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Causa Casinos führte Ermittler bis nach Osttirol

Bauernhaus der Wiener FPÖ im Defereggental durchsucht
Bauernhaus der Wiener FPÖ im Defereggental durchsucht ©APA
Im Zuge der Hausdurchsuchungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Zusammenhang mit der Bestellung des FPÖ-Bezirksrates Peter Sidlo zum Finanzvorstand der Casinos Austria wurde auch ein Bauernhaus des "Freiheitlichen Bildungsinstituts St. Jakob in Ostttirol" durchsucht.
Razzien bei Strache und Gudenus

Das bestätigte die Wiener FPÖ am Mittwoch. SPÖ und NEOS forderten indes Aufklärung auch von der ÖVP.

Die Gratiszeitung "Heute" berichtete am Mittwoch, dass die Pension "Enzian" in St. Jakob, die seit 2012 dem FPÖ-Bildungsinstitut gehört, ebenso durchsucht wurde wie die Räumlichkeiten von sechs weiteren Personen, darunter dem früheren FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache und Ex-Klubobmann Johann Gudenus. Nach Angaben von "Heute" sollen aus einem Tresor auch mehrere Festplatten beschlagnahmt worden sein. Das dementierte die Wiener FPÖ jedoch. Es seien keine Gegenstände sichergestellt worden, hieß es in der knappen Aussendung.

Urlaubsdomizil von Strache

Das Haus in St. Jakob im Defreggental hat auch Strache mehrfach genutzt und dort Urlaube verbracht. In dem Ort war der frühere Tiroler Landesparteichef Gerald Hauser Bürgermeister.

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft wollte auf Anfrage der APA darauf nicht eingehen. Bestätigt wurde nur, dass mehrere Hausdurchsuchungen in zwei Bundesländern stattgefunden haben. Nähere Informationen wurden nicht bekannt gegeben, es handle sich um eine Verschlusssache. Es geht laut Medienberichten um die Bestellung des Casinos-Austria-Finanzvorstands Peter Sidlo, FPÖ-Bezirksrat in Wien. Wie der "Standard" online am Dienstag schrieb, geht es bei den Vorwürfen um einen politischen Deal, Sidlo von Casinos-Miteigner Novomatic in den Vorstand entsenden zu lassen.

SPÖ und NEOS fordern Aufklärung

In der Causa Casinos haben SPÖ und NEOS am Mittwoch Aufklärung auch von der ÖVP gefordert. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim sagte in einer Pressekonferenz, er sehe nicht nur die FPÖ verantwortlich. Die ÖVP habe "ganz offensichtlich einen Leitfaden mitgetragen".

Er schließe aus, dass die FPÖ das nicht mit ÖVP-Obmann Sebastian Kurz kommuniziert habe, sagte Jarolim in Bezug auf die Besetzung des Wiener FPÖ-Bezirksrats Peter Sidlo als Finanzvorstand der Casinos Austria. Dass der ehemalige Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) im Februar an einer Glücksspielmesse in London teilgenommen hatte, verleitete Jarolim zu einer Vermutung: Postenbesetzungen könnten dort besprochen worden sein. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) mache jedenfalls "sicher keine Hausdurchsuchung, wenn der Anfangsverdacht nicht groß ist." Dass Fuchs nun auf Platz 3 der FPÖ-Bundesliste für die Nationalratswahl steht, habe einen "schalen Charakter".

SPÖ macht ÖVP mitverantwortlich

Auch SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer und SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda machten die ÖVP mitverantwortlich. Beide machten darauf aufmerksam, dass Vorstandsbesetzungen wie jene der Casinos Austria im Ministerrat unter Vorsitz von Kurz beschlossen worden seien. Darüber hinaus habe ÖVP-Kanzleramtsminister Gernot Blümel mit seinem damaligen FPÖ-Kollegen Norbert Hofer die Regierungskoordination inne gehabt. Drozda und Krainer forderten auch den sofortigen Rücktritt von Sidlo aus dem Casinos-Vorstand und aus dem Generalrat der Nationalbank.

