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Bob Dylan "in Show und Concert"

Eine gut gefüllte, bestuhlte Wiener Stadthalle war am Dienstagabend Schauplatz für einen Auftritt, der in den späten Fünfzigern vermutlich eine Revolution ausgelöst hätte.

Bob Dylan “in Show und Concert” (wie auf dem Tourposter steht) spielte mit seiner Band ein in sich geschlossenes, sehr stimmiges Programm mit Roots-Sounds aus Swing, Rock ‘n’ Roll, Blues, (wenig) Country und (noch weniger) Folk. Das Fazit nach rund 100 Minuten: Altmodisch muss nicht langweilig sein.

Es ist natürlich ein Klischee, zu sagen, Dylan würde sich immer wieder neu erfinden. Aber es stimmt. Nach den vorangegangenen Gastspielen mit halb akustischen, halb elektrischen Darbietungen bzw. einer wunderbar verstörenden, beinahe aggressiven Interpretation seiner Songs im Jahr 2003 war diesmal jener Stil angesagt, der auch die aktuelle Platte mit dem irreführenden Titel “Modern Times” prägte. Klassiker wie “Tangled Up In Blue” klangen, als wären sie für das neue Album geschrieben worden. Oder auch: Als hätte sie vor 50 Jahren ein schwarzer Bluessänger komponiert.

Dunkel die Stimme des Künstlers, der auf der Bühne nicht mehr zur Gitarre greift, sondern hinter dem Tasteninstrument seinen Platz im Hintergrund gefunden hat, sich diesmal allerdings nicht versteckte, sondern fast schon entspannt wirkte. Ist Dylans Stimme gebrochen? Oder spielt er wieder nur eine Rolle? Egal, erhaben wirkt das düstere, heisere Organ, den Songs ihren Stempel aufdrückend, den Ton prägend. Wenn der 67-Jährige “Masters Of War” bellt oder mit Bariton “she knows there’s no success like failure and that failure’s no success at all” brummt, dann hat das die Qualität von Johnny Cashs Version von “Hurt”. Mindestens.

Dumm ist es zu behaupten, Dylan würde seine Songs verstümmeln. Die in Wien gehörten Versionen von “All Along The Watchtower” (letzte Zugabe), “Highway 69 Revisited” und “It’s Allright, Ma (I’m Only Bleeding)” überzeugten im spannenden Arrangement und strahlten vor Schönheit. So wie Material von “Mondern Times” – egal ob es getragen (“Workingman’s Blues”), entspannt (“Beyond The Horizon”) oder donnernd (“Thunder On The Mountain”) rüberkam. Die gesamte Setlist ergab ein logisches Ganzes, ein einheitliches, toll instrumentalisiertes (u.a. mit Steel-Guitar, Banjo, Fiedel, Contrabass) Klanggebilde ohne Schwachstellen. “Don’t You Dare Miss It” stand auch am Plakat…

Von Wolfgang Hauptmann

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