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Corona-Hilfen: 6,4 Mrd. Steuern gestundet - 1,4 Mrd. für Liquidität

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) im Rahmen einer PK mit dem Titel "Aktuelle Hilfen für die Wirtschaft"
Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) im Rahmen einer PK mit dem Titel "Aktuelle Hilfen für die Wirtschaft" ©APA/ROLAND SCHLAGER
Am Montag hat Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) nochmals die verschiedenen Corona-Hilfen für Unternehmen erläutert und dabei gleich eine Erweiterung des Fixkostenzuschusses angekündigt.
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Unternehmen wurden bisher rund 6,4 Mrd. Euro an Steuern gestundet. 5 Mrd. Euro davon bleiben den Firmen dank des sogenannten Verlustrücktrags tatsächlich als Liquidität, sagte Blümel vor Journalisten.

100-prozentiger Fixkostenzuschuss für besonders Betroffene

Für Betriebe aus besonders betroffenen Branchen kündigte der Politiker einen 100-prozentigen Fixkostenzuschuss an - etwa für Nachtgastronomie, Veranstalter oder Reisebüros. Bisher gab es bis zu 75 Prozent.

Die zweite Phase des Fixkostenzuschuss startet im September. Die EU-Kommission muss noch ihr Okay geben. Seit Anfang Juni zahlt der Staat bereits einen Zuschuss für Fixkosten bis zu 90 Millionen Euro pro Unternehmen, der nicht zurückbezahlt werden muss. Bisher stammt die überwiegende Mehrheit der Anträge von kleinen Unternehmen, mit durchschnittlichen Fixkosten in Höhe von rund 10.000 Euro.

Blümel über "trübe Aussichten"

"Auch wenn die Stimmung in der Wirtschaft langsam besser wird, wird es weiterhin Branchen geben, für die die Aussicht über den Herbst hinaus trüb bleibt", sagte Blümel. Die gänzliche Fixkostenerstattung soll den betroffenen Unternehmen nun langfristig helfen.

Eine weitere Entlastungsmaßnahme ist der Verlustrücktrag. Mit der heute in Begutachtung gehenden Verordnung können betriebliche Verluste aus dem Coronajahr in Höhe von bis zu 5 Millionen Euro in das Jahr 2019, in bestimmten Fällen sogar in 2018 (bis zu 2 Mio. Euro), rückgetragen werden. Dadurch wird die Steuerlast für die guten Vorjahresergebnisse sofort gesenkt und den Unternehmen Liquidität zu Verfügung gestellt. Anträge sind auf FinanzOnline möglich.

Steuerlast für Gewinne aus 2019 wird sofort reduziert

"Normalerweise würde der Verlustrücktrag erst in der Veranlagung des Jahres 2020, also etwa Mitte 2021, berücksichtigt werden", sagte Blümel. "Das ist für viele Unternehmen zu spät. Um jetzt zu helfen, werden Betriebe ihre Steuerlast für Gewinne aus 2019 sofort reduzieren können."

Der Verlustrücktrag und diese Sonderregelung bringen eine schnelle Liquiditätsspritze für österreichische Unternehmen in der Größenordnung von etwa 5 Mrd. Euro, betonte Blümel. "Für die Unternehmen heißt das, dass zum Beispiel heuer gestundete Steuern nicht vollständig bezahlt werden müssen." Bisher gestundet wurden Steuern in der Höhe von 6,4 Mrd. Euro.

Ausweichender Umgang mit Frage nach parlamentarischer Kontrolle

Auf die Frage, ob die Corona-Hilfen, die von der staatlichen Agentur COFAG vergeben werden, auch parlamentarisch kontrolliert werden, wie es die Opposition fordert, blieb Blümel ausweichend. Dem, was das Parlament beschließe, werde nachgekommen, so der führende ÖVP-Politiker. Freilich hat die Volkspartei mit den Grünen die entscheidende Mehrheit, um eine parlamentarische Kontrolle in Form eines Unterausschusses des Budgetausschusses zu ermöglichen.

Blümel verteidigte lieber das aktuelle Konstrukt. Alle Parteien und Sozialpartner seien unter Wahrung des Bankgeheimnis in den COFAG-Beirat eingebunden. Diese "breite Einbindung" müsse in Anspruch genommen werden. Der Beirat hat kein Vetorecht.

