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Das Ende einer Flüchtlings-Odyssee

Im VOL.at-Interview berichtet ein Flüchtling in mehreren Teilen von seiner Odyssee aus Tunesien bis nach Vorarlberg. Mit Teil 3 endet Achmeds Geschichte.
Teil 3: Quer durch Europa und zurück
Das Ende einer Flüchtlings-Odyssee
Teil 2: Katastrophe auf Lampedusa
Lampedusa, eine Katastrophe
Flüchtlingslager auf Lampedusa
Eine Flüchtlings-Odysee Teil 1
Teil 1: Flucht aus Tunesien überlebt
Flucht aus Tunesien in Bildern

Da immer mehr Flüchtlinge aus Tunesien auf Lampedusa ankamen und das Lager ohnehin schon überfüllt war, musste ein Teil der Flüchtlinge außerhalb des Lagers am Hafen im Freien campieren. Die Menschen, die hier bleiben mussten, hatten kein Dach über dem Kopf und mussten zwei bis drei Tage im Freien ausharren, erzählt Ahmed* im Interview.

Verschiffung nach Catania

Ahmed* selbst wurde zusammen mit rund 500 anderen Flüchtlingen nach elf Tagen auf Lampedusa  mit einem italienischen Kriegsschiff nach Catania gebracht. Auch diese Überfahrt hat Ahmed mit seiner Kamera festgehalten, auch hier sind die Bilder schockierend. Eingepfercht im Laderaum, ohne ausreichende Verpflegung mussten die Flüchtlinge fast 40 Stunden auf dem blanken Stahlboden ausharren, bevor sie im Lager in Catania ankamen.

„In Catania war es viel besser, das Lager war hier sehr sauber und schön“, erzählt Ahmed* im Interview. Obwohl auch hier keine Informationen der Behörden erfolgten, was nun weiter mit den Flüchtlingen geschieht, war die Versorgung sehr gut. Die Flüchtlinge erhielten Ausweise vom Roten Kreuz, mit denen sie sich in verschiedenen Lokalen in Catania selbst versorgen und  auch frei in Italien bewegen konnten.

Aus dem Lager in die Illegalität

Bereits kurz nach seiner Ankunft bemerkte Ahmed*, dass sich immer wieder Flüchtlinge, teils in Gruppen, teils alleine, aufmachten und dem Lager den Rücken kehrten. Die Behörden schienen nicht sonderlich daran interessiert zu sein und so verschwand ein Großteil der Flüchtlinge aus dem Lager und tauchte unter. Auch der junge Tunesier wollte so schnell wie möglich vom Lager weg und endlich seinen Freund erreichen, der ihm ja eine Arbeit und Papiere versprochen hatte.  Zu Fuß marschierte er fast 30 Kilometer bis zum nächsten Bahnhof. Mit seinem letzten Geld kaufte er sich eine Fahrkarte bis Rom.

„In Rom habe ich zehn Tage in einem Park geschlafen, bis ich ein wenig Geld von einem Bekannten bekommen habe, um weiterzufahren“, schildert  Ahmed und man merkt ihm an, wie sehr ihn das Erlebte immer noch mitnimmt. Weiter ging die Reise mit der Bahn nach Ventimiglia an der französischen Grenze. Zu Fuß überquerte er die Grenze, immer in der Angst, aufgegriffen zu werden. Nachdem er sicher in Frankreich angekommen war, suchte er den nächsten Bahnhof und nahm einen Zug weiter nach Toulouse, wo er seinen Freund treffen wollte. In Toulouse angekommen, konnte er aber den Freund nicht finden, die Adresse die ihm dieser noch in Tunesien gegeben hatte, war falsch. „Da ich nicht wusste, was ich nun tun sollte, fuhr ich mit dem Zug von Toulouse nach Bordeaux, denn dort wohnt ein anderer Bekannter, bei dem ich unterkommen wollte“. Doch auch hier konnte er nicht dauerhaft bleiben und so kontaktierte er in seiner Verzweiflung seine Bekannten in Vorarlberg.

Zurück in die Heimat

Trotz des Risikos konnte Ahmed sich einige Tage erholen, bevor er erneut über Frankreich und Italien zurück nach Tunesien fahren konnte. „Ich dachte ich könnte in Europa ein besseres Leben führen und Geld verdienen, aber das war ein Irrtum. Nun weiß ich, dass es ein Fehler war, illegal nach Europa zu reisen, es gibt auf diesem Weg keine Möglichkeit, Arbeit zu finden“, erklärt er uns abschließend. Ahmed ist froh, dass seine Odyssee so glimpflich geendet hat und er weiß, wie viel Glück er hatte. Glück, dass viele andere Flüchtlinge nicht haben.

* Name von der Redaktion geändert

Quer durch Europa und zurück:

 

(VOL.at)

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