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Bregenzer Festspiele: "Da kann man nur noch gutes Wetter wünschen"

©VMH
Bregenz - Wenn zwei Kräne die goldenen Elefanten auf den Bodensee hieven und am Kornmarkt Opernraritäten feilgeboten werden, dann hat der Festspielsommer in Bregenz begonnen

Von 21. Juli bis zum 22. August profiliert sich die Stadt wieder als Kulturmagnet Richtung Westen – “weil dort etwas zu finden ist, was es im kulturellen Alltag nicht gibt”, warb Intendant David Pountney heute, Donnerstag, bei einer Pressekonferenz in Wien zur “Pilgerfahrt” ins ferne Bregenz. Neben dem Publikumshit “Aida” auf der Seebühne, der auch heuer wieder den hohen Eigendeckungsgrad von mehr als 75 Prozent sichern soll, widmen sich die Festspiele mit dem Komponisten Mieczyslaw Weinberg dem Vergessenen und der Kunst “In der Fremde”.

“Natürlich ist es ein Risiko, 20 Werke eines völlig Unbekannten Komponisten aufs Programm zu setzen”, so Pountney, der die szenische Uraufführung von Weinbergs Oper “Die Passagierin” über die Wiederbegegnung einer KZ-Aufseherin mit einer Lagergefangenen auf einem Schiff auch inszenieren wird. Manche Szenen des Libretto – nach dem Roman der Auschwitz-Überlebenden Zofia Posmysz – spielen im KZ selbst. “Das kann man eigentlich nicht auf die Bühne bringen.” Auch in der zweiten Weinberg-Oper der Festspiele, “Das Porträt”, hat sich der Komponist, selbst polnischer Jude, der nach der Flucht in Moskau lebte, mit einem brennenden Thema seiner Zeit und Biografie auseinandergesetzt: Wie viele Kompromisse kann ein Künstler für sein Überleben eingehen, ohne seine Kunst zu verlieren?

Neben einer eigens in Auftrag gegebenen Weinberg-Biografie, die im Juni erscheint, wird das Bregenzer Publikum den vergessenen Viel-Komponierer auch im Musikprogramm näher kennenlernen. Zwei seiner 27 Symphonien, sein Requiem, sowie mehrere kammermusikalische Werke kommen unter anderem in den Händen seines persönlichen Freundes zur Aufführung: Vladimir Fedoseyev wird die ihm selbst gewidmete 17. Symphonie, sowie die große sechste Symphonie und das Requiem dirigieren – unter anderem mit den Wiener Sängerknaben.

Nach den Gastspielen des Theaters in der Josefstadt findet sich im Schauspiel-Programm heuer Berlin in Bregenz ein: Das Deutsche Theater Berlin schließt sich dem Schwerpunkt “In der Fremde” mit Joseph Conrads “Herz der Finsternis” sowie der Österreichischen Erstaufführung von Lukas Bärfuss’ “Öl” mit Nina Hoss in der Hauptrolle an. In der Schiene “Kunst aus der Zeit” wird mit “Jacob’s Room” eine Oper des Elektronik-Pioniers Morton Subotnick uraufgeführt und Alain Platel ist nach den Wiener Festwochen auch am Bodensee mit “Out of Context” zu sehen.

Auf der Seebühne walten unterdessen die Kulissen-Giganten. “Sie spielen eigentlich die Hauptrolle”, klagte “Aida”-Darstellerin Karine Babajanyan scherzhaft. “Die eigene Ausstrahlung auf der Bühne muss hundertmal mehr sein als anderswo.” Für ihr Rollendebüt als Aida fühlt sich die armenische Sopranistin, die in Bregenz bereits als Tosca zu sehen war, “jetzt erst so richtig reif”.

Für die Festspiele ist die Seebühne, bei der “im Durchschnitt höhere Kartenpreise erzielt werden als in der Staatsoper”, wie Präsident Günter Rhomberg anmerkte, “auf der Einnahmenseite sehr wichtig”. Trotz allgemeiner Krisenstimmung sind die Buchungen mehr als stabil – und so sieht Rhomberg derzeit keine Gewitterwolken über dem Bodensee. Auch für Babajanyan bleibt eine einzige Sorge: “Da kann man nur noch gutes Wetter wünschen.”

S E R V I C E – http://www.bregenzerfestspiele.com

 

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