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Testaments-Affäre am BG Dornbirn: Chronologie

Am 16. April beginnt der Prozess um die Testamentsfälschungen.
Am 16. April beginnt der Prozess um die Testamentsfälschungen. ©BilderBox/Symbolbild
Dornbirn, Salzburg - Am Landesgericht Salzburg beginnt am 16. April der Prozess um die Testamentsfälschungs-Affäre am Bezirksgericht. Insgesamt zehn Angeklagte - darunter fünf Justiz-Mitarbeiter - müssen sich in dem vorerst für 17 Verhandlungstage anberaumten Prozess verantworten.

Sie sollen von 2001 bis 2008 in 18 Verlassenschaftsverfahren Testamente und Verträge manipuliert haben, um sich und Angehörige zu bereichern. Der Schaden soll rund zehn Millionen Euro betragen, 158 Geschädigte sind bekannt. Hier eine Chronologie:

Salzburg. Juli 2002: Ein Notar und zwei Richter erstatten Anzeige, weil in einem Erbschaftsfall in Dornbirn Ungereimtheiten aufgetaucht sind. Der sieben Jahre später Hauptverdächtige Jürgen H. wird in der Folge erstmals einvernommen, das Verfahren wird aber schließlich mangels Beweisen eingestellt.

März 2003: Eine Dornbirnerin erstattet Anzeige, weil Dokumente zu ihrem Haus nicht echt sein können. Auch diese Ermittlungen werden mangels Beweisen eingestellt.

März 2009: Einer Richterin am Bezirksgericht Dornbirn fallen bei der Bearbeitung eines Verlassenschaftsfalls Ungereimtheiten auf. Sie stellt fest, dass sich mehrere Testamente verdächtig ähnlich sind und als Verlassenschaftskuratoren immer die Namen derselben Justizmitarbeiter auftauchen. Sie erstattet Anzeige.

17. November 2009: Nach rund einem halben Jahr Ermittlungen werden drei Verdächtige verhaftet: der inzwischen 47-jährige Geschäftsstellenleiter und Bearbeiter von Grundbuch-Angelegenheiten am Bezirksgericht Dornbirn Jürgen H., der heute 48-jährige Leiter für Außerstreitsachen (darunter fallen auch Verlassenschafts-Angelegenheiten) Kurt T. und ein Freund des Jürgen H., der 48-jährige Peter H. – Jürgen H. gibt in der Folge nach und nach mehr zu und legt schließlich ein umfassendes Geständnis ab. Dabei nennt er Namen von Mittätern und Opfern ebenso wie konkrete Verlassenschaftsverfahren und Hinweise, wie gefälscht und manipuliert worden ist.

20. November 2009: Die Affäre dringt erstmals an die Öffentlichkeit: In mindestens zehn Fällen sollen die Verdächtigen seit Jahren Testamente manipuliert und so sich und Dritte bereichert haben. Die Schadenssumme könnte mehrere Millionen Euro betragen.

23. November 2009: Eine Sonderrevision soll mögliche Mängel im System und Fehlerquellen sichtbar machen. In der Folge werden rund 20.000 Verlassenschaftsakten überprüft. Dabei stellt sich heraus, dass im Urkundenarchiv des Bezirksgerichts Dornbirn 510 Testamente fehlen, alleine seit 1960 sind 96 letztwillige Verfügungen unauffindbar. Die Staatsanwaltschaft Feldkirch geht inzwischen von rund 20 Fällen aus.

25. November 2009: Es wird bekannt, dass erschlichene Gelder in Höhe von mehreren hunderttausend Euro sichergestellt und mehrere Liegenschaften mit einem Veräußerungs-und Belastungsverbot belegt worden sind.

27. November 2009: Erste dienstrechtliche Konsequenzen für die Verdächtigen: Jürgen H. wird vorläufig suspendiert, Kurt T. wird entlassen.

