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BMI drängt zu "rechtzeitigem" Start der Sonderverordnung

Caritas-Präsident gegen nationalstaatliche Alleingänge
Caritas-Präsident gegen nationalstaatliche Alleingänge
Das Innenministerium drängt weiter auf ein "rechtzeitiges" In-Kraft-Treten der Asyl-Sonderverordnung, mittels derer Asylsuchenden die Einreise erschwert werden soll. Es müsse schon vor Erreichen der politisch vereinbarten 37.500 Asylverfahren möglich sein, Asylwerber an der Grenze zurückzuweisen, damit die Zahl erst gar nicht erreicht wird, sagte eine Innenressort-Sprecherin am Donnerstag zur APA.


Derzeit gibt es laut Auskunft aus dem Innenressort überhaupt keine Rückweisungen von Personen, die an der Grenze kundtun, Asyl beantragen zu wollen. Lediglich Reisende, die etwa keine gültigen Dokumente besitzen, gleichzeitig aber auch kein Asyl beantragen wollen, werden zur Zeit erst gar nicht nach Österreich gelassen. Sie werden in jenes Land rückgewiesen, aus dem sie einreisen wollen.

Sehr wohl gibt es Rückschiebungen nach dem Dublin-System (dabei geht es um jene Asyl-Suchenden, die bereits in einem anderen Schengen-Staat erstmals die EU betreten haben und für die daher der erste EU-Staat zuständig ist – sie werden im Fall des Falles nach einer Überprüfung zurückgeschoben).

Dass man sich im Innenressort einen Start der Sonderverordnung noch vor Erreichen der 37.500 Asylverfahren im heurigen Jahr wünscht, begründete die Sprecherin von Minister Wolfgang Sobotka (ÖVP) damit, dass man nur so verhindern könne, dass diese Zahl überhaupt erreicht wird. Denn damit würden die Betroffenen gar nicht österreichischen Boden betreten und blieben in der Zuständigkeit des Landes, aus dem sie kommen. Sie betonte auch, dass etwa der ungarische Botschafter erst am Montag erklärt hatte, dass Ungarn die Sonderverordnung akzeptieren werde (Zitat: “Wir wären nicht glücklich, aber wir werden es akzeptieren.”).

Mit dem frühzeitigem Beginn von Rückweisungen direkt an der Grenze könne man auch verhindern, dass jene Flüchtlinge, die das Land über die “grüne Grenze” betreten und innerhalb Österreichs aufgegriffen werden, von einem eventuellen Überschreiten der “Obergrenze” betroffen wären. Sollte nämlich die Zahl von 37.500 Asylverfahren überschritten werden, dann würden deren Anträge bis 1. Jänner 2017 gar nicht behandelt. Die Betroffenen würden dann in Registrierzentren gebracht und müssten die Zeit abwarten, hieß es aus dem Innenressort. Es stünde ihnen aber selbstverständlich frei, das Land wieder zu verlassen, hieß es.

Wie man konkret mit der Problematik umgehen wird, werde derzeit noch in Arbeitsgruppen erörtert. Im Innenressort geht man derzeit aber ohnehin nicht davon aus, dass die Obergrenze erreicht wird – sofern die Sonderverordnung rechtzeitig in Kraft tritt, die Problematik werde sich also nicht stellen.

Sobotkas Sprecherin zeigte sich optimistisch, dass bei Einsetzung der Sonderverordnung – die keinesfalls “Notverordnung” genannt werden dürfe – der Großteil der Flüchtlinge an den Grenzen aufgehalten werden kann. Man werde gemeinsam mit dem Bundesheer die Grenzen schützen, hieß es. Sorgen, dass zurückgewiesene Flüchtlinge im “Niemandsland” zwischen den Grenzen stranden könnten, wies man im Innenressort zurück: Ein solches existiere nicht, hieß es.

Die Caritas sieht in der Notverordnung der Regierung unterdessen weiterhin keine Lösung zur Bewältigung der Flüchtlingskrise. Es brauche jetzt keine nationalstaatlichen Alleingänge, sagte Präsident Michael Landau am Donnerstag. An die Bundesregierung appellierte er zudem, sich in der Begutachtungsphase Zeit zu nehmen und die Maßnahme genau zu überdenken.

“Abschottung ist keine Lösung, hier wird es einen europäischen Weg brauchen”, betonte Landau abermals. Der Caritas-Präsident sieht weiterhin keine Flüchtlings-, sondern eine Solidaritätskrise in der Union. Für “problematisch” hält es Landau, nun eine Notlage “herbeizureden” oder sogar “herbeizuadministrieren”. Sein Rat an die Regierung lautet, die gleiche Energie in die Ursachenbekämpfung der Flüchtlingsbewegung wie in die Notverordnung zu investieren.

Sollte es zu keiner gemeinsamen europäischen Lösung kommen, hat Landau laut eigener Aussage Verständnis dafür, wenn sich kleinere Staaten zusammentun, um ein gemeinsames Vorgehen zu überlegen. Allerdings müsse auch hier die Menschenwürde im Mittelpunkt stehen. “Ich glaube, die Österreicher wollen keine Elendszonen an den Grenzen”, sagte Landau.

Auch die Grünen üben Kritik an der Notverordnung der Regierung zur Flüchtlingspolitik. “Im Wesentlichen bringt die Verordnung zum Ausdruck: Wir wollen nicht – und daher können wir nicht”, so die Parteichefin. Dadurch würden “Notsituationen konstruiert, wo sie nicht da sind.”

Als Beispiel nannte Glawischnig die Situation an den Schulen: Die Verordnung argumentiere mit einer Gefährdung der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und zieht dafür auch die starke Zunahme von Flüchtlingskinder an den Schulen heran. Das entspreche aber nicht der Realität: Viele Kinder seien nach einem Jahr keine außerordentlichen Schüler mehr. “Man kann definitiv von keinem Notstand an den Schulen sprechen. Hier einen solchen zu argumentieren, ist wirklich jenseitig.”

Die Umsetzung der Verordnung werde jedenfalls problematisch werden, erwartet die Grünen-Chefin. Sie vermisse auch gemeinsame Anstrengungen auf europäischer Ebene. “Die Menschen lösen sich an der Grenze ja nicht in Luft auf, wenn man ihnen sagt: ‘Du kannst keinen Asylantrag stellen.'” Das schaffe Konflikte zwischen den betroffenen Staaten.

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