AA

Buwog: Liechtenstein will Rechtshilfe für Österreich zügig erledigen

Sondersitzung der Regierung zu Aktenaffäre: "Einzelfall", Aufklärung gefordert
Sondersitzung der Regierung zu Aktenaffäre: "Einzelfall", Aufklärung gefordert ©AP
In der Affäre um den Vorwurf der Aktenunterdrückung durch einen Liechtensteiner Anwalt rund um die Buwog-Ermittlungen im Fürstentum macht nun die dortige Regierung Druck.
Anwaltskanzlei weist Vorwürfe zurück

Alle Vorfälle sollen “sofort und vor allem lückenlos aufgeklärt werden”, heißt es in einer schriftlichen Mitteilung am späten Donnerstagnachmittag nach der heutigen Sondersitzung der Regierung in Vaduz. Österreich wird ein zügiges Vorgehen im aktuellen Rechtshilfeersuchen rund um mutmaßliche Geldflüsse von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (V) zugesichert. Die Kanzlei Marxer & Partner hat das Vorgehen des Anwalts, der bei einer Akteneinsicht Unterlagen mitgenommen hatte, als rechtmäßig verteidigt.

Österreichische Justiz bislang keinen Zugriff

Die Vaduzer Regierung war in dem Fall besonders unter Druck geraten, weil der beschuldigte Anwalt in der mitregierenden Fortschrittlichen Bürgerpartei (FBP) tätig ist, der auch Justizministerin Aurelia Frick angehört. Der Anwalt ist stellvertretender FBP-Landtagsabgeordneter. “Anwalt versetzt dem Land einen Tiefschlag”, titelte die Liechtensteinische Zeitung “Vaterland” heute. Der Advokat vertritt einen Geschäftspartner von Grasser, der als Treuhänder für ein Geschäft mit 500.000 Euro von Grassers Schwiegermutter aufgetreten sein soll. Bei dem Treuhänder in Liechtenstein beschlagnahmte Akten sollten für die österreichische Justiz die Geldflüsse rund um Grasser und die Buwog-Provisionen erhellen. Wegen Einsprüchen und einem Formalfehler der Liechtensteinischen Behörden hat die österreichische Justiz aber bisher keinen Zugriff darauf.

“Einzelfall mit mutmaßlichem Fehlverhalten”

Es handle sich um einen “Einzelfall mit mutmaßlichem Fehlverhalten, der in keiner Weise mit dem geltenden Rechts- und Politiksystem in Verbindung gebracht werden kann”, so die Mitteilung der Regierung nach der eineinhalbstündigen Sondersitzung. Eine Pressekonferenz wurde nicht abgehalten.

“Das Strafverfahren wurde durch die Staatsanwaltschaft eingeleitet und die Verständigung der Disziplinarbehörde gegen den Rechtsanwalt beantragt.” Die Regierung habe “vollstes Vertrauen in die Justizbehörden”. Gleichzeitig empfehle die Regierung, die bisher geübte Praxis der Akteneinsicht beim Landgericht zu prüfen. Die Justiz in Liechtenstein hatte bisher Anwälten unbeaufsichtigt Akteneinsicht gewährt, das sei noch nie von einem Anwalt missbraucht worden, hieß es von Gerichtsseite. “Die Regierung bekennt sich nicht nur in diesem speziellen Fall zur effizient funktionierenden Zusammenarbeit im Rechtshilfebereich”.

Die liechtensteinische Rechtsanwaltskanzlei Marxer & Partner hat sich heute vor den beschuldigten Anwalt, Partner in der Kanzlei, gestellt und ihm das volle Vertrauen ausgesprochen. Die Vorwürfe, dass der Anwalt Akten entwendet habe und diese möglicherweise manipuliert wurden, wurden zurückgewiesen. Der Anwalt hatte die Unterlagen bei einer Akteneinsicht am 19. Oktober mitgenommen. Erst sechs Wochen und zwei Hausdurchsuchungen später, am 28. November, brachte er die Akten zurück zum Gericht. Gegen ihn laufen Vorerhebungen der Liechtensteinischen Justiz, ermittelt wird wegen des Verdachts der Urkundenunterdrückung.

Für die Kanzlei Marxer & Partner war der Vorgang legal: Ein Partner der Kanzlei habe die Unterlagen “im Zuge einer bewilligten Akteneinsicht behoben und unserem Mandanten unverzüglich gegen Quittung ausgehändigt”. Nach Gesprächen mit der Staatsanwaltschaft “haben wir unseren Mandanten bewogen, diese Unterlagen dem Gericht freiwillig zur Verfügung zu stellen, sodass sie im neuen Rechtshilfeverfahren zur Verfügung stehen”, heißt es in der Stellungnahme. Das Vorgehen des Anwalts habe keine strafrechtlichen Vorschriften verletzt, denn der Rechtsgrund für die Einbehaltung der Unterlagen durch das Gericht sei weggefallen, so die Kanzlei. Ein Gutachten des Wiener Strafrechtlers Peter Lewisch, das dem Anwalt rechtlich korrektes Vorgehen bescheinige, will die Kanzlei unter Verweis auf das Berufsgeheimnis nicht veröffentlichen.

Verdunkelungsgefahr: U-Haft für Grasser?

Die Grüne Parlamentsabgeordnete Gabriela Moser, Vorsitzende des Korruptions-U-Ausschusses, will durch zwei parlamentarische Anfragen zum Buwog-Aktenskandal an das Außenministerium sowie das Justizministerium die Vorgänge aufklären. Das Vorgehen der Liechtensteinischen Behörde erwecke den Eindruck, dass die Liechtensteiner Rechtsordnung einen “Schutzschirm für Veranlager mit teilweise zweifelhaften Hintergrund und dubiosen Zahlungsflüssen aufspannt”, kritisierte Moser. Grasser selber hat gestern Abend über seinen Medienanwalt Michael Rami ausrichten lassen, dass er SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter klagen werde. Dieser hatte die Justiz aufgefordert, wegen des Verdachts auf Verdunkelungsgefahr die Verhängung der U-Haft für Grasser zu prüfen.

Staatsanwaltschaft: Anwalt nahm Unterlagen eigenmächtig mit

In der Liechtensteiner Aktenaffäre sind als nächstes offenbar die Behörden am Zug. Aus Staatsanwaltschaftskreisen wurde betont, dass zum Zeitpunkt der Mitnahme der Akten durch den beschuldigten Anwalt die rechtliche Situation – ob die Unterlagen freigegeben waren oder nicht – noch nicht geklärt gewesen sei. Der Anwalt habe die Unterlagen jedenfalls ohne das Wissen und die Zustimmung des Richters mitgenommen.

Aus dem Umfeld von Justizministerin Aurelia Frick verlautete, dass inhaltliche Fragen von der Staatsanwaltschaft und dem Gericht zu klären seien. Sie selbst sei in die Angelegenheit nicht involviert, wurde auf die Unabhängigkeit der Justizbehörden verwiesen. Es wurde außerdem betont, dass es hinsichtlich der Rechtshilfe mit Österreich keine Probleme gebe.

(APA)

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Wirtschaft
  • Buwog: Liechtenstein will Rechtshilfe für Österreich zügig erledigen