4. Dezember 2009: Kurt T. wird aus der Untersuchungshaft entlassen, gegen ihn wird weiter ermittelt.

21. Dezember 2009: Ein weiterer Mitarbeiter der Außerstreit-Abteilung am Bezirksgericht Dornbirn, Clemens M. (52), wird verhaftet (U-Haft bis 9. März 2010) und sein Haus durchsucht.

5. Februar 2010: Der pensionierte Grundbuch-Rechtspfleger des Bezirksgerichtes Dornbirn, Walter M. (72), wird in Untersuchungshaft genommen, aus der er am 1. April 2010 wieder entlassen wird.

6. Februar 2010: Die Affäre weitet sich aus: Die Vizepräsidentin des Landesgerichtes Feldkirch, Kornelia Ratz (48), wird verdächtigt, ein gefälschtes Testament zum Vorteil ihrer eigenen Mutter und deren Schwester in Dornbirn “bestellt” zu haben.

17. Februar 2010: Die Generalprokuratur weist den Fall Kornelia Ratz der Staatsanwaltschaft Steyr zu. Die übrigen Fälle bleiben bei der Staatsanwaltschaft Feldkirch.

25. Februar 2010: Landesgerichts-Vizepräsidentin Kornelia Ratz wird per Beschluss des OLG Linz suspendiert.

2. März 2010: Die Staatsanwaltschaft Feldkirch stellt bei einem der Beschuldigten ein Wertpapierdepot in Höhe von aktuell 560.000 Euro sicher. Damit erhöht sich die Summe der beschlagnahmten Vermögenswerte auf rund 1,5 Millionen Euro.

23. August 2010: Die beiden Hauptangeklagten Jürgen H. und Peter H. kündigen an, sich aktiv an der Wiedergutmachung des Schadens beteiligen zu wollen. Ihre Anwälte regen die Schaffung einer eigenen Anlaufstelle für Geschädigte an, die Mitte Oktober ihren Betrieb aufnimmt und regen Zulauf verzeichnet.

26. November 2010: Urteil im ersten Zivilprozess: Zwei geschädigte Frauen bekommen jeweils 19.000 Euro zugesprochen.

15. April 2011: Der Strafantrag der Staatsanwaltschaft Steyr in Sachen des “bestellten” Testaments der Feldkircher Richterin ist fertig. Die Behörde klagt in dieser Causa insgesamt sechs Verdächtige an.

10. Juni 2011: Da unter den Angeklagten auch die Vizepräsidentin des Landesgerichtes Feldkirch sein wird, gibt der Oberste Gerichtshof bekannt, das Verfahren an das Landesgericht Salzburg zu delegieren, um jeden Anschein von Befangenheit zu vermeiden.

24. Juni 2011: Die Staatsanwaltschaft Feldkirch erhebt Anklage gegen neun Personen. Da sich der Personenkreis zum Teil mit dem Strafantrag aus Steyr überschneidet, werden insgesamt zehn Personen angeklagt, darunter fünf Justiz-Mitarbeiter. Die Vorwürfe lauten auf Amtsmissbrauch, gewerbsmäßig schweren Betrug unter Ausnützung einer Amtsstellung, Urkundenunterdrückung und Fälschung besonders geschützter Urkunden unter Ausnützung einer Amtsstellung.

5. Juli 2011: Zwei weitere Zivilverfahren sind abgeschlossen: In einem Fall erhalten sechs Geschädigte ein Vermögen von insgesamt rund 600.000 Euro rückerstattet, im zweiten bekommen Geschädigte 150.000 Euro und zwei Grundstücke zugesprochen.

17. Oktober 2011: Kurz vor Auslaufen der zweijährigen Haftfrist werden Jürgen H. und sein Freund Peter H. aus der Untersuchungshaft entlassen.

10. Februar 2012: Der Termin für den Strafprozess am Landesgericht Salzburg wird bekannt. Die Hauptverhandlung soll am 16. April 2012 beginnen und ist zunächst für 17 Prozess-Tage anberaumt.

16. April 2012: Beginn des Strafprozesses

APA

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