Prämie der Regierung für investierende Unternehmen

Für Unternehmen, die in der Krise investieren, hält die Regierung eine Prämie parat. Die Details für diese sogenannte Investitionsprämie stehen nun fest. Eine Beantragung sei damit ab 1. September über die staatliche Förderbank aws möglich, teilte das Wirtschaftsministerium mit. Die Prämie von 7 Prozent - oder 14 Prozent, wenn die Investition im Zusammenhang mit Digitalisierung, Ökologisierung, Gesundheit und Life Science steht - soll helfen, dass Unternehmen ihre Investitionen trotz der Coronakrise nicht aufschieben. Während die Pharmaindustrie große Hoffnungen in die Prämie setzt, kritisiert die Autoindustrie die Maßnahmen als "völlig wirkungslos", weil klimaschädliche Investitionen von der Prämie ausgeschlossen sind.

NEOS: Agentur endlich parlamentarisch kontrollieren

Die NEOS haben die Verlängerung und Ausweitung des Fixkostenzuschusses im Rahmen der Corona-Wirtsschaftshilfen zwar begrüßt, eine parlamentarische Kontrolle der Coronahilfen und der abwickelnden Agentur COFAG sei jetzt aber umso notwendiger. Bei der "Blackbox COFAG" sei vollkommen unklar, wohin die Gelder fließen, kritisiert Wirtschaftssprecher Josef Schellhorn.

Er erhielt nun laut eigenen Angaben auf seine parlamentarische Anfrage, warum bei der Vergabe des Fixkostenzuschusses personenbezogene Daten an ein Call-Center eines ÖVP-Funktionärs (M3) weitergeleitet worden seien, vom Finanzministerium die Antwort: "Die vorliegenden Fragen betreffen operative Angelegenheiten der COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG, Anm.) und somit keine in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) fallenden Gegenstände der Vollziehung (...)."

"So einen Umgang mit kritischen Fragen ist mehr als bedenklich", so Schellhorn in einer Aussendung. "Es ist Wahnsinn, dass sich nicht einmal das Bundesministerium für Finanzen für die COFAG zuständig fühlt und die weitermachen können, wie sie wollen, ohne dass ihnen das Parlament auf die Finger schauen kann." Es müsse klar nachvollziehbar sein, wie die Hilfsgelder abgewickelt werden. Momentan sei es aber so, dass Milliarden in COFAG fließen und unten tröpfle nur ein Bruchteil an Hilfsgeldern heraus.

"Der Einsatz eines COVID-19-Unterausschusses des Budgetausschusses zur Kontrolle der Corona-Hilfen sei daher längst überfällig", so Schellhorn. "Im Augenblick ist es politischer Wille, welche Infos die Abgeordneten bekommen, doch der politische Wille ist offenbar bei Türkis-Grün nicht vorhanden."

Transportwirtschaft profitiere bei Investitionsprämie nicht genug

Blümel hatte die Konstruktion am Montag einmal mehr als transparent verteidigt. Sozialpartner und Parteien seien im Beirat eingebunden. Dieser hat allerdings kein Vetorecht gegen Vergaben, kritisierten mehrmals zuletzt auch SPÖ und FPÖ vehement.

Von der Wirtschaftskammerspitze hieß es am Montag, dass die Investitionsprämie und der erweiterte Fixkostenzuschuss "wichtige Impulse für Investitionen und Beschäftigung darstellten", so WKÖ-Präsident Harald Mahrer und -Generalsekretär Karlheinz Kopf (beide ÖVP). Die Investitionsprämie wirke vor allem auch positiv auf die Standortentwicklung.

"Einziger Wermutstropfen dieses Modells ist, dass die Transportwirtschaft nicht in gleichem Ausmaß wie viele andere Branchen von der Investitionsprämie profitieren kann. Denn Investitionen in fossile Energieträger sind von der Prämie insgesamt ausgenommen", bedauerte Kopf in einer Aussendung. "Besonders umweltfreundliche Euro 6-Fahrzeuge" seien nicht förderfähig. "Das ist für uns völlig unverständlich", kritisierte Günther Reder, Fachverbandsobmann des Güterbeförderungsgewerbes in der WKÖ.

Freude herrschte hingegen bei den Vertretern der chemischen Industrie. Laut Schätzungen des Fachverbands (FCIO) werden durch die Investitionsprämie nämlich voraussichtlich Investitionen von über 500 Millionen Euro in der österreichischen chemischen Industrie "incentiviert" werden.

(APA/Red)

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