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Bundesheer-Offizier soll für Russland spioniert haben: Ermittlungen laufen

Die Staatsanwaltschaft ermittelt im Spionagefall.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt im Spionagefall. ©APA (Sujet)
Derzeit laufen Ermittlungen gegen einen bereits pensionierten Oberst des Bundesheers, welcher rund 20 Jahre sensible Informationen an Russland weitergegeben haben soll.

Ein mittlerweile pensionierter Oberst des Bundesheers soll während seiner aktiven Zeit im Heer rund 20 Jahre für Russland spioniert haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, bestätigten Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) am Freitag vor Medienvertretern.

Der Hinweis auf den Mann kam von einem ausländischen Dienst. Der Offizier soll für seine Spionagetätigkeit gut 300.000 Euro bekommen haben, berichtete die “Kronen Zeitung” in ihrer Morgen-Ausgabe.

Außenamt: Russischer Geschäftsträger einbestellt

Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) ist am Donnerstagabend vom Verteidigungsminister über den Fall informiert worden. Der russische Geschäftsträger ist für den heutigen Freitagvormittag einbestellt, teilte das Außenministerium der APA telefonisch mit.

Die geplante Reise der Außenministerin am 2. und 3. Dezember nach Moskau ist zunächst abgesagt. Die Umsetzung des “Sotschi-Dialogs” wäre das Hauptthema des Treffens gewesen. Die Rede war von einem Forum für zivilgesellschaftlichen Dialog zwischen Österreich und Russland, das beim Wien-Besuch von Präsident Wladimir Putin im Juni angekündigt worden war.

Kneissl befürchtet aufgrund des Spionagefalls eine Belastung der bilateralen Beziehungen mit Russland. “Sollten sich die jetzt vorliegenden Verdachtsmomente bestätigen, dann würde dies eine schwerwiegende Belastung für die bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Russland darstellen”, teilte sie der APA am Freitag mit. Nähere Angaben über die weitere Entwicklung der Beziehungen mit Russland konnte der Sprecher indes noch nicht machen.

Kurz: “Spionage ist inakzeptabel”

“Spionage ist inakzeptabel”, so Kanzler Sebastian Kurz beim Pressestatement. Falls sich der Verdacht bestätigt, werde dies “das Verhältnis zwischen Russland und der Europäischen Union nicht verbessern”, betonte der Kanzler. Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen wurde informiert.

Jetzt gehe es darum, den Verdacht aufzuklären – man könne aber aufgrund der Umstände davon ausgehen, dass sich die Vorwürfe bestätigen werden. Im Moment verlange man von russischer Seite “transparente Information”, unterstrich Kurz auf Nachfragen von Journalisten zur Beziehung zu Russland. Alles Weitere werde man mit den europäischen Partnern gemeinsam beraten. Von einer Ausweisung russischer Diplomaten aus Österreich wollte der Kanzler noch nicht sprechen.

Laptop nach Hinweis sichergestellt

Aufgeflogen ist der Fall nach Hinweisen eines befreundeten Nachrichtendienstes vor einigen Wochen, “dass es einen Informationsabfluss gibt”, wie Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) erklärte. Das Abwehramt habe dann die Identität des Betroffenen herausgefunden und auch Gespräche mit ihm geführt. Der pensionierte Offizier habe auch Geräte wie seinen Laptop übergeben, deren Auswertung sei derzeit am Laufen. Das Verteidigungsministerium hat die Justiz eingeschaltet und eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft geschickt, es drohen strafrechtliche Konsequenzen.

Ob es sich um einen Einzelfall handle oder nicht, lasse sich im Moment nicht sagen, antwortete Kunasek auf eine entsprechende Frage. Die Causa zeige, “dass es auch nach Ende des Kalten Krieges Spionage gibt”, zeigte sich Kunasek empört. Man müsse nun das Sicherheitsnetz innerhalb Österreichs, aber auch innerhalb des Verteidigungsministeriums “noch enger schnüren”. Es gehe unter anderem um eine Sensibilisierung der Mitarbeiter, er habe auch eine entsprechende Weisung mit Sicherheitsüberprüfungen im IT-Bereich erteilt, meinte Kunasek.

