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BVT-Affäre: Anfrage zu Burschenschaften war laut Kickl "SPÖ-Auftrag"

Herbert Kickl verteidigt seinen Generalsekretär Peter Goldgruber.
Herbert Kickl verteidigt seinen Generalsekretär Peter Goldgruber. ©APA/HERBERT NEUBAUER
Innenminister Herbert Kickl verteidigt die Anfrage seines Generalsekretärs Peter Goldgruber zu BVT-Ermittlungen gegen Burschenschaften. SPÖ dementiert.

Die SPÖ habe im Folge der Liederbuch-Affäre bei der Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt den Nationalen Sicherheitsrat einberufen und dort Informationen zur “rechtsextremistischen Situation in Österreich” verlangt und diesem Auftrag sei man nachgekommen, sagte Kickl vor dem Ministerrat am Mittwoch.

“Das ist das Normalste auf der Welt.” Die Anfrage stehe in keinem Zusammenhang mit der späteren Hausdurchsuchung im BVT. Derartige Behauptungen seien “absoluter Unsinn, wie vieles andere”, was in diesem Zusammenhang behauptet werde, so Kickl. Dazu brauche man sich nur die Aussagen der leitenden Staatsanwältin im U-Ausschuss am Dienstag ansehen, dem sei nichts mehr hinzuzufügen, so Kickl. Staatsanwältin Ursula Schmudermayer hatte im BVT-U-Ausschuss u.a. betont, sich in der ganzen Causa nicht unter Druck gesetzt gefühlt zu haben.

Ermittler-Anfrage laut SPÖ kein “SPÖ-Auftrag”

Die SPÖ hält die Argumentation des Innenministeriums, die Anfrage zu Ermittlern in der rechtsextremen Szene sei im Auftrag seiner Partei erfolgt, für unglaubwürdig. Die Behauptung, es handle sich dabei um eine notwendige Vorbereitung für den Nationalen Sicherheitsrat, sei “nicht nur völlig unglaubwürdig, sondern auch rechtlich unhaltbar”, meinte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda am Mittwoch.Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) hätte auf Fragen von Abgeordneten in der Sitzung zu den Namen von verdeckten Ermittlern – “die natürlich auch gar nicht gestellt wurden” – nicht antworten dürfen, meinte Drozda. Nach der österreichischen Verfassung hätten Minister auch gegenüber dem Nationalrat und dem Nationalen Sicherheitsrat Quellen zu schützen. Insbesondere dann, wenn durch die Preisgabe von Namen die Aufgabenwahrnehmung gefährdet würde.

Pilnacek kritisiert BVT-Razzia

Währenddessen zeigt Generalsekretär des Justizministeriums, Christian Pilnacek, im BVT-U-Ausschuss am Mittwoch deutlich seinen Unmut über die Vorgangsweise des Innenministeriums und der Korruptionsstaatsanwaltschaft in der Verfassungsschutz-Affäre. So hätte er sich erwartet, dass “der Dienstweg eingehalten” werde und sich sein Gegenüber im BMI direkt an ihn wendet.Dass der Spitzenbeamte von den Vorgängen in der Causa alles andere als begeistert ist, war schon bekannt. So übte er laut einem medial veröffentlichten Sitzungsprotokoll einer am 12. März stattgefundenen Dienstbesprechung im Justizministerium Kritik daran, dass sein Pendant im Innenministerium, Peter Goldgruber, im Jänner direkt mit Staatsanwältin Ursula Schmudermayer Kontakt aufgenommen hatte. Diese Vorgangsweise sei “ein Skandal”, befand er.

Dienstweg nicht eingehalten

“Wer mich kennt, kennt auch meine mitunter zutage tretende Emotionalität”, erklärte Pilnacek dazu im U-Ausschuss. Er hätte sich erwartet, dass “der Dienstweg eingehalten” werde und der Generalsekretär ihn informiere. “Ich hätte es für angemessen empfunden, dass die Kontaktaufnahme auf der gleichen Hierarchieebene stattfindet.” Prinzipiell sei der höchste Beamte eines Ressorts aber verpflichtet, Verdachtsmomenten nachzugehen, wenn er von ihnen erfährt.

