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Clinch um Gemeindeschulden

Schwarzach - Die Gesamtverschuldung der Vorarlberger Gemeinden betrug 2006 rund 811 Millionen Euro und ist damit, gemessen am Vergleichwert des Jahres 2005, leicht rückläufig. "Unzulässige Darstellung"

„Für 2007 erwarten wir ähnliche Voraussetzungen“, sagte Landeshauptmann Herbert Sausgruber gestern, „auch wenn das von Investitionsentscheidungen abhängt – und wir kein Interesse daran haben, dass nicht investiert wird.“

Wie aber ist die Gesamtverschuldungssumme zu werten? Im Finanzausschuss des Landtags wurde diese Frage gestern kontrovers diskutiert. „Die Gemeinden sind mit über 800 Millionen Euro verschuldet, während das Land Vorarlberg schuldenfrei ist“, ärgerten sich Michael Ritsch und Leopold Berthold, Klubobmann und Finanzsprecher der SPÖ. Diese exorbitante Belastung verhindere notwendige Projekte, etwa im Kindergartenbereich oder in der Schulinfrastruktur. Zudem sei Sausgruber erneut die namentliche Nennung finanzschwacher Gemeinden schuldig geblieben, ärgerte sich Ritsch: „Ein Lösungswille bei den prekären Gemeindefinanzen ist nicht in Sicht.“

Für jede Gemeinde gelte Unterschiedliches; auch deswegen könne kein Ranking erstellt werden, konterte der Landeshauptmann: „Man darf nicht nur die Einnahmenseite betrachten, man muss auch die Aufgabenseite sehen.“

Abgesehen davon sei die Finanzsituation aller Gebietskörperschaften angespannt: „Durch die gute wirtschaftliche Lage und durch den Finanzausgleich hat sich die Einnahmenseite etwas entspannt, nicht aber die Ausgabenseite.“ Allein die Mindestsicherung und die 24-Stunden-Betreuung würden die Vorarlberger Gemeinden beispielsweise jährlich 1,2 Millionen Euro kosten. Ausschuss-Vorsitzende Beate Gruber legte nach, warnte die SPÖ vor einer Fehlinterpretation: „Für eine Gesamtbeurteilung der Situation müssen mehrere Faktoren berücksichtigt werden.“

So resultiere ein Drittel der kommunalen Schulden aus dem Abwasserbereich; ein Drittel seien vom Land gestützte Verbindlichkeiten für Schulbauten, Kindergärten, Feuerwehrhäuser; ein Drittel liege in der Eigenverantwortung der Gemeinden.

Doch auch in diesem Drittel könne man die Gemeinden nicht in einen Topf werfen; müsse man von Projekt zu Projekt, von Gemeinde zu Gemeinde unterscheiden. Aus diesen Gründen sei eine Aufzählung finanzschwacher Gemeinden nicht zulässig, sagte Gruber. Außerdem stelle sich die prinzipielle Frage: „Wie definiert man eigentlich eine arme Gemeinde? Ist das eine ohne Rücklagen? Eine ohne Infrastruktur?“

Auch Freiheitlichen-Chef Dieter Egger mahnte, man müsse zwischen „schlechten und guten Schulden dringend“ unterscheiden. „Investitionen in den Kanal rentieren sich ja auch wieder über Gebühren.“

Auch Egger erteilte einem Ranking armer Gemeinden eine Absage: „Man darf nicht nur den Schuldenstand betrachten, man muss mehrere Aspekte sehen. Fakt ist auch, dass es keiner einzigen Gemeinde im Land so schlecht geht, dass man da Notmaßnahmen ergreifen müsste.“

Auch er halte von der Aufsummierung der Schulden nichts, sagte Grünen-Chef Johannes Rauch: „Man muss die Situation einer jeden einzelnen Gemeinde, sprich deren Einnahmen- und Ausgabendynamik und deren Vermögenswerte, genau betrachten.“ Erst dann sei ein realistisches Bild möglich. Und: „Es braucht neue Steuerungsmöglichkeiten, um den notwendigen Ausgleich erzielen zu können.“

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