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Bolivien: Ex-Präsident Lozada vor Gericht

Der vor einem Jahr in einem blutigen Volksaufstand gestürzte bolivianische Ex-Präsident Gonzalo Sanchez de Lozada muss sich vor Gericht wegen Völkermordes, Menschenrechts- und Wirtschaftsverbrechen verantworten.

Das bolivianische Parlament stimmte am Donnerstag mit großer Mehrheit für ein Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof des Landes gegen den 74-jährigen Ex-Staatschef und 15 seiner ehemaligen Minister. Mit der Entscheidung machten sie den Weg für einen Prozess frei.

Bei der Abstimmung von Senat und Abgeordnetenhaus stimmten von 149 anwesenden Parlamentariern 126 für ein Verfahren gegen Sanchez de Lozada. In einer ersten Abstimmung war zuvor die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit nicht erreicht worden. Am Mittwoch war beim Parlament eine Petition mit 200.000 Unterschriften für einen Prozess gegen den Ex-Staatschef eingegangen. Die Petition geht auf die Initiative einer Menschenrechtsvereinigung und Angehöriger von Opfern des Volksaufstandes vom vergangenen Jahr zurück.

Sanchez de Lozada war am 17. Oktober vergangenen Jahres zurückgetreten und floh ins Exil in die Vereinigten Staaten. Die Proteste hatten sich an den Plänen des neoliberalen Ex-Staatschefs entzündet, Erdgas über Chile ins Ausland zu exportieren. Seine Gegner warfen ihm vor, er habe damit auf Kosten der armen Bevölkerung den Ausverkauf des wichtigsten bolivianischen Rohstoffs betreiben wollen. Bei den gewaltsamen Auseinandersetzungen kamen bis zu 80 Menschen ums Leben. Insbesondere die Gewerkschaften und die Opposition beschuldigen die damalige Regierung, die Proteste mit übermäßiger Gewalt niedergeschlagen zu haben.

Sanchez de Lozada wäre der zweite Ex-Staatschef Boliviens, der sich seit der Rückkehr zur Demokratie 1982 vor Gericht verantworten muss. Der frühere Diktator Luis Garcia Mesa war 1993 wegen Menschenrechtsverbrechen zu 30 Jahren Haft verurteilt worden.

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