Auch für NEOS-Generalsekretär Nick Donig ist die Forderung der ÖVP nach Aufklärung "absurd": "Die ÖVP saß zusammen mit der FPÖ in der Regierung. Wenn die FPÖ ihre Leute in Posten hievte, dann geschah das mit dem Wissen und in Absprache mit der ÖVP." Dass sich die ÖVP nun überrascht gebe, sei "äußerst unglaubwürdig. Wenn die ÖVP etwas aufklären will, muss sie bei sich selbst anfangen. Die Frage, die sich eher stellt ist: Warum hat die ÖVP nicht früher gehandelt, wenn sie davon wusste?"

Sidlo weiter im Amt

Ungeachtet der Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ist Casinos-Finanzdirektor Peter Sidlo weiter im Amt. Sidlo ist weder beurlaubt noch suspendiert, wie die APA in den Casinos Austria in Erfahrung brachte. Die Casinos Austria verweisen darauf, dass die Entscheidung dem Aufsichtsrat obliegt. Die nächste planmäßige Sitzung ist am 24. September. Zur Frage, ob dieser dann eine Beurlaubung Sidlos beschließt, bis der Sachverhalt geklärt ist, äußerte sich Aufsichtsratspräsident Walter Rothensteiner bisher nicht öffentlich. Auf APA-Anfrage hieß es aus seinem Büro, er sei erst Ende August wieder erreichbar.

Rothensteiner wird laut "Der Standard" in dem Verfahren als Zeuge geführt. Dem Hausdurchsuchungsbefehl zufolge soll die FPÖ Druck auf ihn ausgeübt haben, sodass Rothensteiner dem Aufsichtsrat vorenthielt, dass der Personalberater Egon Zehnder an Sidlos Qualifikation als Finanzvorstand zweifelte.

Deal wird bestritten

Sidlo bestreitet dem Vernehmen nach wie alle anderen Beschuldigten den Vorwurf, für seine Bestellung sei im Gegenzug ein Deal zwischen FPÖ und Novomatic zu Glücksspiellizenzen vereinbart worden. Diesem Verdacht geht die WKStA in ihren Ermittlungen nach. Sidlo ist bei den Casinos noch keine vier Monate im Amt: Seine Bestellung im Aufsichtsrat erfolgte im März, seine Vorstandstätigkeit nahm er mit 1. Mai 2019 auf. Er verantwortet neben den Finanzen der Casinos Austria auch die Korruptionsprävention (Compliance).

Für Direktoren der Casinos Austria sowie generell für Konzessionäre und Bewilligungsinhaber gelten im Glücksspielgesetz strenge Regeln. So müssen sie unter anderem "über geordnete wirtschaftliche Verhältnisse" verfügen und es dürfen "keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Zweifel an der persönlichen für den Betrieb der Konzession erforderlichen Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit und Unvoreingenommenheit ergeben". Weiters heißt es: "Treten Umstände auf, die darauf schließen lassen, dass die verlangte Zuverlässigkeit dieser Personen nicht gegeben ist, so kann der Bundesminister für Finanzen den Geschäftsleitern des Konzessionärs die Geschäftsführung oder aber die Ausübung des Stimmrechtes im Aufsichtsrat durch Bescheid ganz oder teilweise untersagen."

Casinos sehen sich als Opfer

Casinos-Sprecher Patrick Minar betonte im ORF-Radio einmal mehr, dass es gegen die Casinos selbst keine Vorwürfe gebe. Vielmehr, wären diese potenzielle Opfer, nämlich falls Novomatic tatsächlich durch Glücksspiellizenzen gestärkt werden sollte. Derzeit sind die teilstaatlichen Casinos Austria mit "win2day" der einzige lizenzierte Betreiber und Anbieter von Online-Glücksspielen in Österreich.

(APA)

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