Auch die Staatsanwaltschaft selbst informierte den obersten Beamten im Justizministerium erst im Nachhinein über die umstrittene Razzia im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) Ende Februar. Er habe von der Hausdurchsuchung mit dem Bericht der WKStA erfahren, “der am Tag nach der Durchführung erstattet worden ist”, bestätigte Pilnacek. Grundsätzlich sei die Staatsanwaltschaft nicht zur Berichterstattung über einzelne Ermittlungsschritte verpflichtet, dazu komme, dass insbesondere die WKStA von viel Selbstständigkeit und “auch von einem hohen Ausmaß an Selbstbewusstsein geprägt ist”, stellte Pilnacek fest. Die WKStA habe offenbar “keinen Anlass gefunden, uns in Kenntnis zu setzen”.

Einsatzgruppe gegen Straßenkriminalität gerechtfertigt

Die Frage, ob er statt der Hausdurchsuchung den Weg der Amtshilfe empfohlen hätte, um an die gewünschten Unterlagen zu kommen, wollte Pilnacek nicht direkt beantworten, weil es sich um eine “Was wäre wenn-Frage” handle. Mehrmals, auch in der Frage nach etwaigen Ermittlungsfehlern, verwies er aber auf das Oberlandesgericht Wien, das die Razzia inzwischen größtenteils für unzulässig erklärt hat. Das OLG habe keine Dringlichkeit für eine Hausdurchsuchung erkennen können und die Amtshilfe für den besseren Weg erklärt.

Laut dem Sitzungsprotokoll vom Frühjahr kritisierte Pilnacek auch, mit der Einsatzgruppe gegen Straßenkriminalität (EGS) “einzumarschieren, war wahnsinnig auffällig”. Es habe offenbar das Bemühen bestanden, eine Einheit zu suchen, die das notwendige Personal habe und außerdem keine Verbindungen zu den Verdächtigen, meinte Pilnacek dazu nun im U-Ausschuss nüchtern.

Allerlei Fragen der Abgeordneten, ob gewisse Vorgänge üblich seien, kommentierte Pilnacek meist allgemein. “Es ist außergewöhnlich und es ist in diesem Umfang nicht vorgekommen, dass so eine Institution der Republik untersucht wird, insofern ist vieles an dem Fall nicht üblich.”

Konsequenzen wurden jedenfalls schon gezogen: Mittlerweile gebe es eine Weisung an die Korruptionsstaatsanwaltschaft, bei Zwangsmaßnahmen künftig Bericht zu erstatten. Es sei auch aufgetragen worden, Ausführungen der WKStA zu Rechtsmitteln und Rechtsbelehrungen vorab zu übermitteln.

Daten “nicht punktgenau” sichergestellt

Justizministeriums-Generalsekretär Christian Pilnacek hat sich am Mittwoch im BVT-U-Ausschuss für unterschiedliche Angaben zur Beschlagnahmung von Daten ausländischer Nachrichtendienste rechtfertigen müssen. Er habe stets seinen aktuellen Kenntnisstand “getreu” wiedergegeben. Pilnacek ist aber auch der Meinung, dass “nicht punktgenau sichergestellt” worden sei. Auch sonst kritisierte er die WKStA.Wien. Überhaupt zeigte sich Pilnacek auf Befragen von Peter Pilz von der gleichnamigen Liste etwa einigermaßen verwundert, dass auch das Büro der Leiterin des Extremismusreferats im BVT durchsucht wurde. “Rechtswidrig” und unter der Leitung eines “rechtsextremen” Polizisten, wie Pilz eifrig assistierte – dieser Darstellung wollte Pilnacek allerdings dezidiert nicht folgen.

(APA/red)

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