr offen und gelassen auf. Ich hatte dennoch das Gefühl, dass die Leute im Ländle einfach noch nicht so weit sind, ich nicht die selben Chancen erhalte, wie eine heterosexuelle Person und ich unbedingt aus Vorarlberg weg muss“, erzählt der Bregenzerwälder ganz offen und fügt hinzu: „Ich war mir auch nicht sicher, ob ich jemals nach Vorarlberg zurückkommen werde“.

„Es hat sich viel getan“

Gasser studierte in Wien Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre und trat 2013 den NEOS bei, wo er sich im Parlamentsclub für Sozial-, Familien- und Gleichstellungspolitik stark machte. In der Großstadt war seine Homosexualität kein Thema. „In meinem Wiener Freundeskreis war das kein Geheimnis und auch überhaupt kein Problem.“ Nach einigen Jahren in der Bundeshauptstadt entschied sich Gasser für ein Auslandsstudium in den Niederlanden. „Nach meinem Master in Economic Policy stellte ich mir die Frage: Was machst du jetzt? Zurück nach Wien? Oder doch wieder ins Ländle?“ Der Naturliebhaber entschied sich schließlich für die Rückkehr in seine alte Heimat. „Ich hatte während all der Jahre natürlich immer wieder den Blick auf Vorarlberg gerichtet und stellte fest: In den vergangenen zehn Jahren hat sich in Sachen Gleichstellung und Umgang mit Homosexualität sehr vieles getan. Das Ländle, aber auch der Bregenzerwald, sind viel offener und progressiver, als ich es erwartet hätte. Ich hatte auch keine Lust mehr auf die Großstadt und entschied mich dazu, wieder in den Bregenzerwald zu ziehen. Zudem wollte ich wieder näher bei meiner Familie sein.“

„Möchte ein Zeichen setzen“

Im Herbst könnte der 28-Jährige als erster geouteter Homosexueller für die NEOS im Vorarlberger Landtag sitzen, am vergangenen Wochenende sprach er zudem auf dem Christopher Street Day in Bregenz. „Ich wünschte, den CSD hätte es vor zehn Jahren schon gegeben, das hätte mir und anderen Betroffenen das Coming-out sicher erleichtert. Wenn ich nun hinstehe und mich offen als homosexueller Politker oute, möchte ich damit ein Zeichen setzen und jungen Leuten zeigen, dass man im Ländle alles schaffen kann, egal, welche sexuelle Orientierung man hat. Es geht mir aber nicht darum, demonstrativ der schwule Landtagsabgeordnete zu sein. Für mich steht eine Politik im Vordergrund, die zeigt, wie innovativ, modern und offen Vorarlberg ist.“

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