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Bregenzer Festspiele: "Die Musik ist hochdramatisch"

©VOL.AT/Steurer
Man kann nicht behaupten, dass es das Schicksal derzeit allzu gut meint mit Thomas Larcher.

Wenige Wochen vor der Uraufführung seiner Oper “Das Jagdgewehr” musste mit Mark Padmore ausgerechnet jener Sänger absagen, dem der Tiroler Komponist sein Werk quasi auf den Leib geschrieben hatte. Als der eingesprungene irische Tenor Robin Tritschler die Proben aufnahm, musste Larcher das Krankenbett hüten.

Letzter Höhepunkt

Zweieinhalb Jahre hat der 54-jährige Innsbrucker an seiner Oper gearbeitet. “Die ersten Vorgespräche mit Intendantin Elisabeth Sobotka reichen sogar sechseinhalb Jahre zurück”, erzählt er. Ein kleines Beispiel für die Dimension der geleisteten Arbeit: “Das Libretto umfasst rund 20 locker beschriebene A4 Seiten, die Partitur dagegen 700 A3 Seiten. “Es sind 110 Minuten Musik. Das ist sehr viel!” Am 15. August kommt “Das Jagdgewehr” in der Regie von Karl Markovics auf der Werkstattbühne in Bregenz zur Uraufführung. Die Premiere ist der letzte Höhepunkt der diesjährigen Bregenzer Festspiele.

Ausgangspunkt war die 1949 erschienene Briefnovelle “Das Jagdgewehr” des japanischen Dichters Yasushi Inoue (1907-1991). Ein Dichter veröffentlicht darin ein Gedicht über einen einsamen, bedrückt wirkenden Jäger in einer Jagdzeitschrift. Zwei Monate später erhält er Post von einem Mann, der sich in der beschriebenen Gestalt wiedererkannt hat und der die Zusendung von drei weiteren Briefen ankündigt – von seiner Nichte, deren Mutter und seiner Frau. Sie enthüllen ein Liebesdrama, das sich 13 Jahre lang in aller Stille abspielte. “Die Ruhe, in der das alles fortschreitet, wird nie unterbrochen, aber drunter spielt es sich ab! Es ist die Aufgabe der Musik, das radikal auszudrücken”, erklärt der Komponist im Interview mit der APA.

“Hochdramatisch”

“Die verschachtelte Form, die man etwa auch in ‘Rashomon’ findet, war faszinierend.” Die Tiroler Autorin Friederike Gösweiner, 2016 für ihren Roman “Traurige Freiheit” mit dem Debütpreis ausgezeichnet, hat die Novelle verdichtet, ohne ihre Struktur zu ändern. “Das Libretto war das wichtigste Fundament meiner Arbeit. Wir haben lange daran gearbeitet”, so Larcher. Die Musik versucht, die inneren Stürme der handelnden Personen in dieser Dreiecksbeziehung transparent zu machen. Es geht dabei um Liebe und Betrug, um Tod und Leben. Und daneben auch um die Kraft von Literatur. “Es ist kein kontemplatives Stück. Die Musik ist hochdramatisch.” Fünf Solisten und ein siebenköpfiger, nicht szenisch agierender Chor sorgen zusammen mit dem Orchester für ein komplexes Klangbild, das bei der Uraufführung unter der musikalischen Leitung von Michael Boder hergestellt wird.

“Padmore Cycle” abgesagt

Larcher, der seine Karriere als Pianist zugunsten seiner Kompositionen zurückgestellt und sich bei den Festivals “Klangspuren” und “Musik im Riesen” auch als Programmgestalter einen Namen gemacht hat, ist am 6. August mit seiner groß besetzten, auf Texten von Ingeborg Bachmann beruhenden Symphonie für Bariton und Orchester “Alle Tage” ein weiteres Mal im Programm der Bregenzer Festspiele vertreten, Karina Canellakis dirigiert die Wiener Symphoniker. “Dass die Festspiele dieses Riesending angesetzt haben, kann man ihnen nicht hoch genug anrechnen.” Der für den 5. August geplante “Padmore Cycle” musste aufgrund der Absage von Mark Padmore hingegen ersatzlos gestrichen werden.

Larchers Kompositionen sind international sehr gefragt, und auch bei “Das Jagdgewehr” sind Übernahmen oder Neuproduktionen das große Ziel. Wie stehen die Chancen für eine weitere Larcher-Oper? Die seien durchaus vorhanden, sagt der Komponist. Doch schwebe ihm fürs nächste Mal mehr eine Projektentwicklung mit Laborcharakter als eine weitere Auftragsarbeit mit Abgabetermin vor: “Für mich war die Arbeit am ‘ Jagdgewehr’ eine große körperliche und geistige und Anstrengung. Für ein weiteres Projekt würde ich mir in jedem Fall noch viel mehr Zeit und Raum wünschen.”

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