Die im Auftrag des Bundes entwickelte Corona-Warn-App kann seit Dienstag heruntergeladen werden. Sie kann messen, ob sich Handynutzer über eine längere Zeit näher als etwa zwei Meter gekommen sind. Ist ein Nutzer positiv getestet worden und hat dies in der App geteilt, meldet sie anderen Anwendern, dass sie sich in der Nähe eines Infizierten aufgehalten haben. Dann kann man sich auf Kassenkosten testen lassen.
Schnelles Aufspüren von Kontakten
Nutzer sollen über die App frühzeitig gewarnt werden, dass sie sich in der Nähe von mit dem Coronavirus infizierten Menschen befunden haben. Wird jemand positiv auf das Coronavirus getestet, kann er über die App anonym die Nutzer warnen, mit denen er Kontakt hatte. Das Aufspüren solcher Kontakte sei entscheidend, um Infektionsketten zu erkennen und zu stoppen.
Die Anwendung zeichnet mit der Bluetooth-Technologie auf, wann und wie lange sich jemand in der Nähe eines anderen Smartphone-Nutzers aufgehalten hat, der ebenfalls die App aktiviert hat.
Mehr als 10 Millionen Downloads
Wie das Robert Koch-Institut (RKI) am Samstagnachmittag auf Twitter mitteilte, wurde die am vergangenen Dienstag gestartete App inzwischen 10,6 Millionen Mal auf Smartphones heruntergeladen.
Der Virologe Christian Drosten verspricht sich von der neuen staatlichen Corona-Warn-App einen "guten Effekt". Die App sei ein "entscheidend wichtiges Werkzeug", um die Zahlen niedrig zu halten. Bei der Suche nach Kontakten eines Infizierten komme es schließlich vor allem auf Geschwindigkeit an: Müssten da erst Telefonketten losgehen, gehe wichtige Zeit verloren, sagte er.
Zwei Tage nach Deutschland hat auch Dänemark eine Smartphone-App zur besseren Nachverfolgung von Corona-Infektionen eingeführt. Die seit langem erwartete App "Smittestop" (Infektionsstopp) des dänischen Gesundheitsministeriums steht für dänische Nutzer seit Donnerstag zum Download bereit.
Die Corona-Warn-App in Norwegen liegt aus Datenschutzgründen vorerst auf Eis. Die norwegische Tracing-App "Smittestopp" sollte nach Angaben des nationalen Gesundheitsinstituts (FHI) ab Dienstag keine Daten mehr einsammeln. Personendaten, die zentral gespeichert wurden, werden so bald wie möglich gelöscht. Zuvor hatte die norwegische Datenschutzbehörde angekündigt, die Verarbeitung der von der App eingesammelten persönlichen Daten vorübergehend verbieten zu wollen, wie das Gesundheitsinstitut bereits am Montag mitgeteilt hatte.
Merkel wirbt für Corona-App
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat alle Bürger zum freiwilligen Nutzen der neuen Corona-App aufgerufen, die inzwischen mehr als zehn Millionen Mal heruntergeladen wurde. Die Anwendung sei "ein wichtiger Helfer, wenn es darum geht, Infektionsketten zu erkennen und zu unterbrechen", sagte Merkel in ihrer wöchentlichen Videobotschaft (Samstag). "Je mehr mitmachen, desto größer ist dieser Nutzen."
Merkel warb um Vertrauen in den Datenschutz der App. Sie sichere die Privatsphäre, indem sie erzeugte Daten konsequent verschlüssele. Geodaten würden nicht erhoben, Daten nicht zentral gespeichert. Die App sei zudem absolut freiwillig. "Es gibt keine Belohnung für die Benutzung und keinen Nachteil, wenn sich jemand dagegen entscheidet."
Hat Merkel auch selbst die Corona-Warn-App heruntergeladen?
Ob sie selbst die am Vortag präsentierte offizielle Corona-Warn-App der Bundesregierung auf ihre Smartphone heruntergeladen habe und ob sie schon öfters draufgeguckt habe, will ein Reporter von Merkel wissen. Die Kanzlerin, als leidenschaftliche Nutzerin ihres mobilen Kommunikationsgeräts bekannt, gibt sich schmallippig: "Da ich über mein Kommunikationsverhalten ja sowieso keine Auskunft gebe, sage ich auch nicht viel dazu. Außer das, was ich schonmal gesagt habe, dass ich willens bin, diese App zu nutzen." Basta.
Söder hat sie
"Ich hab sie" - diesen Kommentar will sich dann Bayern Ministerpräsident Markus Söder dann doch nicht verkneifen. Ob er schon drauf geschaut habe? "Ja." Häufig? "Während solchen Sitzungen ergibt sich hin und wieder die Gelegenheit, die Gedanken ..." Während der Sitzung! Das kann Merkel nicht einfach unkommentiert lassen: "Obwohl er der Vorsitzende ist und eigentlich ganz Auge und Ohr sein sollte."
Verbraucherzentralen: Kein schleichender Zwang für Corona-App
Die Verbraucherzentralen pochen darauf, dass die künftige Corona-Warn-App tatsächlich freiwillig bleibt.
"Es darf nicht sein, dass Arbeitgeber, Restaurants oder staatliche Behörden die App-Nutzung als Zutrittsvoraussetzung definieren und damit die Freiwilligkeit schleichend zum Zwang machen", sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, am Montag.
"Das Prinzip der Freiwilligkeit ist essenziell, muss nun in der Praxis aber angewendet und auch kontrolliert werden."
App kostet 60 Millionen Euro
Für die neue staatliche Corona-App fallen nach dem Start weitere laufende Kosten an. Für Wartung, Pflege und Betrieb der App und anderer Komponenten veranschlagt der Bund in diesem und im kommenden Jahr rund 45 Millionen Euro. Das geht aus Antworten des Finanzministeriums auf Fragen des Linke-Haushaltsexperten Victor Perli hervor. Demnach entfallen auf die Telekom-Tochter T-Systems 43 Millionen Euro, auf den Softwarekonzern SAP knapp zwei Millionen Euro. Zudem werden für Werbung vorerst 3,5 Millionen Euro angegeben.
Als Kosten für die App-Entwicklung waren von der Bundesregierung bereits rund 20 Millionen Euro genannt worden. Darüber hinaus genannt wurden 2,5 Millionen bis 3,5 Millionen Euro im Monat für die laufenden Betriebskosten, unter anderem für zwei Telefon-Hotlines.
Perli sagte mit Blick auf die aktuellen Gesamtangaben von mehr als 60 Millionen Euro.
(APA) (Red.)
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