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Dachdecker wollte er eh nie werden

Der Berliner Aktivist für Inklusion und Barrierefreiheit Raul Krauthausen im Interview.
Der Berliner Aktivist für Inklusion und Barrierefreiheit Raul Krauthausen im Interview. ©Barbara Schmid
Raul Krauthausen zu Besuch in Feldkirch beim Heilpädagogischen Kongress.
Raul Krauthauser

Feldkirch. (etu) Der Aktivist für Inklusion und Barrierefreiheit, Raul Krauthausen, war im Zuge des 21. Internationalen Heilpädagogischen Kongresses in Feldkirch. Er gab persönliche Einblicke in sein neues Buch und sprach über seinen Wunsch, dass jedes Individuum von der Gesellschaft akzeptiert wird.

Sie lasen soeben aus ihrem Buch „Dachdecker wollte ich eh nie werden“. Der Titel verrät eine selbstironische Seite von Ihnen. Wie schreiben Sie über den Umgang mit Handicaps?
Raul Krauthausen: Mut zeigen! Mein Berufsberater hat mir empfohlen, eine Werkstätte aufzusuchen, doch meine Mutter wollte das nicht. Genau darum geht es. Man muss die individuellen Wünsche der Menschen fördern. Dazu ist ein Gespräch mit den Eltern und den Betroffenen empfehlenswert. Die meisten Menschen mit Behinderungen sind unterfordert – und können sich so nicht entfalten.

Was halten Sie von der Inklusion in Österreich und durften Sie bereits Erfahrungen machen?
Raul Krauthausen: In Österreich noch nicht. Aber in Deutschland wird (leider) oft „Etikettenschwindel“ betrieben. Öffentliche Einrichtungen werden umgetauft, ohne dass eine Person mit Beeinträchtigung sich darin aufhält. Ich wünsche mir, dass jeder seinen Platz findet, wo er respektiert wird. Der nächste Schritt ist die von der UNO-Konvention verordnete Verpflichtung zur Inklusion im Bildungsbereich. Die vorschreibt, dass Schüler mit und ohne Behinderung in einer Klasse unterrichtet werden.

Die Heilpädagogik rückt bei ihren Kongressen die Gesundheit und Krankheiten des Menschen in den Mittelpunkt. Was raten Sie, wie man psychischen Belastungen vorbeugt?
Raul Krauthausen: Ich selbst sehe mich nicht als krank. Obwohl jeder ständig meine Diagnose hören möchte. Einige Menschen mit Behinderung fallen in eine Depressionen, dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten zur Vorbeugung: Großteils liegt es daran, dass Menschen mit Behinderungen mit Samthandschuhen angefasst werden. Beispielsweise die Morbus-Down-Erkrankten werden oft getätschelt. Wichtig wäre hier, eine erfüllende Beschäftigung zu bieten. Die von der Gesellschaft anerkannt wird.

Was raten Sie Menschen, die einen Schicksalsschlag erleiden und dadurch in ein „Loch“ fallen?
Raul Krauthausen: Hören Sie nicht auf den Rat eines Nichtbehinderten! Es ist wichtig, sich selbst Zeit zu lassen und die „sechs Phasen der Trauer“ durchzustehen. Selbsthilfegruppen zeigen auf, wie Menschen mit denselben oder ähnlichen Erfahrungen umgehen.

Mit welchen Projekten beschäftigten Sie sich derzeit?
Raul Krauthausen: Beim Vortrag habe ich mein Projekt „Sozialhelden“ vorgestellt. Wer etwas verändern will, braucht keinen roten Umhang und keine Superkräfte. Engagement, Überzeugung und Mut reichen. Unsere sozialen „Heldentaten“ sind der beste Beweis dafür. Egal, ob wir den Super-Zivi suchen oder Busse einen Tag barrierefrei machen – unsere Aktionen wecken Aufmerksamkeit statt Mitleid.

Vielen Dank für das Gespräch!

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