Staatsanwaltschaft Salzburg prüft Anzeige

Bei der Staatsanwaltschaft Salzburg ist am Freitag eine Anzeige des Verteidigungsministeriums in Bezug auf einen pensionierten Offizier des österreichischen Bundesheers eingegangen, die nun geprüft wird. Dies gab ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Freitagvormittag in einer Presseaussendung bekannt.

“Gegenstand der Darstellung ist der Vorwurf gegen einen 70-jährigen Salzburger Offizier in Ruhe des österreichischen Bundesheeres, wonach dieser Informationen an einen ausländischen Nachrichtendienst weitergegeben habe”, hieß es in der Aussendung. Die Staatsanwaltschaft prüfe den Bericht auch in Richtung des Verbrechens des Verrats von Staatsgeheimnissen (§ 252 Abs 1 StGB).

Keine explizite Erwähnung findet sich in der Aussendung ein Bezug auf Vorwürfe nach § 319 des Strafgesetzbuchs (Militärischer Nachrichtendienst für einen fremden Staat), von denen zuvor die “Kronen-Zeitung” in ihrer Freitagausgabe geschrieben hatte.

Lawrow: Wir wissen von der Sache nichts

Nach Bekanntwerden des Spionageverdachts gegen einen Bundesheer-Offizier ist Österreichs Botschafter Johannes Eigner am Freitag in das russische Außenministerium in Moskau zitiert worden. Das vermeldeten russische Nachrichtenagenturen.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat den Spionageverdacht aus Österreich zurückgewiesen. “Wir werden beschuldigt und es gibt Aufforderungen, dass wir uns für eine Sache entschuldigen, von der wir nichts wissen”, zitierte die Nachrichtenagentur Interfax Lawrow am Freitag. Der Minister gab sich “unangenehm überrascht” über die Vorwürfe aus Wien.

Moskau werde Österreichs Botschafter Johannes Eigner erklären, wie Wien sich verhalten sollte, wenn es Fragen an Russland hat, zitierten russische Nachrichtenagenturen weiter. Lawrow beklagte, “dass Österreich eine “Megafon-Diplomatie” verwendet habe, statt sich in diesen Fragen direkt an Moskau zu wenden.

Liste Pilz und Grüne sehen FPÖ als “Sicherheitsrisiko”

Peter Pilz, Gründer der Liste Pilz, schrieb am Freitag in einer Aussendung: “Eines der größten nachrichtendienstlichen Risiken im Innenministerium und Landesverteidigung ist die mit der russischen Führung verbündete FPÖ selbst.” Er forderte, dass das “Sicherheitsrisiko FPÖ” im BVT-Untersuchungsausschuss ab Jänner untersucht wird.

Auch der Grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon bezeichnete die blaue Regierungspartei in einer Aussendung als “Sicherheitsrisiko für Österreich” und schrieb: “Die FPÖ, die den Verteidigungsminister stellt, und deren Innenminister das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung unter ihre Kontrolle bringen will, unterhält einen offiziellen Freundschaftsvertrag mit Putins Regierungspartei ‘Einiges Russland’. In diesem Vertrag sagen sich beide Seiten gegenseitige Unterstützung zu.”

Einen solchen Vertrag halte er für “inakzeptabel”. Er verlangte von der ÖVP “Konsequenzen”, allerdings ohne konkrete Forderungen aufzustellen. “Einen Knicks der Außenministerin (Karin Kneissl, Anm.) vor (Russlands Präsident Wladimir) Putin kann man noch ignorieren, Spionage nicht mehr.”

Kritik kommt auch von NEOS

Die NEOS forderten eine schnelle Aufklärung des Spionageverdachts. “Ich bin gespannt, ob die FPÖ weiterhin an ihrem Freundschaftspakt mit der Putin-Partei festhält. Es ist einigermaßen absurd, dass die FPÖ ein derart inniges Verhältnis mit der Partei jenes Mannes pflegt, der Österreich ausspionieren lässt. Sollte es zu keinem Umdenken vonseiten der FPÖ kommen, erwarte ich mir jedenfalls ein Machtwort von Bundeskanzler (Sebastian) Kurz”, forderte NEOS-Verteidigungssprecher Douglas Hoyos in einer Aussendung. Er verlangte auch eine stärkere parlamentarische Kontrolle der nachrichtendienstlichen Tätigkeiten.

(APA/Red)

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