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Chemnitz: Neuneinhalb Jahre Haft für Täter

Der Täter wurde zu neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Der Täter wurde zu neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. ©APA/AFP
Im Prozess um den tödlichen Messerangriff auf Daniel H. in der ostdeutschen Stadt Chemnitz ist der Angeklagte Alaa S. zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt worden.
Urteil am Donnerstag erwartet

Das Urteil des Landgerichts Chemnitz erging am Donnerstag in Dresden wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung.

Die Staatsanwaltschaft hatte am Montag in ihrem Plädoyer eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren für den Angeklagten wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung gefordert. Die drei Vertreter der Nebenklage gingen am Donnerstag in ihren Plädoyers über diesen Antrag hinaus und forderten eine Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren. Die Verteidigung argumentierte hingegen, es gebe keine Beweise, dass Alaa S. gemeinsam mit einem bisher flüchtigen Tatverdächtigen den 35-Jährigen mit Messerstichen getötet und einen weiteren Mann schwer verletzt hatte.

Rechtsmittel eingelegt

Die Verteidiger des Verurteilten haben Rechtsmittel eingelegt. Das erklärte Rechtsanwältin Ricarda Lang am Donnerstag nach der Urteilsverkündung des Landgerichts Chemnitz in Dresden. Anwalt Frank Wilhelm Drücke bezeichnete das Urteil als "falsch". Wegen der Revision der Verteidiger wird der Schuldspruch der Chemnitzer Richter nun zunächst nicht rechtskräftig.

Iraker weiter flüchtig

Der 24 Jahre alte Syrer soll gemeinsam mit einem flüchtigen Iraker am 26. August 2018 in Chemnitz den 35-jährigen Daniel H. erstochen und einen weiteren Mann mit einem Messerstich schwer verletzt haben. Der mutmaßliche Mittäter ist weltweit zur Fahndung ausgeschrieben. Nach der Tat war es in Chemnitz zu rechten Demonstrationen und rassistisch motivierten Übergriffen gekommen.

Rassistisch motivierte Übergriffe

Dafür seien laut Strafprozessordnung allein die im Laufe der Verhandlung gewonnen Erkenntnisse entscheidend. "Als Mittel für die Gewinnung der Überzeugung darf vom Gericht alles verwertet werden, was zum Gegenstand der Hauptverhandlung - vom Aufruf zur Sache bis zu den Schlussvorträgen und dem letzten Wort des Angeklagten - gemacht worden ist", teilte eine Sprecherin schriftlich mit.

Weit mehr als das Verbrechen warfen die Folgen national wie international ein Schlaglicht auf Chemnitz. Bilder von rechten Demonstrationen, Aufmärschen von Neonazis und Fußball-Hooligans, von Übergriffen sowie dem Zeigen des Hitlergrußes in zahlreichen Fällen gingen um die Welt.

Diese Bilder von rechten Demonstrationen gingen um die Welt. (Bild: APA/AFP) ©APA/AFP

Konzerte gegen "Nazi-Image"

Ein jüdisches und drei andere Restaurants mit ausländischer Küche wurden überfallen. Später flog die rechtsextreme Terrorgruppe "Revolution Chemnitz" auf. Der Prozess gegen die acht mutmaßlichen Mitglieder beginnt am 23. September. Die Stadt wehrte sich gegen das Image als Nazi-Hochburg. So organisierte die Chemnitzer Band Kraftklub das #wirsindmehr-Konzert gegen Rechts und Rassismus unter anderem mit den Toten Hosen, zu dem 65 000 Menschen kamen.

Auch politische Konsequenzen

Der Fall hatte auch eine politische Dimension. Der Streit um die Frage, ob es "Hetzjagden" gegeben habe, wurde zur Zerreißprobe für die große Koalition aus Union und SPD - und führte letztlich dazu, dass der damalige Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde.

©AP

Rechtsextreme wollen protestieren

Am Sonntag könnte die Stimmung in Chemnitz wieder hochkochen: Die vom sächsischen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte Bewegung Pro Chemnitzhat hat dann zu einer Kundgebung aufgerufen.

(DPA/APA/Red.)

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